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Verhandlungen ins Stocken geraten

Fronten verhärtet: Ärztestreik am Helios Klinikum in Pforzheim

Die Verhandlungen mit dem Arbeitgeber betrachtet der Marburger Bund als festgefahren. Deshalb gingen die Ärzte am Helios Klinikum Pforzheim erstmals seit drei Jahrzehnten in den Warnstreik.

Ein fast schon historischer Moment: Zum ersten Mal seit dreieinhalb Jahrzehnten treten Ärzte am Helios Klinikum in den Warnstreik. Mehr als die Hälfte der Mediziner hat sich daran beteiligt, während ihre Kollegen die Patientenversorgung aufrecht erhalten haben.
Protest statt Praxis: Ärztinnen und Ärzte am Helios Klinikum treten in den Warnstreik. Mehr als die Hälfte der Mediziner beteiligt sich daran,, während ihre Kollegen die Patientenversorgung aufrecht erhalten. Foto: Stefan Friedrich

Die Fronten zwischen den Ärzten und ihrem Arbeitgeber, dem Helios Klinikum in Pforzheim, scheinen am Dienstagmorgen ein wenig verhärtet, als mehr als 50 Prozent der hier beschäftigten Mediziner in den Warnstreik treten.

Auf dem Gelände der Klinik darf dieser nicht abgehalten werden. Das sei ihnen untersagt worden, bedauert Facharzt Stefan Knoll als Vertreter für seine Kollegen. „Die Tatsache, dass der Arbeitgeber bei dem ersten Ärztestreik, den ich seit 34 Jahren hier in der Klinik erlebe, das Hausrecht nutzt, um uns vom Krankenhausgelände zu verweisen, ist kein gutes Zeichen für die Wertschätzung von Ärzten, die sich dafür einsetzen, einen ordentlichen Tarifabschluss hinzubekommen.“

Angebot liegt vor

Der Marburger Bund Baden-Württemberg fordert für die Ärzte eine Anhebung des Gehalts um die kumulierte monatliche Inflation seit Januar 2022 sowie eine anschließende Erhöhung um 2,5 Prozent. Sämtliche Stundenentgelte sollen sich in der Zeit zwischen 19 und 7 Uhr um 15 Prozent erhöhen und das Tarifrecht soll vereinheitlicht werden.

„Positiv ist, dass wir ein Angebot auf dem Tisch liegen haben“, sagt Helmar Munz, Syndikusrechtsanwalt beim Marburger Bund, am Dienstagmorgen. Dieses sei allerdings unzureichend, weil es die Reallohnverluste vom vergangenen Jahr nicht ausgleichen könne. Darüber werde jetzt seit vier Monaten verhandelt.

Verhandlungen ins Stocken geraten

Zwischenzeitlich sind die Verhandlungen so sehr ins Stocken geraten, dass Warnstreiks unausweichlich wurden, betont Knoll, der selbst Teil der Verhandlungsgruppe ist und unlängst in Berlin war, um an einem Abschluss mitzuwirken. Das Ergebnis dieser Gespräche bezeichnete er als frustrierend.

„Dass man uns in der sechsten Verhandlungsrunde nach Berlin kommen lässt, um zu erklären, das es kein neues Angebot gibt und dass der Arbeitgeber nicht nur nicht mehr zahlen kann, sondern auch nicht mehr zahlen möchte“, das sei verstörend und nur schwer auszuhalten gewesen.

Helios Kliniken führen Gewinne an Aktiengesellschaft ab

Dass das Unternehmen den Forderungen der Ärzte nicht weiter entgegenkommen kann, führt Knoll nicht zuletzt darauf zurück, dass die Helios Kliniken pro Jahr etwa 680 Millionen Euro Gewinn an die Fresenius Aktiengesellschaft abführen müssen.

„Die Kliniken sind sehr stark von betriebswirtschaftlichen Zielen dominiert und auf die medizinischen Belange wird nicht in dem Maße Rücksicht genommen, wie das unserer Meinung nach nötig wäre.“

Früher oder später kann das dazu führen, dass Ärzte abwandern. Die Konkurrenz schläft nicht, verweist Knoll auf die Plakatwand gegenüber des Klinikgebäudes: Das Siloah wirbt hier um Personal. „Das mag ein Zufall sein, aber ich glaube nicht daran“, sagt Knoll.

Klinikum: „Verhandlungstisch statt Kundgebung“

Das Klinikum selbst fordert in einer Stellungnahme gegenüber dieser Redaktion „Verhandlungstisch statt Kundgebung“. Der Marburger Bund sei eingeladen, weiter mit den Arbeitgebervertretern zu sprechen. „Unser Angebot steht: 1.500 Euro Einmalzahlung, vier Prozent mehr Gehalt in zwei Schritten und weitere Verbesserungen unter anderem bei der Dienstplangestaltung.“

Die geplante Vereinheitlichung zweier nebeneinander bestehender Tarifverträge bedeute für einen Teil der Ärzteschaft zudem „weitere deutliche Entgeltzuwächse“.

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