Durchwachsen wie sich der Himmel zeigt, läuft auch der Wahlkampf an diesem Samstag auf dem Pforzheimer Turnplatz. Drei Parteien werben bei Besucherinnen und Besuchern des Wochenmarkts um Aufmerksamkeit.
Das läuft immer wieder gut, lässt aber auch viel Zeit zum Gespräch mit den eigenen Leuten. Ein tendenziell verregneter und selten sonniger Sommertag mitten in den Ferien ist auch für die Marktbeschicker nicht gerade ein großer Umsatzbringer.
Engagement ist also gefragt und deutlich spürbar. Gunther Krichbaum, seit 20 Jahren Erststimmenkönig in Pforzheim und Enzkreis, überlässt nichts dem Zufall. Der CDU-Mann ist früh eingestiegen in die Verteidigung des Direktmandats für sein sechstes Mandat.
Auch an diesem Samstagmorgen hat er klar im Blick, wen es zu überzeugen gilt. „Es wird knapp, auch bei den Erststimmen kann man sich nur bedingt abkoppeln“, sagt der 57-Jährige in einer kurzen Pause. Er meint die Umfragen, in denen die SPD immer mehr Boden gut macht und auch die Grünen wieder anziehen.
Die zwei gepflegten älteren Frauen, die Krichbaum in ein Gespräch verwickeln, haben anderes im Sinn. „An der Enz verschwinden die Sitzbänke im ungemähten, hohen Gras“, beklagen sie. Mit Bundespolitik hat das so wenig zu tun, wie der Kampf ums Gewerbegebiet Reisersweg in Niefern und das Pforzheimer Trinkwasser. Mit Krichbaum schon.
Die Leute erwarten Antworten auf allen Ebenen von dem Juristen. Martin Mäschle will wenigstens „eine persönliche Meinung“ zur Zukunft der Pforzheimer Brunnen. Krichbaum lässt sich „nicht vor den Karren spannen“. Der Respekt vor den kommunal Verantwortlichen gebiete, dass er als Bundestagsabgeordnete nicht als der große Zampano auftrete.
Kanzlerkandidat Armin Laschet ist am CDU-Stand zentrales Thema
Zentrales Thema am Stand der CDU ist natürlich Kanzlerkandidat Armin Laschet und der Machterhalt. „Im Galopp wechselt man nicht die Pferde“, macht Krichbaum deutlich, was er von Austauschen hält. Laschet führe „erfolgreich und geräuschlos“ ein Bundesland. Was er geleistet habe, müsse den Bürgern im Südwesten erst noch vermittelt werden.
Die Programmflyer gehen gut weg an den drei Parteiständen, während die Kandidaten den Kontakt zum Bürger pflegen. „Viele sind unzufrieden mit der Politik und informieren sich über Alternativen“, glaubt Sabine Zeitler, die sich Chancen ausrechnet, für die Freien Wähler in den Bundestag einzuziehen. Das dominante Thema an diesem Samstag sei Afghanistan.
Die Leute seien „entsetzt über das Versagen der Regierung“. Auch ansonsten werde eher über Bundes- als Kommunalpolitik gesprochen, sagt die 60-Jährige, die beruflich auf interkulturelle Kommunikation spezialisiert ist.
„Ich werde das jetzt nochmal studieren“, sagt wenige Meter weiter Margret Fehling und ihr Mann bedankt sich „für das sehr interessante Gespräch“, das dann noch eine ganze Weile dauert.
Menschen sind entsetzt über das Versagen der Regierung.Sabine Zeitler, Kandidatin der Freien Wähler
Die 82-jährige informiert sich eingehend, will beispielsweise wissen, was FDP-Mann Malte Wessels von einer Ampelkoalition mit SPD und Grünen hält: „Wegen der geringen Schnittmengen extrem unwahrscheinlich.“ Die Mutter von sieben Kindern und „eigentlich CDU-Wählerin“ hat die „Zukunft ihrer Nachkommen“ im Blick. „Da ist das Klima wichtig, aber auch eine vernünftige Finanzpolitik – das bleibt ja schließlich auch an denen hängen.“
Bei der FDP sind die Themen Klima, Autowandel und Wohnraum gefragt
Für Rainer Semet, Spitzenkandidat der hiesigen Liberalen, liegt das Anliegen auf der Ebene dessen, was er an diesem Samstag auch sonst gefragt wird. „Klimaprobleme, Autowandel, zu wenig Wohnungen, steigende Mieten, Immobilienpreise und überhaupt, wie es weitergeht“, zählt 64-jährige Berufsschullehrer auf.
Der Ärger darüber, dass die FDP nach der letzten Wahl die Koalitionsverhandlungen mit CDU und Grünen platzen ließ, sei jedenfalls weg. Dass sich das in jüngsten Umfragen abzeichnende Kopf- an Kopf-Rennen von Armin Laschet, SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz und deren Grünen-Konkurrentin Annalena Baerbock negativ auf das Wahlergebnis seiner Partei auswirken könnte, glaube er nicht.
Für Semet persönlich könnte das sehr entscheidend sein. Er sieht für sich „eine reelle Chance, dass es mit zwischen elf und 13 Prozent“ für seine Partei klappen könnte mit einem Sitz im nächsten Bundestag.