
Zivilcourage soll nicht nur ein Wort sein, sondern ein Appell an alle Bürger: Im Zweifel lieber etwas genauer hinschauen und eingreifen, wenn Menschen Hilfe brauchen. Natürlich, ohne sich dabei selbst in Gefahr zu bringen.
Wer das tut, kann Vorbild für andere sein. Das weiß auch der Präventionsverein „Sicheres Pforzheim – Sicherer Enzkreis“, der deshalb einen Zivilcourage-Preis ausgelobt hat, der am Dienstagabend im Polizeipräsidium in Pforzheim verliehen wurde.
Ohne Menschen, die Zivilcourage zeigen und hinschauen, haben wir schlechte Karten in unserer Gesellschaft.Sandra Zarges
Polizeivizepräsidentin
Für sie sei es eine besondere Freude, „gemeinsam mit Ihnen all diejenigen zu würdigen und in den Mittelpunkt zu stellen, die in herausfordernden Situationen, in brenzligen Situationen, spontan und beherzt gehandelt haben, um anderen zu helfen in deren Notsituationen“, sagte Polizeivizepräsidentin Sandra Zarges bei der Preisverleihung.
„Ohne Menschen, die Zivilcourage zeigen und hinschauen, wo andere vielleicht eher wegschauen, haben wir schlechte Karten in unserer Gesellschaft.“
Alltagsheldinnen und -helden halfen auf verschiedene Weise
Natürlich gebe es Feuerwehr, Rettungsdienste und auch die Polizei, die an sieben Tagen in der Woche 24 Stunden verfügbar sind, so Zarges. „Aber wir brauchen auch Menschen wie Sie, die in brenzligen und heiklen Situationen wach und aufmerksam sind“, sagte die Polizeivizepräsidentin in Richtung der acht Geehrten.
„Was würden wir tun, wenn ein Passant nicht eingreifen würde, wenn eine andere Person belästigt wird, oder wenn jemand nicht mutig Hilfe leisten würde, wenn ein Mitmensch schwer verletzt am Boden liegt.“
Das hat beispielsweise Rudolf Király am 29. November 2022 getan. Er war abends in Vaihingen spazieren, wo er zwei Menschen mit Behinderung betreut. Dabei sah er, wie zwei Männer auf eine Frau losgingen, wobei einer handgreiflich wurde. „Ich habe den Mann angeschrien, dass er die Frau loslassen soll. Das hat er nicht getan und ich musste eingreifen“, schilderte Király.
„Sie haben da wirklich Schlimmeres verhindert“, verwies Zarges auf die „massive körperliche Auseinandersetzung“, die auch für ihn „nicht ganz glimpflich“ ausgegangen sei.
Laura-Louise Poff wiederum war am 17. Dezember 2022 in einer S-Bahn bei Pforzheim unterwegs, als sie Opfer im Zusammenhang mit einer sexuellen Belästigung wurde. „Sie konnten sich selbst aus der Situation befreien und haben mitbekommen, wie der Tatverdächtige zu einem anderen Mädchen gegangen ist.“
Geistesgegenwärtig habe die 16-Jährige so getan, als wären sie befreundet, „und haben das Mädchen aus der Gefahrenzone gebracht“, so Zarges. Zudem fotografierte Poff den Tatverdächtigen und half damit bei der Identifikation.
Echte Weihnachtsengel waren Sonja und Thomas Murschel, die am 23. Dezember 2022 auf einer viel befahrenen Kreuzung bei strömendem Regen drei verunsicherte Kinder entdeckt hatten, die zu Verwandten wollten.
„Sie haben sehr beherzt und richtig reagiert“, lobte Zarges. Die beiden hatten das Auto abgestellt und sind eineinhalb Stunden mit den Kindern gelaufen, bis sie diese zu Hause in die Obhut der Mutter übergeben konnten.
Ali Hoti rettete ein Kind aus der Enz in Pforzheim
Ein dreijähriges Kind wiederum verdankt Ali Hoti sein Leben. Es war am 14. April 2023 in Pforzheim in die Enz gefallen. Hoti hatte sofort reagiert. „Ohne Sie wäre dieser Unglücksfall sicher nicht so gut ausgegangen“, sagte Zarges. „Sie haben ein Leben gerettet.“
Das gelingt nicht immer. Willi Miller, Fjodor Miller und Benjamin Hoock mussten diese Erfahrung machen, als sie erst jüngst, am 10. September 2023, Zeugen eines Verkehrsunfalls in Straubenhardt geworden sind. „Sie haben den Fahrzeugführer sofort aus dem Fahrzeug geholt und mit der Reanimation begonnen“, sagte Zarges.
Eine Viertelstunde lang hätten sie um das Leben des Mannes gekämpft, parallel dazu die Rettungskräfte verständigt. Auch wenn der Fahrer in diesem Fall gestorben ist, hätten sie sich dennoch vorbildlich verhalten, „denn Erste Hilfe und Reanimation sind in solchen Momenten ganz entscheidend“, betonte die Polizeivizepräsidentin.
Insofern sei die Auszeichnung mit dem Zivilcourage-Preis an die acht Mitbürger nicht nur eine Anerkennung für deren ganz persönlichen und individuellen Einsatz, „sondern auch ein Appell für uns andere, unsere Werte wie Hilfsbereitschaft und Solidarität ganz konkret einzusetzen“, sagte Zarges.
Service
Bereits jetzt können unter info@zivilcouragepreis.de Menschen für die Preisverleihung 2024 vorgeschlagen werden, die zu Helden des Alltags geworden sind, indem sie anderen in kritischen Situationen geholfen haben, beispielsweise bei Einbruch, Hass und Hetze, Gewalt, Diebstahl oder Erster Hilfe. Einzige Bedingung: die Helfer müssen ihren Wohnsitz im Enzkreis oder in Pforzheim haben. Mehr dazu gibt es unter http://www.praeventionsverein-pf.de/.