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Entwicklung der Pandemie

Rekord im Land: Jeder Achte in Pforzheim war schon mit Corona infiziert – woran liegt das?

Nirgends im Land waren schon so viele Menschen mit dem Coronavirus infiziert wie in Pforzheim. Woran das liegt – und warum auch die fünfte Welle in Pforzheim wieder besonders hoch werden dürfte.

Eine Statue mit Mundschutz steht in der Fußgängerzone
Pforzheimer Symbol: Der Dicke am Eingang zur Fußgängerzone trägt Maske. Foto: Sebastian Kapp

Fast 13 Prozent der Menschen in Pforzheim waren bereits mit dem Coronavirus infiziert. Das ist der höchste Wert in ganz Baden-Württemberg. Gleichzeitig verzeichnet Pforzheim auch einen niedrigsten Wert in Baden-Württemberg – den der voll immunisierten Menschen, also die Impfquote.

Warum hat Pforzheim immer so hohe Inzidenzen, also vergleichsweise viele Infizierte? Und was bedeutet Omikron für die Goldstadt? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie steht Pforzheim im landesweiten Vergleich der Corona-Infektionen da?

Schlecht. Fast 13 Prozent der Menschen in Pforzheim waren bereits mit dem Virus infiziert. Das geht aus Zahlen des Landesgesundheitsamts hervor. Es ist der höchste Wert in ganz Baden-Württemberg. Zum Vergleich: Im Enzkreis waren bislang 9,9 Prozent infiziert, im Kreis Calw 10,2 Prozent. Niedriger sind die Werte beispielsweise im Landkreis Karlsruhe, dort waren 8,3 Prozent der Menschen infiziert, weniger als im Landesdurchschnitt (8,9). Deutlich unter dem Schnitt liegt der Stadtkreis Karlsruhe mit 6,9 Prozent.

Ganz korrekt sind die 13 Prozent Infizierten in Pforzheim übrigens nicht. Die Statistik unterscheidet nicht zwischen Einfach- und Mehrfach-Infizierten. Wer sich also zweimal ansteckt, landet auch zweimal in der Statistik. Demnach wäre die Zahl zu hoch angesetzt. Umgekehrt gibt es allerdings auch unerkannte Fälle, zum Beispiel bei einem asymptomatischen Verlauf.

Warum hat Pforzheim immer so hohe Inzidenzen, also vergleichsweise viele Infizierte?

Darüber wurde immer wieder spekuliert. Zuletzt nannte das Gesundheitsamt „strukturelle Probleme“ als mögliche Ursache, warum ein Infizierter mehr Menschen ansteckt. Die Stadt hat viele große Familien mit zahlreichen Kindern, für etliche ist der Wohnraum beengt, außerdem dürfte der junge Bevölkerungsschnitt eine Rolle spielen. Denn junge Menschen sind mobiler, ein Infizierter kann das Virus also weiter verbreiten. Das Gesundheitsamt beobachtete aber auch, dass die Jüngeren tendenziell weniger gut geimpft sind, die Erkrankung nicht so ernst nehmen und sich häufig treffen. Unter Schülern waren die Inzidenzwerte zuletzt besonders hoch.

Welche Rolle spielt die Impfquote?

Sie kommt im Verlauf dieses Jahres als neuer Faktor erschwerend hinzu. Voll immunisiert sind nach den aktuellen Zahlen des Landesgesundheitsministeriums 59,7 Prozent der Menschen in Pforzheim. Das ist der niedrigste Wert in ganz Baden-Württemberg. Zum Landesschnitt (65,9) und erst recht zur Stadt Karlsruhe (66,2) und zum Landkreis Karlsruhe (68,4) bedeutet das ein krasses Missverhältnis – und deutlich günstigere Voraussetzungen für das Virus, um sich auszubreiten.

Welche Möglichkeiten gibt es, die Quote zu steigern?

