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100 Demonstranten auf dem Marktplatz

Häme und Verschwörungstheorien bei Corona-Demo in Pforzheim

In Pforzheim demonstrierten am Samstag rund 100 Menschen gegen die Corona-Politik in Deutschland. Unter den Rednern war auch ein suspendierter Polizeibeamter.

Auf dem Marktplatz in Pforzheim sind 100 Menschen zu einer Corona-Demo zusammengekommen.
Medienschelte und Verschwörungstheorien: Redner Christoph Krause (links) bei der Corona-Demo auf dem Pforzheimer Marktplatz. Foto: Dominic Körner

Rund 100 Menschen haben am Samstagnachmittag in Pforzheim gegen die Corona-Politik von Bund und Ländern demonstriert. Auf dem Marktplatz versammelten sich Verschwörungstheoretiker und besorgte Bürger. Auf der Tagesordnung: krude Thesen und die obligatorische Medienschelte.

„Hallo liebe Menschheitsfamilie“, heißt Organisatorin Susanne Heel die mit Trommeln, Trillerpfeifen und Sirenen ausgestattete Menge willkommen. Heel kommt direkt zur Sache und kritisiert die Corona-Politik in Deutschland. „Zuerst hieß es Flatten The Curve, dann ging es um den R-Wert, die Inzidenz 50 und schließlich die 35“, holt sie aus. „Was kommt als nächstes?“

Kritik an Politik und Medien

Seit einem Jahr leitet Heel die Kundgebungen in Pforzheim, gemeinsam mit anderen Akteuren. Nach eigenem Bekunden geht es ihr, eingehüllt in eine Peace-Fahne, um die Mitmenschlichkeit. „Vor einem Jahr konnten wir nicht zusammen Ostern feiern“, ruft sie in Erinnerung, „und jetzt passiert dasselbe. Das ist sehr traurig.“

Corona-Demo in Pforzheim am 27.3. 2021
Protestzug durch die Stadt: Die Teilnehmer der Corona-Demo am Samstag in Pforzheim. Foto: Dominic Körner

Immer wieder erkundigt sich Heel nach dem Wohlbefinden der Teilnehmer, die unter Polizeiaufsicht Abstände einhalten und Masken tragen müssen. „Wenn es euch nicht gut geht, hebt den Arm“, forderte sie die Demonstranten auf – das erste Mal nach zehn, dann wieder nach 20 Minuten.

„Mir sind einige Fälle von Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindel durch das Maskentragen bekannt“, sorgt sich Heel und fragt abermals nach der Gesundheit der „Menschheitsfamilie“ um sie herum.

Die Medien sind gemacht worden, um zu lügen und zu betrügen.
Christoph Krause, Redner bei der Corona-Demo in Pforzheim

Dann spricht der Ludwigsburger Christoph Krause, ein bekanntes Gesicht auf Corona-Demos. Routiniert spult er seine Medienschelte ab, die das Publikum auf dem Marktplatz mit Beifall und hämischem Lachen quittiert.

„Die Medien sind gemacht worden, um zu lügen und zu betrügen“, behauptet Krause und fügt an: „2020 hatten wir keine Übersterblichkeit.“ Unerwähnt lässt er dagegen, dass es in den Vorjahren keinen Lockdown, keine Maskenpflicht und keine Kontaktbeschränkungen gab.

In Richtung „Maskenfanatiker“ ätzt Krause: „Sollen sie sich doch ein Kondom häkeln. Mal schauen, ob das hilft.“ Gejohle aus dem Rund. Die aktuelle Corona-Politik bezeichnet der Schwabe als das „größte Verbrechen seit 80 Jahren“ und spricht von „Pharmafaschismus“. Seine Rede rundet er mit einem homophoben Spruch über Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ab – auch das kommt auf dem Marktplatz gut an.

Beleidigungen und Häme

Auf Krause folgt Bernd Bayerlein, ein wegen seiner Reden auf Corona-Demos suspendierter Polizist aus Mittelfranken. Für Beamten gilt in Deutschland ein Gebot zur politischen Mäßigung und Zurückhaltung.

Heute ist Bayerlein Mitglied im Verein „Polizisten für Aufklärung“, der sich nach eigenen Angaben für die „Wertekultur der staatsbürgerlichen Rechte einer freiheitlich demokratischen Gesellschaft“ einsetzt. „Wir stehen für die Wiedererlangung der Grundrechte ein“, ruft Bayerlein in die Menge.

Wir stehen für die Wiedererlangung der Grundrechte ein.
Bernd Bayerlein, Redner bei der Corona-Demo in Pforzheim

Im Hintergrund brodelt es. Eine kleine Gruppe Demonstranten baut sich vor der Polizei auf. „Ihr solltet uns Bürger beschützen“, schreit einer. „Schämt euch“, brüllt sein Kumpan. Nach zwei Minuten beruhigen sich die Gemüter, die Demo kann weitergehen.

„Kondome schützen, Masken nicht. Nieder mit der Maskenpflicht“ steht auf dem Plakat eines Teilnehmers. Eine Demonstrantin wendet sich mit markigen Worten an ihre Mitbürger: „Merkt ihr nicht, dass ihr verarscht werdet?“

Nur vereinzelt kommt es zu Verstößen gegen die Corona-Regeln, wie die Polizei am Abend informiert. Sie würden geahndet.

Schließlich bildet sich ein Protestzug, der sich lautstark durch die Pforzheimer Innenstadt bewegt. Wiederholt werden Polizisten aus der Menge aufs Übelste beschimpft. Andrzej Schubert lässt sein Plakat für sich sprechen. „Wollt ihr den totalen Lockdown“, steht dort. „Es gibt keine Pandemie“, sagt Schubert, „man will uns die Freiheit rauben.“

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