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Debatte über Finanzplanung

Kämmerer schlägt Alarm: Pforzheim muss mehr sparen – Stadtrat will höhere Kita-Gebühren

Pforzheims Finanzlage wird immer dramatischer. Dem Stadtkämmerer zufolge reicht die Liquidität nur noch vier Jahre, wenn nicht kräftig gespart wird. Ein CDU-Stadtrat schlägt indes die Erhöhung von Kita-Gebühren und die Senkung der Gewerbesteuer vor.

Rote Zahlen: Die mittelfristige Finanzplanung der Pforzheimer Stadtverwaltung ist vom Mangel geprägt. Das zeigte die Präsentation der Kämmerei im Hauptausschuss.
Die mittelfristige Finanzplanung der Pforzheimer Stadtverwaltung ist vom Mangel geprägt. Das zeigte die Präsentation der Kämmerei im Hauptausschuss. Foto: Daniel Streib

Die Tabellen, die Konrad Weber an die Leinwand beamen lässt, weisen einen hohen Anteil roter Zahlen aus. Das sieht man auch von hinten im weitläufigen Pforzheimer Congresscentrum, in dem Hauptausschuss und Haushaltsstrukturausschuss an diesem Dienstagabend tagen.

Doch Weber belässt es nicht bei visuellen Warnsignalen. Eindringlich beschreibt Pforzheims Stadtkämmerer bei der Vorstellung der Rahmendaten des Haushaltsplanentwurfs 2022/23 die strukturelle Schieflage des städtischen Haushalts, die sich in den kommenden Jahren zur faktischen Zahlungsunfähigkeit auswachsen könnte.

Weber zufolge ist die Liquidität der Stadt Pforzheim von derzeit noch gut 150 Millionen Euro im Jahre 2026 endgültig aufgebraucht. Der Grund dafür leuchtet jeder schwäbischen und badischen Hausfrau ein: Pforzheim gibt stetig mehr aus als es einnimmt.

Eine weitere Haushaltskonsolidierung ist unerlässlich.
Konrad Weber, Stadtkämmerer

Das Problem: Die größten Batzen auf der Ausgabenseite sind Pflichtaufgaben. Transferkosten etwa oder der gesetzlich vorgeschriebene Ausbau der Kinderbetreuung.

Allein bei Letzterem wird das Defizit von 14 Millionen Euro im Jahr 2012 auf rund 50 Millionen im Jahr 2026 angestiegen sein. Trotzdem befand der Kämmerer: „Eine weitere Haushaltskonsolidierung ist unerlässlich.“

Pforzheim muss sparen: Stadttheater, Bäder, Kulturhaus Osterfeld?

Im Klartext: Pforzheim muss dringend mehr sparen, und bei Investitionen noch stärker Prioritäten setzen. Bei welchen Posten das genau geschehen soll, sei eine politische Frage, stellte Weber klar und nannte auf Nachfrage auch die größten Posten bei den sogenannten freiwilligen Leistungen: Stadttheater, Schwimmbäder, Kulturhaus Osterfeld.

Der Gemeinderat ist also am Zug. Oberbürgermeister Peter Boch und Finanzbürgermeister Dirk Büscher (beide CDU) konnten die anwesenden Ausschussmitglieder dahingehend beruhigen, dass zumindest für den anstehenden Doppelhaushalt keine gar so dramatischen Schritte vonnöten seien.

Sie stellten ein maßvolles Investitionspaket mit einem Volumen von 232 Millionen Euro vor, das unter anderem 49 Millionen für Schulen, 38 Millionen für Straßen und 36 Millionen für Stadtentwicklung vorsieht.

Verbunden wurde dieses Paket mit einer freundlichen Warnung für die anstehenden Haushaltsberatungen. „Wir waren damit beim Regierungspräsidium und dort hat man uns signalisiert, das sei in dieser Form noch genehmigungsfähig“, betonte Büscher. Hintergrund: Aufgrund der finanziellen Schieflage steht Pforzheim seit Jahren unter Beobachtung der Finanzaufsicht.

Pforzheimer Stadtrat schlägt höhere Kita-Gebühren und niedrigere Gewerbesteuer vor

Die Reaktionen der Ausschussmitglieder auf die düsteren Fakten schwankten zwischen Fatalismus und Aufbegehren. Axel Baumbusch (Grüne Liste) bemerkte einerseits, dass die Lage sich immer wieder besser entwickelt habe als von der Kämmerei prophezeit. Andererseits wähnte der Stadtrat: „Eine Haushaltssanierung aus eigener Kraft ist ohnehin kaum möglich.“

Auch CDU-Fraktionschefin Marianne Engeser sah das ähnlich und schätzte die baldige Entwicklung eines neuen Gewerbegebiets als Einnahmequelle als „fast unmöglich“ ein. Uwe Hück von der Bürgerbewegung schlug vor, man müsse sich an Olaf Scholz von der SPD wenden, der im Wahlkampf die Entlastung von Kommunen versprochen habe.

Davon hielt Martin Erhardt (CDU) nichts. Der unlängst nachgerückte Stadtrat hielt es weder mit Hilferufen nach Berlin noch mit Schicksalsergebenheit. Forsch forderte er „kreative Lösungen“. Und zeigte sich gleich selbst recht schöpferisch. Erhardt regte die Erhöhung von Kindergarten-Gebühren an.

Es seien doch nicht alle Eltern arm. Ein Bekannter von ihm zahle in einer anderen Stadt 300 Euro. Zudem könnten womöglich die Einnahmen gesteigert werden, wenn man die Gewerbesteuer senke, so der Neu-Stadtrat und Professor für Steuern und Revisionswesen.

Höfliche Belehrungen für den Pforzheimer Neu-Stadtrat Martin Erhardt (CDU)

Bei der Verwaltung lösten die Vorschläge dennoch höfliche Belehrungen aus. „Sie können das nicht wissen, Herr Professor“, setzte Sozialbürgermeister Frank Fillbrunn (FDP) an und erläuterte mit sanfter Stimme die komplexen Wechselwirkungen von städtischen Kita-Gebühren – die in Pforzheim bereits jetzt bis zu 350 Euro pro Kind ausmachten – mit konkurrierenden privatwirtschaftlichen Betreuungsangeboten.

Und Stadtkämmerer Weber gab hinsichtlich der Gewerbesteuer-Theorie des Professors zu bedenken, dass in der Praxis bislang ausschließlich Kommunen mit einem großen Angebot an Gewerbeflächen von derlei Senkungen finanziell profitiert hätten.

Gleichwohl, und das weiß der Kämmerer, sind Steuersenkungen letztlich eine politische Entscheidung, die bekanntlich auch OB Boch immer wieder in Aussicht gestellt hatte.

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