Die Bemühungen reichen von der früh eingerichteten Impfambulanz in der Bahnhofstraße über den großen Impfmarathon im Kongresszentrum mit 6.000 Terminen bis zum steten Angebot der niedergelassenen Ärzte. Doch es sind Grenzen gesetzt, die nicht auf den ersten Blick zu sehen sind. Da ist zum einen die junge Bevölkerung. Für Kinder bis fünf Jahre gibt es keine Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission, für Kinder bis zwölf nur eine zurückhaltende für Kinder mit Vorerkrankungen, für Jugendliche bis 18 hatte die Empfehlung lange auf sich warten lassen. Wo besonders viele Junge leben, klafft also eine größere Lücke zur 100-Prozent-Marke.

Aber auch die hohe Zahl der Infizierten macht Pforzheim einen Strich durch die Rechnung. Sechs Monate nach einer überstandenen Infektion gelten Menschen als genesen. Eine Impfung wird erst jüngst bereits drei Monate nach der Genesung empfohlen. Selbst Impfwillige müssen sich in dem Fall also gedulden. Innerhalb der vergangenen drei Monate hat sich die Zahl der Infizierten in Pforzheim auf mehr als 16.000 fast verdoppelt. Heißt umgerechnet: Knapp sechs Prozent der Pforzheim können im Moment nicht geimpft werden, weil sie frisch genesen sind.

Wie ist die Corona-Lage in Pforzheim aktuell?

Zuletzt sank die Sieben-Tage-Inzidenz wie überall auch in Pforzheim nach und nach, am Mittwoch betrug der Wert 505,5. Das ist allerdings der höchste Wert im Land. Aus dem Gesundheitsamt heißt es: „Immerhin scheint der stetige Anstieg an Covid-19-Patienten in den Krankenhäusern der Region aktuell ebenfalls zum Stillstand gekommen zu sein. Das wäre ganz sicher eine gute Nachricht, vor allem für die Menschen, die dort auch über die Feiertage arbeiten.“ Wenn nur Omikron nicht wäre...

Ist Omikron schon angekommen?

„Ohne die neue Omikron-Variante könnte es tatsächlich Zeit für ein wenig vorsichtigen Optimismus sein“, heißt es auf Anfrage aus dem Gesundheitsamt. Doch die Variante ist auch hier schon angekommen. Im Gesundheitsamtsbezirk Pforzheim/Enzkreis gibt es derzeit zwei bestätigte Fälle, wie Landratsamtssprecherin Sabine Burkard sagt. Außerdem gebe es einige Verdachtsfälle. In allen Fällen habe das Gesundheitsamt ein strenges Kontaktpersonen-Management durchgeführt – ohne Möglichkeit der Freitestung. Bei der Delta-Variante war die Nachverfolgung der Kontakte ausgesetzt.

Was bedeutet Omikron für Pforzheim?

Anlass zur Sorge. Die neue, hochansteckende Virusvariante dürfte nach Einschätzung von Experten auch hier bald dominant sein. Es wird befürchtet, dass Omikron die Infektionszahlen deutlich nach oben treiben wird. Für Pforzheim erschwerend kommt hinzu, dass die Gefahr einer Ansteckung nun auch für zweifach Geimpfte und Genesene als hoch angesehen wird, wie das Robert-Koch-Institut diese Woche mitteilte. Für Ungeimpfte, von denen es in Pforzheim besonders viele gibt, bleibt das Risiko demnach sehr hoch. Für Geimpfte mit Auffrischimpfung (Booster) schätzt das Institut die Gefährdung hingegen als moderat ein. Und wenigstens hier sieht es in Pforzheim nicht ganz so düster aus, auch wenn viel zu tun bleibt. Geboostert sind bereits 26,7 Prozent der Menschen in der Stadt. Hier lässt Pforzheim 14 andere Kreise – unter anderem den Enzkreis mit 24,1 Prozent – hinter sich und ist mal nicht Schlusslicht.

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