
Kann ein Bußgeld eine Finanzspritze für das Busfahren sein? Oder eine Ordnungswidrigkeit etwa bedeuten, dass man zu lange nicht geputzt hat? Es gibt Menschen, die mit solchen juristischen Formulierungen ihre Probleme haben.
Mohamed Zakzak kennt solche Menschen. Zakzak ist Inklusionsbeauftragter der Stadt Pforzheim und fordert: mehr Bescheide in sogenannter Leichter oder zumindest Einfacher Sprache. Am besten schreibt diese Texte dann ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin der Stadt, die dann ihm unterstellt wäre.
So jedenfalls formuliert das ein Antrag der SPD-Fraktion im Gemeinderat, der laut Fraktionssprecherin Jacqueline Roos eng mit Zakzak abgestimmt sei und nun den Weg der Bürokratie geht.
„Das können nicht einfach die einzelnen Dezernate für sich machen. Da braucht es jemanden, der zentral dafür zuständig ist“, sagt Roos. Es geht um Teilhabe, vor allem auch für Menschen mit einer geistigen Einschränkung. Ein Nischenthema, das wenige Menschen betrifft? Mitnichten. Das zeigt sich auf den zweiten Blick.
Ich lese den Text bei Bundesbehörden oft erstmal in Einfacher Sprache.Mohamed Zakzak, Inklusionsbeauftrager der Stadt Pforzheim
Etwa dann, wenn Roos von einem Bescheid des Finanzamts berichtet. „Den musste ich selbst dreimal lesen.“
Auch Zakzak, der als gebürtiger Libanese heute ein vielgefragter und auch im Deutschen eloquenter Gesprächspartner ist, gesteht: „Ich lese den Text bei Bundesbehörden oft erstmal in Einfacher Sprache, bevor ich den juristischen Text lese. Wir müssen vor allem von den verschachtelten Sätzen wegkommen.“
Leichte Sprache und Einfache Sprache sind Konzepte, um Texte auch Menschen näherzubringen, die im Standarddeutschen aus unterschiedlichen Gründen nicht oder noch nicht sicher genug sind. Eigentlich wenden sie sich an unterschiedliche Zielgruppen. In der Praxis verschwimmt diese scharfe Trennung aber.
Anita Gondek, Integrationsbeauftragte der Stadt Pforzheim, betont zwar, dass Texte in Leichter Sprache eine andere Zielgruppe hätten als solche in Einfacher Sprache.
„Es sollte unbedingt der Eindruck vermieden werden, dass Migranten per se nur mit Leichter Sprache erreicht werden können – vielmehr geht es darum, sie zu ermutigen, Informationen in Deutsch in Einfacher Sprache anzunehmen und in ihrem Alltag zu nutzen“, sagt sie. Und doch könnten auch „Migranten von Publikationen oder Textvorlagen in Leichter Sprache profitieren“. Sprich: Am Ende ist egal, wer die eigentliche Zielgruppe ist, solange das Behördendeutsch endlich verständlich ist und man Bußgeld nicht mit Busgeld verwechselt.
Warum lautet dann der Antrag auf Leichter statt Einfacher Sprache? Der Unterschied ist ein juristischer. Ausgerechnet unter dem komplizierten Titel Behindertengleichstellungsgesetz hat das Land Baden-Württemberg den Kommunen Vorgaben für die Kommunikation gemacht. Wozu, aufs Kommunale heruntergebrochen, auch die Stadt Pforzheim zählt. Wer aufgrund einer Behinderung einen Bescheid der Stadt nicht versteht, hat ein Recht darauf, ihn in Leichter Sprache zu erhalten.
Übersetzungen kosten bis zu 180 Euro pro Seite
Bislang werden solche Übersetzungen extern vergeben, kosten laut Zakzak bis zu 180 Euro pro Seite. Unter anderem muss auch noch eine Gruppe aus Menschen mit entsprechenden Einschränkungen prüfen, ob die Texte verständlich sind.
Um wirklich rentabel zu sein, müsste eine solche Übersetzungsstelle in der Verwaltung aber mehr leisten, als bislang extern eingekauft wurde. 2022 hatte die Stadt laut Zakzak insgesamt nur 1.300 Euro für Übersetzungen in Leichte Sprache ausgegeben.
Zumindest, soweit er das überblicken kann. Die Nachfrage könnte aber sprunghaft ansteigen, glaubt der Inklusionsbeauftragte. Einerseits, wenn mehr Menschen ihre Rechte an dieser Stelle kennen. Und zweitens hält er noch weitere Verschärfungen der Gesetzeslage für wahrscheinlich.
Und wenn man schon einmal so eine Stelle besetzt hätte, und diese Person zufällig auch Expertise in Einfacher Sprache hätte, dann könne man ja noch deutlich mehr übersetzen, als nur das juristisch Notwendige. Zum Beispiel Broschüren für Migranten, oder auch spezielle Seiten auf der Website.
Entsprechend folgert auch SPD-Frau Roos: „Ob es nun am Ende Leichte Sprache oder Einfache Sprache ist, da bin ich schmerzfrei.“ Letztendlich entscheidet der Gemeinderat in den Haushaltsverhandlungen, ob das Geld für eine solche Stelle vorhanden ist.