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Diskussion um Flüchtlinge

Erstaufnahme: Ministerin Gentges sagt Pforzheim volles Lea-Privileg zu

Die Pforzheimer Entscheidung über eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge im Brötzinger Tal steht bevor. Am Mittwochabend hat Migrationsministerin Gentges (CDU) vor Ort Überzeugungsarbeit geleistet.

Migrationsministerin Marion Gentges (CDU) spricht am Rednerpult im Forum des Pforzheimer Turmquartiers über Flüchtlingsfragen.
Signal an Pforzheim: Migrationsministerin Marion Gentges (CDU) ging in der Diskussion im Pforzheimer Turmquartier auf Wünsche und Bedenken der Pforzheimer ein. Foto: René Ronge

Sie sind in derselben Partei, sie werben für dasselbe Anliegen und sie sitzen am Mittwochabend im Pforzheimer Turmquartier auf derselben Bühne: Migrationsministerin Marion Gentges (CDU) sucht für das Land händeringend nach Plätzen für die Erstunterbringung von Flüchtlingen.

Und Pforzheims Oberbürgermeister Peter Boch (ebenfalls CDU) bietet ein Areal im Brötzinger Tal genau dafür an. Kommen da zwei zusammen?

So einfach ist es in der Politik ja fast nie. Auch hier nicht. Das Land versichert, keine Erstaufnahmestellen gegen den Willen der betroffenen Kommunen anzustreben (obwohl es könnte). Und gegen Bochs Plan gibt es in Pforzheim von Anfang an Vorbehalte und Widerstände aus Politik und Sozialbereich.

Für die einen ist die Erstaufnahme das Problem, für die anderen die Lösung

Man mute den Menschen in einer Großunterkunft mit rund 1.000 Plätzen zu viel zu, heißt es. Und man mute der Stadt damit zu viel zu, unter anderem Sicherheitsbedenken werden hier geäußert.

Boch wiederum sieht die Kapazitäten bei Platz und Personal in Pforzheim erschöpft und setzt deshalb auf das Lea-Privileg: Im Gegenzug für die Erstaufnahme soll die Stadt möglichst keine Flüchtlinge mehr für die weitere Unterbringung aufnehmen müssen.

Am 4. April soll der Pforzheimer Gemeinderat nun ein wegweisendes Votum abgeben. Lehnen die Räte die Erstaufnahme generell ab und erteilen dem Land und dem Boch-Plan damit eine Absage – oder soll das Areal im Brötzinger Tal weiter geprüft werden, wenn Pforzheim dafür im Gegenzug ein Lea-Privileg von 100 Prozent zugesichert wird, die Stadt also gar keine Flüchtlinge mehr zugewiesen bekommt?

Kurz vor der Abstimmung hat Ministerin Gentges nun am Mittwochabend den Pforzheimern ihre Sicht geschildert. Sie ging in einer Infoveranstaltung im Turmquartier der Sparkasse auf Bedenken von Bürgerinnen und Bürgern ein. Vorher traf sich die CDU-Politikerin mit Vertretern des Gemeinderats und warb für ihre Anliegen. Und: Sie hatte wichtige Fakten dabei.

Bei der Höhe des Lea-Privilegs sprach sie von einer „Gretchenfrage“. Man habe die Pforzheimer Zahlen und Wünsche geprüft. Und sei zu dem Schluss gekommen: „Wenn wir uns einig werden, gibt es eine vollständige Lea-Privilegierung, um den Weg möglich zu machen.“

Wir werden ein zuverlässiger und verlässlicher Partner für die Stadt und die Bürger sein.
Marion Gentges, Migrationsministerin des Landes

Hintergrund: Spätestens nach fünf Jahren solle sich für eine Kommune oder einen Kreis die Erstaufnahme auch zahlenmäßig lohnen. Ab diesem Zeitpunkt soll die Zahl der Flüchtlinge in der Erstaufnahme niedriger sein als die Zahl derer, die in derselben Zeit der Stadt zur weiteren Unterbringung zugewiesen worden wären.

Für Pforzheim rechnete die Ministerin mit rund 1.000 Plätzen in der Erstaufnahme und rund 300 Flüchtlingen, die ansonsten pro Jahr in die Stadt kommen würden.

Gentges sicherte außerdem zu: „Wir werden ein zuverlässiger und verlässlicher Partner für die Stadt und die Bürger sein und ihnen zur Seite stehen.“

So nahm Marianne Engeser, die Fraktionschefin der Pforzheimer CDU im Gemeinderat, Gentges auch in der vorhergehenden Diskussion mit Gemeinderäten wahr. Es sei ein direktes Gespräch und offener Austausch gewesen.

Wie das Votum im Pforzheimer Gemeinderat schließlich ausfallen wird, welchen Einfluss der Auftritt der Ministerin vor Bürgern und Gemeinderäten an diesem Mittwoch womöglich noch hatte, all das sieht man dann nächste Woche Dienstag.

Bisher hielten sich die Ausschüsse des Gemeinderats ziemlich zurück: Der Sozialausschuss stimmte nicht ab und der Hauptausschuss verzichtete diese Woche sogar auf jegliche Diskussion – weil der Besuch der Ministerin ja noch entscheidende Erkenntnisse bringen könne.

Just am Mittwoch übrigens nahm die Stadt einen Teil des ehemalige Thales-Geländes als Großunterkunft für die weitere Unterbringung in Betrieb. Man habe die ersten Geflüchteten untergebracht, sagte Jan Gutjahr, Abteilungsleiter Asyl und Wohnungswesen im Pforzheimer Sozialamt.

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