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Stellenplan als Spaltwerkzeug

Knappe Mehrheit für Pforzheimer Doppelhaushalt

Pforzheim kann reibungslos ins neue Haushaltsjahr starten. Dafür machte der Gemeinderat am Dienstag den Weg frei. Dabei zeigte sich einmal mehr, dass die Stadt politisch gespalten ist.

Totengedenken: Zu Beginn der Gemeinderatssitzung am Dienstag in Pforzheim würdigte Oberbürgermeister Peter Boch (rechts) das Engagement des am Samstag verstorbenen Ratsmitglieds Bernd Grimmer (AfD).
Totengedenken: Zu Beginn der Gemeinderatssitzung am Dienstag in Pforzheim würdigte Oberbürgermeister Peter Boch (rechts) das Engagement des am Samstag verstorbenen Ratsmitglieds Bernd Grimmer (AfD). Foto: Daniel Streib

CDU, SPD, Grüne Liste, Bündnis 90/Die Grünen und die CDU-nahe Junge Liste gaben mit ihren 20 Stimmen dem rund 1,3 Milliarden schweren Finanzplan eine Zukunft. Dagegen votierten 18 Ratsmitglieder von AfD, FW/UB, FDP, WiP/Die Linke, Bürgerbewegung und Einzelstadtrat Reinhard Klein. Die Mehrheit setzte den Stellenplan als Spaltwerkzeug ein.

Das war nach der Haushaltsdebatte Anfang Dezember zu erwarten. Entsprechend vorbereitet warb Finanzbürgermeister Dirk Büscher für „den Spagat zwischen den finanziellen Möglichkeiten und den Herausforderungen der Stadt“.

Der Doppelhaushalt für 2022 und 2023 eröffne die für die Stadt notwendige Perspektive. Sie brauche eine schlagkräftige Verwaltung als Ressource, um wachsenden Aufgaben wie Ansprüchen von Bevölkerung und Gemeinderat gerecht zu werden.

Gedenken an Bernd Grimmer

Bevor all das noch einmal beleuchtet wurde, galt es eines Mannes zu gedenken, den der Tod aus seiner aktiven Stadtratstätigkeit gerissen hat. Bernd Grimmer gehörte dem Gemeinderat über 25 Jahre an.

An sein Wirken sowie seine verbindliche Art erinnerte Oberbürgermeister Peter Boch (CDU). Grimmer fungierte zuletzt als AfD-Fraktionsführer. Entsprechend fehlte er in den Reihen der Gegner bei der Haushaltsentscheidung.

Den ewigen Nein-Sagern etwas entgegen setzen.
Marianne Engeser, CDU-Fraktionschefin

Inhaltlich „ist es ein Kompromiss“, betonte CDU-Fraktionschefin Marianne Engeser. Es gelte hier allein schon deshalb zuzustimmen, „um den ewigen Nein-Sagern etwas entgegenzusetzen“. Im sozialen Bereich gebe es höhere Zuschüsse für freie Träger, „wo das sinnvoll ist“, es gebe Geld für Kultur, „die wir erhalten wollen“.

Außerdem wolle die CDU „genau hinsehen“. Sie habe deshalb viele Prüfaufträge gestellt, zum Beispiel zur Priorisierung der Schulgebäude. Gleiches gelte für die zehn zusätzlichen Stellen beim Gemeindevollzugsdienst, deren Wert in zwei Jahren kontrolliert werden soll.

„Froh, dass im Haushalt die Handschrift der SPD zu finden ist“, zeigte sich Fraktionsführerin Jacqueline Roos. Die Partei hatte massive Kürzungen im Sozialbereich zum Prüfstein erhoben – und gerade hier sei im Zuge der Debatte einiges aufgefangen worden. Die Kritik am Stellenplan nannte Roos nicht nachvollziehbar, nachdem es bereits 2021 eine Null-Runde gab.

„Das mit den Zielen müssen sie uns noch erklären“, ließ Axel Baumbusch den OB wissen, bevor er auf „Personalkosten als das größte Problem“ zu sprechen kam. Die Zustimmung der Grünen Liste basiere auf den Erhöhungen im Sozialbereich und fürs Kommunale Kino sowie darauf, dass der Vorschlag, jährlich 500.000 Euro für die Bäder zurückzulegen, akzeptiert wurde.

Stefanie Barmeyer stellte die Grünen argumentativ in eine Reihe mit Engeser und Roos bei ihrem Ja zum Haushalt. Mit dem Werk „seien wichtige und gute Entscheidungen getroffen worden“. Zur Personaldebatte merkte die Fraktionschefin an, dass nicht Gutachten in Frage gestellt werden können, wenn der Verwaltung gleichzeitig die dafür benötigten Kräfte verweigert werden.

„Auch in anderen Berufen gibt es immer mehr und umfangreichere Aufgaben“, stellte dem Constantin Heel entgegen. Für die Junge Liste sei der Haushalt ein Kompromiss, dem sie „gerade noch zustimmen“ könne.

Für die AfD gilt das nicht, wie Alfred Bamberger deutlich machte. Er betonte, dass seine Fraktion keine Mehrausgaben beantragt habe. Beim Personal würde die Partei nicht so radikal kürzen wie die FDP. „Aber dass die Verwaltung so aufgeblasen wird, können wir nicht nachvollziehen.“ Weiter kritisierte er, Zuschüsse würden nach dem Gießkannenprinzip verteilt. Mehr Geld für das Kommunale Kino könne die AfD nicht nachvollziehen.

Keinerlei Einsparungen erkennbar

Es seien keinerlei Einsparungen und kein Konsolidierungskurs erkennbar, monierte Michael Schwarz (FW/UB). Pforzheim häufe bis 2026 unglaublich viele Schulden auf und verstoße damit gegen Generationengerechtigkeit: „Pforzheim wird den Titel finanzschwache Kommune verteidigen“. Dem Stellenplan würde seine Fraktion bei einem Sperrvermerk und anschließender Diskussion im Haushaltsstrukturausschuss zustimmen.

„Strukturell werden Kosten geschaffen, die sich bei veränderten Rahmenbedingungen nicht kurzfristig reduzieren lassen“, erläuterte Janis Wiskandt die Position der FDP zum Stellenplan. Die Partei hatte mehrfach deutlich gemacht, dass sie über zusätzliches Personal für Kinderbetreuung hinaus hier nicht mitgehen werde.

Einen anderen Schwerpunkt setzte dagegen WiP/Die Linke. Sprecher Christof Weisenbacher beklagte, die soziale Schieflage in der Stadt werde fortgeschrieben. So gebe es keinerlei Verbesserungen im Bereich bezahlbaren Wohnens oder für die Obdachlosensiedlung Eutinger Tal. „Es geht nicht um Nein-Sagen, sondern darum, einen Blindflug zu verhindern“, stellte Uwe Hück einen Bezug zur Pandemielage her. Seine Bürgerbewgung forderte einen Ein-Jahres- statt einem Doppelhaushalt.

Gegen eine „hemmungslose Ausgabenpolitik“ versuchte Einzelstadtrat Klein mit einem Katalog von Anträgen zu opponieren. Als er diese zur Einzelabstimmung zu bringen wollte, hatte er noch die Unterstützung von FW und AfD. Inhaltlich wurde das Ansinnen dann aber en bloc bei acht Enthaltungen abgelehnt. Klein nahm mit, dass er mit dem Manöver womöglich sein Rede- und Antragsrecht bei der nächsten Haushaltsdebatte verwirkte, das ihm seine Stadtratskollegen zugestehen.

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