Das neue Emma-Jaeger-Bad in Pforzheim wird ungeachtet steigender Kosten gebaut. Dies beschloss der Gemeinderat mit 20 zu 19 Stimmen in seiner Sitzung an diesem Dienstag.
Befürworter und Gegner der 30-Millionen-Investition mit beachtlichen Zusatzausgaben allein schon für die Gründung warben zuvor intensiv für die jeweilige Position. Oberbürgermeister Peter Boch (CDU) stützte am Ende die Befürworter der Zusatzausgaben, um die es im Kern ging bei dem Beschluss, und gab mit seiner Stimme dem Innenstadtbad eine Zukunft.
Für die Partei des Rathauschefs ist das eine Schlappe. Intensiv warb CDU-Fraktionschefin Marianne Engeser dafür, von dem neuen Emma-Jaeger-Bad Abstand zu nehmen und damit den Weg dafür frei zu machen, das sanierungsbedürftige Wartbergbad überhaupt zu halten.
Ähnlich die Argumentationen bei der Grünen Liste, den Grünen, der Jungen Liste und WiP/Linke. So plädierte Axel Baumbusch dafür, in den Erhalt der vorhandenen Bäder zu investieren, für die sonst nur 250.000 Euro zur Verfügung stünden. Die Grüne Liste befürwortet ein Familienbad und das Wartbergbad sei derzeit die einzige realisierbare Lösung dafür.
Ein besseres Vereinsschwimmbad für über 30 Millionen Euro.Philipp Dörflinger, Junge Liste
„Es ist kein Wegducken, wenn unkalkulierbare Risiken für die Stadt abgelehnt werden“, meinte Felix Herkens (Grüne) und nannte den Neubau des Emma-Jaeger-Bads einen „viel zu gefährlichen Drahtseilakt“. Eine „besseres Vereinsschwimmbad“ für über 30 Millionen Euro will auch Philipp Dörflinger (JL) nicht sehen.
Wer dieses als Top-Priorität setze, müsse sagen, ob stattdessen beim Theater, beim Kulturhaus oder andernorts gespart werden soll. „Familienfreundliche Politik sieht anders aus“ monierte auch Christof Weisenbacher die Leistungsfähigkeit des künftigen Emma-Jaeger-Bads und kritisierte den Bäderbeschluss grundsätzlich als nicht klug.
Einer Wiederbelebung der inzwischen zerfallenen so genannten Bäderfraktion glich die Runde derer, die nun rund drei Millionen Euro zusätzlich auf den Bau des neuen Innenstadtbads drauf packen wollen. Das Geld ist im Wesentlichen für eine grundwassersichere Pfahlgründung.
Eine dicke fette Kröte, die wir schlucken müssen.Monika Decharmes, FDP
„Wir wollen keine Bäderstrategie im Schneckentempo“ machte Michael Schwarz für die Freien Wähler/Unabhängigen Bürger deutlich. Die Fraktion stehe zum Bäderbeschluss vom 28. Januar 2020. Von einer „dicken fetten Kröte, die wir schlucken müssen“ sprach Monika Decharmes für die FDP, die nun wieder separat von den vorgenannten Kräften agiert.
Dies sei allerdings alternativlos, denn das Risiko, dass Pforzheim kein Schwimmbad unter Dach und Fach habe, wolle ihre Fraktion nicht eingehen.
Die Furcht, alles auf null zu setzen und dann gar nichts zu haben, bewegte nach den Worten von Fraktionschefin Jacqueline Roos auch die SPD, am Emma-Jaeger-Bad festzuhalten.
„Wenn wir jetzt nicht zustimmen, haben wir auf lange Sicht kein Bad“, warnte sie. Außerdem habe sich die SPD immer für ein innerstädtisches Familienbad ausgesprochen. An ein Kombibad auf dem Wartberg glaube sie nicht.
Lehrstunde in Wirtschaft
Für Heiterheit inmitten der weitschweifigen Diskussion sorgte Uwe Hück von der Bürgerbewegung. Er „würde gerne einen Lehrgang über Wirtschaft geben“ ließ er wissen. Dem „Hengst für die Investoren“ dürfe man keine Zügel anlegen, lernten die Stadtratskollegen weiter. Außerdem sei das Emma-Jaeger-Bad beschlossen; die Diskussion sehr scheinheilig.
„Wir hätten es auch gerne billiger“, führte Bernd Grimmer für AfD an. Dies könne aber nicht dazu führen, dass der grundsätzliche Bäderbeschluss in Frage gestellt werde.
Anders dagegen Einzelstadtrat Reinhard Klein. Er müsste der Vorlage zustimmen, tue es aber nicht, um deutlich zu machen, dass die Bäderproblematik mit dem Versagen der Verwaltung zu tun habe. Instandhaltung habe offensichtlich so gut wie nicht stattgefunden.
Wo kriegen wir die Kohle her.Dirk Büscher, Bürgermeister
Dirk Büscher (CDU), als Bürgermeister ebenso für Finanzen wie für Bäder zuständig, ließ das nicht stehen. Die auch jetzt wieder aktuellen Haushaltsprobleme der Stadt seien der Hauptgrund dafür, dass seit über 20 Jahren über eine Sanierung der Bäder gesprochen werde. Im Übrigen freue er sich zu hören, dass das von ihm befürwortete Kombibad vielleicht der richtige Weg gewesen wäre.
Er habe immer dargelegt, dass 30 Millionen Euro für ein Bad plus 30 bis 40 Millionen Euro für den Erhalt der anderen vonnöten seien. Jetzt hoffe er, dass das Emma-Jaeger-Bad nicht in eine bäderpolitische Sackgasse führe.
Selbst wenn die finanzielle Situation der Stadt besser sei als kürzlich vom Kämmerer beschrieben bleibe die Frage: „Wo kriegen wir die Kohle her.“