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Krieg in der Ukraine

Alpaka-Therapie: Ukrainische Flüchtlingskinder lassen in Pforzheim die Seele baumeln

Kinder aus Kriegsgebieten haben viel zu verarbeiten. Eine Pforzheimerin bietet deshalb mit der Hilfsinitiative Golden Hearts und dem Hofgut Buckenberg einen Spaziergang mit Alpakas an, der einen besonderen Effekt hat.

Mit den Alpakas auf die Strecke: Ukrainische Kinder konnten am Montag ein paar unbeschwerte Momente mit den Tieren vom Hofgut Buckenberg erleben. Organisiert wurde die Aktion von Carmen Reister und Frauke Janßen (rechts).
Auf zwei und vier Beinen: Zusammen mit den Alpakas und ihren Eltern gehen die ukrainischen Flüchtlingskinder auf Tour. Organisiert wurde die Aktion von den Pforzheimerinnen Frauke Janßen und Carmen Reisert (von rechts). Foto: Stefan Friedrich

Entspannt und mit strahlenden Augen kommen ukrainische Kinder mit ihren Müttern und Großmüttern am Montagvormittag die Straße zum Hofgut Buckenberg herunter. Schon von weitem sehen sie die Alpakas, die hier auf der Weide stehen, und ihre Augen beginnen sofort zu strahlen.

Es sind Momente der Unbeschwertheit, in denen sie ihre Seele baumeln lassen können, natürlich nicht nur vor der Weide und durch Zäune von den Tieren getrennt. Eine gute Stunde werden sie gleich mit den Alpakas unterwegs sein und zumindest für einen Moment das Kriegsgeschehen in ihrer Heimat vergessen dürfen.

Die Idee, die jungen Ukrainer mit ihren Müttern zu dem Alpaka-Spaziergang einzuladen, hatte Carmen Reisert. Sie wohnt nicht weit vom Hofgut Buckenberg entfernt. „Ich hatte mir überlegt, dass Kleiderspenden und Wohnraum schon viel angeboten worden sind“, erzählt sie im Gespräch mit unserer Redaktion. Als sie dann in der Umgebung des Hofguts spazieren ging, habe sie einmal mehr diese besondere Ruhe an diesem Ort gespürt, dass man die Seele baumeln lassen kann. „Das wünschte ich mir auch für die Kinder“, sagt sie.

Den letzten Impuls, etwas zu tun, habe noch am selben Nachmittag ein Bericht über eine Psychologin gegeben. „Sie hat gesagt, dass das genauso wichtig ist, wie warme Kleidung und ein Bett.“ Dass sie einen Ausflug mit den Alpakas organisieren und auch finanzieren wolle, das sei ihr dann schnell klar gewesen, so Reisert. Im Raum stand nur noch die Frage, wer sie dabei unterstützen könnte und wer den Kontakt zu den ukrainischen Menschen herstellt, den sie selbst nicht hatte.

Viele machen das zu therapeutischen Zwecken
Carmen Reisert, Initiatorin des Pforzheimer Alpaka-Spaziergangs

An diesem Punkt kamen dann die Pforzheimer Hilfsinitiative Golden Hearts ins Spiel. Sie hat bei Frauke Janßen angerufen, die für die Menschen aus der Ukraine das „Peace Café“ anbietet, um den Geflüchteten einen Raum zu geben, in dem sie sich austauschen und zur Ruhe kommen können. „Ich habe ihr gesagt, was ich vorhabe“, erzählt Carmen Reisert. Zwei Wochen ist das etwa her. Janßen war sofort dabei. „Für ihr Alter haben die Kinder schon viel zu viel erlebt“, erklärt Janßen, warum sie eine solche Aktion für sinnvoll hält und gerne unterstützt hat. Sie weiß: Viele von denen, die in Pforzheim sind, halten Kontakt zu ihren Freunden zu Hause und bekommen weiter mit, wie schlimm die Zustände sind. „Das tut ihnen auch nicht immer gut“, räumt Janßen ein.

Die Alpakas des Pforzheimer Hofguts Buckenberg stehen sofort bereit

Zumindest ein bisschen von der so wichtigen kindlichen Unbeschwertheit, die sie in diesem Alter eigentlich haben sollten, wollte man den Kinder deshalb in Form der Begegnung mit den Alpakas zurückgeben. „Dann haben wir das hier auf die Beine gestellt“, bemerkt Carmen Reisert. Unterstützung haben sie bei Familie Baral vom Hofgut Buckenberg bekommen. „Sie haben spontan zugesagt, als wir sie gefragt haben“, ist Reisert dafür dankbar. „Es war alles sehr unkompliziert und ging dann Hand in Hand.“

Eine Dolmetscherin übersetzt die Alpaka-Anleitung auf Ukrainisch

Eine Stunde ist für den Rundgang an diesem Vormittag vorgesehen. Sandra Baral nimmt sich Zeit und erklärt den Kindern erst einmal, wie sich Alpakas verhalten; dass sie beispielsweise von Natur aus eher zurückhaltend sind, was den Körperkontakt betrifft, sich aber trotzdem streicheln lassen – nur nicht hinten. „Vorne ist es kein Problem“, versichert Baral. Sie spricht Englisch, während eine Dolmetscherin alles für die Geflüchteten auf Ukrainisch übersetzt. Dann werden die Tiere verteilt. Acht Alpakas sind es, die an diesem Morgen mit auf den Rundgang gehen. Jedes Kind, das mochte, darf eines von ihnen führen. Wie es geht und wie sie sich verhalten sollen, wenn das Tier lieber grasen als laufen will, auch das erklärt Baral, ehe es auf die Runde geht.

Für ihr Alter haben die Kinder schon viel zu viel erlebt
Frauke Janßen, Pforzheimer Hilfsinitiative Golden Hearts

„Viele machen das zu therapeutischen Zwecken“, weiß Reisert um die Bedeutung einer solchen Begegnung zwischen Alpaka und Mensch. In diesem Fall ist sie auf etwa eine Stunde begrenzt, danach treffen sich alle noch zum gemütlichen Beisammensein. „Wenn man jemandem Zeit schenkt, dann ist das so viel wert“, betont Reisert in dem Kontext und zeigt sich überzeugt: „Ich denke, das tut gerade den Kindern einfach gut.“

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