Knapp drei Meter hoch steht es da, bunt bemalt mit Zeitzeugnissen, in einem Hof in der Hagenschießstraße – ein originales Stück der Berliner Mauer.
Was heute, 30 Jahre nachdem SED-Politiker Günter Schabowski die Gewährung der Reisefreiheit bekanntgab, wie ein Relikt aus einer anderen Zeit anmutet, hat einen wichtigen Sinn: Es ist quasi das Eingangstor zum einzigen DDR-Museum in Westdeutschland.
Was 1998 als Sammelsurium von Zeitzeugnissen, die Museumsgründer Klaus Knabe gesammelt hatte, begann, hat mittlerweile einen großen Wandel erlebt. 2012, kurz vor dem Tod Knabes, wurde die Stiftung „Lernort Demokratie – das DDR-Museum Pforzheim“ gegründet, die gemeinsam mit dem Verein „Gegen das Vergessen“ für den Erhalt des Museums zuständig ist.
Wir haben hier ein Museum, das Geschichte lebendig macht.Birgit Kipfer, Vorsitzende der Stiftung „Lernort Demokratie – das DDR-Museum Pforzheim“
Seitdem ist auch im Inneren des Museums viel passiert. Der „Lernort Demokratie“ ist moderner geworden, befasst sich inhaltlich mit dem Unrechtssystem der ehemaligen DDR. Gezeigt wird weniger die Geschichte, als viel mehr die Auswirkungen eines Unrechtsstaates, gepaart mit Zeitzeugen-Geschichten.
„Wir haben hier ein Museum, das Geschichte lebendig macht, auch mit regionalen Bezügen“, sagt Birgit Kipfer. Die ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete ist Vorsitzende der Stiftung.
Knapp 3 500 Besucher kommen pro Jahr in das Museum, das ausschließlich sonntags geöffnet hat. Schulklassen und andere Gruppen können auch unter der Woche durch die insgesamt drei Stockwerke geführt werden. Und die haben allerhand zu bieten.
„Wir sind ein Volk“ am Eingang
Direkt am Eingang erwartet die Besucher ein großes Bild der Friedlichen Revolution mit der Aufschrift „Wir sind das Volk“. Daneben gibt es einen Überblick über die Demokratie. „Es sind 30 Jahre ins Land gegangen, auch unsere Besucher haben sich verändert. Daher dieser Überblick“, sagt Volker Römer, Vorsitzender des Vereins.
Allein der Name „Lernort Demokratie“ verlange schon eine andere Präsentation als früher. Das ist auch deutlich sichtbar. So weisen heute etwa kleine Sprechblasen bei verschiedenen Ausstellungsstücken auf Menschenrechte hin und sollen zum Nachdenken anregen.
Auch technisch hat das Museum aufgerüstet. Rote Punkte symbolisieren einen Mehrwert, der über bereitgestellte Tablets abgerufen werden kann. Da kann man etwa zu einem Stein der Versöhnungskirche Dresden Bilder aus der Zeit sehen. Der Vorteil: „Das ist immer erweiterbar, ohne dass man das Museum verändern muss“, so Römer.
Themenräume im Obergeschoss
Im Obergeschoss des Gebäudes, das früher ein Kindergarten der französischen Garnison war, finden sich Themenräume. Jugend in der DDR, Grenze, Zeitzeugen-Berichte bis hin zur Wiedervereinigung. Neben vielen bekannten Utensilien der DDR findet sich auch hier Ungewöhnliches.
Etwa ein noch original verpacktes Päckchen, adressiert von Ost nach West, mit einem Dresdner-Stollen darin. Im Bereich der Wiedervereinigung findet man, quasi als roter Faden zum Bild im Eingangsbereich, ein großes Porträt der friedlichen Revolution mit der Aufschrift „Wir sind EIN Volk“.
Ebenfalls zum Nachdenken anregen soll ein Fakt, der nicht jedem Besucher beim ersten Besuch auffällt: „Hier im Bereich der Zeitzeugen, sieht man zum ersten Mal ein Fenster“, verrät Römer. Die Schriftzüge Freiheit und Demokratie darauf symbolisieren das Ankommen.
Im Untergeschoss findet man unter anderem noch verschiedene Gefängnistüren sowie Nachbauten eines Verhörraums und einer Gefängniszelle. „Viele Dinge gab es auch schon in der alten Ausstellung, aber jetzt ist es gebündelter“, weiß Kipfer.
Und auch heutzutage bekommt das Museum immer noch Gegenstände gebracht. „Aber wir nehmen nicht mehr alles an. Wir schauen, was gut hier rein passt“, sagt sie. Ab kommendem Jahr wird immer ein „besonderes Objekt“ aus dem Fundus präsentiert. „Wir müssen attraktiv bleiben“, erklärt Römer.
Neues Personal gesucht
Auch wenn das Potenzial für eine Erweiterung der Öffnungszeiten laut Kipfer und Römer durchaus da ist, umsetzen lässt sich das nicht. „Wir haben ungefähr zehn bis elf Freiwillige hier“, sagt Römer und fügt hinzu „Die sind aber alle nicht mehr die Jüngsten.“
Was fehlt sind neue Leute, die sich ebenso wie Römer und Kipfer mit Herzblut für das Museum einsetzen. „Irgendwann ist es absehbar, dass jemand Neues ran muss. Das muss in den nächsten Jahren geschehen“, sagt Römer und gibt zu bedenken: „Unser Zeit hier ist endlich, das Thema sollte es nicht sein.“
Aus diesem Grund bemüht sich die Stiftung aktuell auch darum, eine hauptamtliche Stelle zu bekommen, die die Geschicke des Museums lenken soll. Eine mögliche Verlegung des Museums, etwa näher ins Zentrum, ist indes kein Thema.
Auch wenn Römer und Kipfer dem „nicht abgeneigt“ wären. „Zusammen mit mehreren Museen in einem Haus, das wäre eine große Hilfe“, so die beiden Verantwortlichen mit Blick auf ein dann vorhandenes, übergreifendes Büro für administrative Dinge.
Blick in die Zukunft
Klar ist aber sowohl für Römer als auch für Kipfer, dass die Geschichte, die das Museum erzählt, auch 30 Jahre nach Mauerfall noch nicht beendet ist. „Wir müssen eigentlich auch die 30 Jahre nach Mauerfall, was da so passiert ist, aufarbeiten“, sagt Kipfer. Doch auch dazu braucht es natürlich die dringend gesuchten Freiwilligen, die hierbei helfen.