Es mangelt der IG Metall nicht an Schlagkraft: Dies macht Liane Papaioannou mit einem Rückblick auf die Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie (M+E) deutlich. Die Erste Bevollmächtigte zielt dabei allerdings auf die Zukunft. Bei der Edelmetall-, Uhren- und Schmuckindustrie wird am kommenden Freitag erstmals über den neuen Tarifvertrag verhandelt.
Er betrifft laut IG Metall rund 8.000 Beschäftigte. Das Gros davon arbeitet in der Region Pforzheim, wo etwa 80 Prozent der Firmen angesiedelt sind. Grundlage der Verhandlungen war bislang stets das Tarifergebnis in der Metall- und Elektroindustrie. Aber es gibt Spielräume, wie den Ausführungen der Gewerkschaft in einem Pressegespräch zu entnehmen ist.
Für die finanzielle Seite gilt das nicht. Hier soll aus Sicht der IG Metall erneut ein Volumen von vier Prozent mehr erzielt werden, das allerdings auch als Teilentgeltausgleich beispielsweise für Arbeitszeitverkürzungen eingesetzt werden kann. Gesprächsbereitschaft signalisiert die Verhandlungsführerin der IG Metall, Barbara Resch, jedoch bei den drei weiteren Punkten.
Entsprechend sind die Themen Arbeitsplatzsicherung, Innovation und Investition sowie Vereinbarungen für Nachwuchs dieses Mal nicht mit konkreten Forderungen verknüpft.
Edelmetall- und Schmuckindustrie in der Corona-Krise
„Es gibt wenig Grund, warum am Ende nicht ein ähnliches Ergebnis stehen soll wie bei M+E“, macht Pforzheims IG-Metall-Chefin Papaioannou aber auch die Richtung deutlich. Ein CNC-Fräser bei der Agosi mache auch nichts anderes als ein CNC-Fräser bei Witzenmann. Auch die Corona-Krise habe die Edelmetall- und Schmuckindustrie nicht so anders erlebt als die M+E-Branche, wehrt Resch den Verweis ab, Firmen wie Mercedes seien besser durch die Krise gekommen.
Auch dass die Lage der von der IG Metall bei dem Gespräch deutlicher vertretenen Firmen der Edelmetallindustrie womöglich ganz anders ist als bei Schmuck und Uhren, lässt sie nicht stehen. Die Tarifverträge seien für große und kleine Betriebe passend. Gleiches gelte für das Erleben der Pandemie.
Scharfe Kritik formuliert Peter Marincek an „den taktischen Vorgaben“ der Arbeitgeberseite, „wenn sie vor jeder Tarifrunde Austrittsaktionen nicht nur ankündigt, sondern auch durchführt“. Der Betriebsratsvorsitzende von Doduco zielt damit auf die Firma Karl Scheufele/Chopard, die kürzlich die Tarifbindung aufkündigte.
Tarifverhandlungen in der Edelmetall-, Uhren- und Schmuckindustrie
„Das war ein Schlag in die Magengrube vor einer vorsichtig formuliert als spannend zu bezeichnenden Tarifrunde“, sagt Scheufele-Betriebsratschef Jürgen König zu dem Vorgang. Weiter berichtet er über einen besseren Geschäftsgang verglichen mit 2020 – nicht wie in den Superjahren 2018/19, aber auf dem Niveau von 2017/18.
„Keine Stellungnahme vor der ersten Verhandlungsrunde“ gibt es am Donnerstag vom Geschäftsführer des Bundesverbands Schmuck und Uhren, Guido Grohmann. Dies gebiete der Anstand, kritisiert er indirekt das Vorgehen der IG Metall.
Die Tarifgemeinschaft aus Bundesverband Schmuck, Uhren, Silberwaren und verwandte Industrien (BVSU) und des Edelmetallverbands Schwäbisch Gmünd hat sich bereits im Februar zu den Tarifverhandlungen geäußert: „Oberste Ziele sind die Wiederherstellung von Wettbewerbsfähigkeit sowie, vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Krise in der Pandemie, die Absicherung von Arbeitsplätzen.“ In dieser Situation würden alle Arbeitgebergruppen ungewöhnliche Wege gehen.