Hohe Inzidenz, aber mit 56 Prozent die niedrigste Impfquote im Land (Schnitt: 62,3). Dennoch will die Stadt Pforzheim ihren Weihnachtsmarkt wie geplant am Montag eröffnen. Dafür ernten die Verantwortlichen nicht nur Lob und Dank, sondern auch Kritik.
Ein von der Verwaltung vorgelegtes Sicherheitskonzept habe im Gemeinderat „eine sehr breite Zustimmung“ erhalten, hieß es.
Wie das Konzept mit „erhöhten Auflagen“ konkret aussieht und wie groß die Zustimmung wirklich war, lässt sich nicht genau nachvollziehen. Denn das Thema wurde hinter verschlossenen Türen besprochen.
Oberbürgermeister Peter Boch (CDU) sprach nach der Sitzung von einem „sehr klaren Meinungsbild“. Eine förmliche Abstimmung über den Weihnachtsmarkt fand nicht statt. Teilnehmer berichten, man habe „differenziert“ und auch „emotional“ diskutiert. Mehrfach sei der Satz gefallen: „Wie man es macht, macht man es falsch.“
Damit spielen die Ratsmitglieder darauf an, dass es im zweiten Corona-Winter für einige Schaustellerbetriebe um die Existenz geht. Buchstäblich gilt das allerdings auch für immer mehr Intensiv-Patienten in den Pforzheimer Kliniken.
Pforzheimer Chefarzt: Situation sehr belastend
„Die aktuell angespannte Situation ist sehr belastend für die Kolleginnen und Kollegen der Covid-Stationen,“ teilte Siloah-Chefarzt Thushira Weerawarna dazu auf Anfrage mit.
Der Corona-Spezialist gibt zu Bedenken: „Nicht wissend, wann wir den Höhepunkt der vierten Welle erreichen werden, arbeiten wir alle an der Belastungsgrenze.“ Jeder weitere Patient sei eine Herausforderung.
Die Entscheidung der Stadt kritisiert der Chefarzt allenfalls indirekt. Der Weihnachtsmarkt bringe den Menschen ein Stück Normalität zurück, nach der sich alle sehnten. „Für unseren Arbeitsalltag im Klinikum würden wir Klinikumsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter uns auch wieder ein Stück Normalität wünschen“, so Weerawarna.
Wir müssen die Sicherheitsregeln äußerst penibel überwachen.Marianne Engeser, CDU-Fraktionsvorsitzende
Ansteckungen verhindern soll ein Sicherheitskonzept. Alkohol gebe es nur in abgesperrten Bereichen. „Wir müssen die Einhaltung der Sicherheitsregeln äußerst penibel überwachen“, sagt Marianne Engeser, Vorsitzende der größten Ratsfraktion.
Wie das Konzept umgesetzt werden soll, blieb am Mittwoch unklar. Zweifel an einer lückenlosen Überwachung der in der Corona-Alarmstufe geltenden 2G-Regeln äußerten einige Nutzer von Social-Media-Kanälen. Schausteller und Sponsoren reagierten indes erleichtert.
Mit Frequenzbringer auf dünnem Eis
Stadtmarketing-Direktor Oliver Reitz lobte namentlich die Eislauf-Attraktion „City on Ice“ vor dem Rathaus, die bereits an diesem Donnerstag für Frequenz in der Innenstadt sorgen soll, und auf deren Eisfläche keine Maskenpflicht vorgesehen ist, weil es sich rechtlich um eine „Sportstätte“ handle.
Dass sich die Verantwortlichen auf dünnem Eis bewegen, räumt Felix Herkens ein. „Ich habe großes Verständnis für die Schausteller, aber der Gesundheitsschutz ist letztlich wichtiger als Geld“, so der Grünen-Stadtrat und Landtagsabgeordnete. Die weitere Entwicklung müsse genau beobachtet und Entscheidungen im Zweifel angepasst werden, erklärte Herkens.
Im Enzkreis waren die Weihnachtsmärkte vergangene Woche abgesagt worden. Zum Vorgehen in der großen Nachbarstadt wollte man sich beim Landratsamt nicht äußern. „Wir bitten um Verständnis, dass wir die Entscheidung der Stadt Pforzheim weder kommentieren noch bewerten“, teilte eine Sprecherin mit.