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Nach Verhandlungen

Tarifabschluss in Pforzheim: Das Lohngefüge in der Edelmetallindustrie wird variabler

Arbeitgeber und IG Metall brüten bis Mitternacht über den Details des neuen Tarifvertrags für die Edelmetallindustrie. Er bringt mehr Geld, aber auch mehr Verhandlungsspielräume für eine individuelle Entgeltgestaltung in den Betrieben.

Vier Personen mit Masken.
Yvonne Möller und Barbara Resch von der IG Metall Bezirksleitung in Stuttgart sowie Rainer Schiessle und Guido Grohmann vom Bundesverband Schmuck und Uhren führten die Tarifverhandlungen. Foto: Liane Papaioannou

Von Kampfgeist begleitet und durch viel Sitzfleisch unterstützt vereinbarten Gewerkschaft und Arbeitgeber der Edelmetallindustrie im Kulturhaus Osterfeld in Pforzheim einen neuen Tarifvertrag. Die Unterschriften wurden am Mittwoch kurz vor Mitternacht gesetzt, erzählt Guido Grohmann. Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Schmuck und Uhren glaubt, „dass beide Seiten zufrieden sind und dass die Mitglieder das Ergebnis gut akzeptieren können“.

Zu einem ähnlichen Schluss kommt die IG Metall. Liane Papaioannou, die gleich Grohmann ab 9 Uhr mit am Verhandlungstisch saß, nennt das Ergebnis „hervorragend“. Besonders erfreulich ist für die Pforzheimer Gewerkschaftssekretärin, dass erstmalig ein Manteltarifvertrag für die Ausbildung und damit auch für dual Studierende abgeschlossen wurde.

Im Kern vereinbarte die Tarifrunde unter Vorsitz von Rainer Schiessle, Geschäftsführer der Christian Bauer GmbH + Co KG in Welzheim, und Barbara Resch von der IG Metall-Bezirksleitung in Stuttgart, dass die rund 8.000 Beschäftigten in der Schmuck-, Uhren- und Edelmetallindustrie jetzt eine Corona-Prämie von 500 Euro erhalten – so sie wie etliche Mitarbeiter von Scheideanstalten nicht schon eine bekommen haben.

Neuer Tarifvertrag in der Edelmetallindustrie: Jährliche Sonderzahlung ab Juni 2022

Zusätzlich gibt es jährlich eine Sonderzahlung von zunächst 18,4 Prozent, erstmals im Juni 2022 zusammen mit dem Urlaubsgeld. Dieser so genannte tarifliche Edelmetallbaustein kann in vier freie Arbeitstage umgewandelt werden, wenn sich bei Beschäftigungsproblemen Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf Betriebsebene darauf einigen.

Dass die Pandemie die finanzielle Situation von Arbeitnehmern auch schwächen kann, wird an anderer Stelle deutlich. So stehen die 2018 ausgehandelten 400 Euro Zusatzgeld zu Disposition, wenn das Betriebsergebnis zu schwach ausfällt. Das ist allerdings wie auch bei den neu vereinbarten betrieblichen Zukunftstarifverträgen kein Automatismus. Die Zahlen müssen nachvollziehbar vorliegen und die Arbeitnehmer zustimmen, damit wahlweise strukturelle Weichenstellungen oder schlechte Umsätze zu Einkommenseinbußen führen.

Diese „doppelte Freiwilligkeit“, wie Arno Rastetter von der IG Metall formuliert, gilt auch, für die Option eines variablen Weihnachtsgelds. Es kann entweder halbiert, bei guter Lage aber auch um die Hälfte erhöht werden. Die ebenfalls bereits 2018 ausgehandelte jährliche Sonderzahlung von 27,5 Prozent eines Monatsentgelts bleibt unangetastet.

Arbeitgeber nach Tarifverhandlungen in Pforzheim zufrieden

Die Arbeitgeberseite freut sich laut Rainer Schiessle, „viele Ziele mit dem differenzierten Abschluss der Edelmetallindustrie erreicht zu haben“. Dies bringe Zuversicht und sei eine gute Nachricht für Unternehmen und Beschäftigte. Barbara Resch nennt den Abschluss „einen guten Kompromiss, um die aktuellen Herausforderungen zu meistern und Perspektiven für die Zukunft zu schaffen“.

Ein guten Tag für die Beschäftigten in der Edelmetallbranche.
Katja Mast, SPD-Bundestagsabgeordnete

Auch Pforzheims SPD-Bundestagsabgeordnete Katja Mast spricht von „einem guten Tag für die Beschäftigten in der Edelmetallbranche“. Es zeige sich: Eine starke Sozialpartnerschaft sichere Arbeitsplätze, schaffe sie und bringe das Land durch die Krise und voran. Von diesem Gedanken getragen sei auch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz, das an diesem Freitag im Bundestag zur Debatte steht.

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