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Filmkunst in der Krise

Pforzheimer Kinobetreiber durchleben schwierige Zeiten

Bei den Pforzheimer Kinobetrieben verzeichnete man im letzten Jahr einen Besucherrückgang um 70 Prozent. Große Studios und Verleiher spielen zudem ihre Marktmacht aus und wollen das Kinofenster verkürzen.

In für die Kinobetreiber schwierigen Zeiten wollen Nicolas (links) und Michael Geiger im Rex ein neues Filmerlebnis schaffen
In für die Kinobetreiber schwierigen Zeiten wollen Nicolas (links) und Michael Geiger im Rex ein neues Filmerlebnis schaffen Foto: Stefan Friedrich

James Bond im Herbst und Spiderman an Weihnachten waren die am meisten besuchten Filme des vergangenen Jahres. „Die haben sich beide nichts gegeben“, zieht Michael Geiger von den Pforzheimer Kinobetrieben Bilanz.

Trotzdem haben die Teams im Rex und im Cineplex die Zurückhaltung bei den Filmfreunden gespürt: Ohne Pandemie hätten sich bestimmt doppelt so viele Menschen diese Filme angesehen, ist Nicolas Geiger überzeugt. „Die haben nur die Hälfte dessen gemacht, was sie sonst gemacht hätten.“

Es ist letztlich ein Zeichen dafür, wie sehr das Kinojahr insgesamt unter der Pandemie gelitten hat, vor allem auch unter dem langen Lockdown. Obwohl 2020 schon ein schwieriges Jahr gewesen sei – Michael Geiger bezeichnet es im Gespräch mit unserer Redaktion als „Katastrophenjahr“ – lief es 2021 sogar noch schlechter. „Wir haben weit über 70 Prozent Rückgang gehabt“, zieht er Bilanz, verglichen mit einem normalen Vor-Corona-Jahr.

Filmverleiher sind in ähnlicher Situation

Dass die Filmverleiher in einer ähnlich schwierigen Situation sind wie die Kinos, verschärft die Situation zusätzlich. „Wenn die Filmverleiher ihre Filme in den Kinos nicht an den Markt bringen können, dann müssen sie diese irgendwie verwerten und bringen sie dann auf Video- oder Streamingportalen raus“, beschreibt Michael Geiger die Lage infolge der Pandemie.

In diesem Jahr haben das schon viele so gehandhabt, „und das wird uns vermutlich noch lange begleiten“, befürchtet er.

„Wenn sie einmal durchgesetzt haben, was sie dieses und letztes Jahr gemacht haben, wird zukünftig das sogenannte Kinofenster in Deutschland deutlich kürzer werden.“ War es früher noch üblich, dass Filme zunächst sechs Monate lang im Kino ausgewertet werden, setzen Verleiher wie Disney vermehrt auf eigene Portale. „Es gibt Verleiher, die geben nur noch drei oder vier Wochen, andere wollen den Film am gleichen Tag noch selbst rausbringen.“

Andere Länder wie Frankreich oder Großbritannien haben das gesetzlich unterbunden, „aber in Deutschland hat das bis jetzt noch niemanden gekümmert“, bedauert Geiger. „Wir müssen hier in Zukunft mit einem deutlich kürzeren Auswertungsfenster im Kino zurechtkommen, was uns Sorgen macht.“ Im Moment bleibe nicht viel mehr, als abzuwarten, wie sich die Situation entwickelt.

Filme, deren Kinofenster weniger als drei Wochen geöffnet ist, laufen in Rex und Cineplex allerdings „aus Prinzip nicht“, erklärt Nicolas Geiger. „Egal, wie wichtig der Film für uns ist, werden wir den nicht einsetzen.“ Davon betroffen war im vergangen Jahr beispielsweise „Black Widow“, der in Pforzheim bewusst nicht gespielt wurde.

Disney wollte Kinostart und Streamingstart nämlich parallel laufen lassen. „Da haben wir gesagt: Das machen wir nicht mit“, betont Michael Geiger. Andere Kinos handhabten es ähnlich. Bei Disney sei das durchaus registriert worden, ist Geiger überzeugt.

Ohnehin stehen die Pforzheimer Kinobetriebe innerhalb der Cineplex-Gruppe nicht alleine. Mit den 26 anderen Familien sind sie im engen Austausch und agieren nach außen als ein Verbund, der etwa 15 Prozent des deutschen Kinomarkts vertritt, so Nicolas Geiger. Es ist der Versuch, sich gegen die großen Studios zur Wehr zu setzen. „Ob es gelingt, muss man abwarten.“

Motto in Pforzheim: „Flucht nach vorne“

In Pforzheim setzt Geiger deshalb auf das Motto „Flucht nach vorne“ und will in die Premiumkinos investieren. Das Kino 2, wo die Filmkunst stattfindet, sowie das Kino 5 bekommen eine neue Bestuhlung, neue Elektrik und eine neue Dekoration.

Zudem will er im Sofakino eine neue Küche einbauen und durch eine externe Bar erweitern, die nicht nur für die Open-Airs genutzt werden kann. Auch Kochevents zu einem Film sind in der Überlegung, verrät Geiger. Ziel sei, das Kinoerlebnis weiter zu fassen, vom reinen Filmeschauen hin zum Event-Charakter.

Bei der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg, die unter anderem für die Film- und Kinoförderungen im Land zuständig ist, weiß man das Engagement bei den Pforzheimer Kinobetrieben zu schätzen: Für ein „gutes Jahresfilmprogramm“ im Kino 2 wurden sie kürzlich ausgezeichnet. „Das ist unser Ansporn, weiter gutes Kino zu machen“, versichert Michael Geiger.

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