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Ausstellung macht Zwangsarbeiter sichtbar

„Les Amis de Pforzheim“ offenbaren das Schicksal Deportierter aus den Hochvogesen

Mehr als 600 Männer und Jungen aus den Hochvogesen sind am 8. November 1944 als Zwangsarbeiter nach Pforzheim verschleppt worden. Erstmals zeigt eine Ausstellung eine vollständige Dokumentation.

Blick in die Geschichte: Hunderte Männer und Jungen wurden 1944 nach Pforzheim verschleppt, um Zwangsarbeit zu leisten. Viele litten unter unmenschlichen Bedingungen.
Hunderte Männer und Jungen wurden 1944 nach Pforzheim verschleppt, um Zwangsarbeit zu leisten. Viele litten unter unmenschlichen Bedingungen. Foto: Roland Wacker

Die Ausstellung in Pforzheim zeigt eine vollständige Dokumentation dieser Deportation, den Versöhnungsprozess und die Annäherung Pforzheims an die Nachkommen der Deportierten und ihre Heimatgemeinden La Bresse, Cornimont, Ventron und Le Thillot.

Am Dienstag eröffnete Bürgermeister Frank Fillbrunn (FDP) die Ausstellung „Deportiert aus den Hochvogesen – französische Zwangsarbeiter in Pforzheim“ der Vereinigung „Les Amis de Pforzheim“ im Foyer der Stadtbibliothek. Zahlreiche Besucher waren gekommen, darunter auch Schulklassen.

Zeitzeuge berichtet von damals

Als Zeitzeuge berichtete Helmut Krautmann, wie damals elf Männer aus den Vogesen in der Werkstatt des im Krieg gefallenen Vaters in Ersingen einquartiert worden waren. Tagsüber gingen „die Männer“ bei Bauern oder im Wald zur Arbeit. Auf der Hobelbank in der Werkstatt wurde gemeinsam gegessen.

Hatte die Mutter Ziegenmilch übrig, kochte sie Pudding für alle und an Weihnachten feierten Krautmann, seine fünf Geschwister und die Mutter „gemeinsam mit den Männern“ in der Werkstatt. Die Kinder sangen deutsche Weihnachtslieder, „die Männer“ französische. Etwas Schöneres für die Kinder habe man sich nicht vorstellen können, berichtete Krautmann noch heute gerührt.

Die Verbindungen bestehen noch heute.
Helmut Krautmann , Zeitzeuge

Im April 1945 gingen „die Männer“ wieder nach Hause. 1964 kam eine Reisegruppe von La Bresse nach Pforzheim. Einer von ihnen besuchte Familie Krautmann. So entstand über Jahrzehnte und alle Sprachschwierigkeiten hinweg eine Freundschaft. „Die Verbindungen bestehen noch heute.“ Die Initiative für die Einladung der Stadt Pforzheim an die ehemaligen Zwangsarbeiter von La Bresse kam von Gerhard Brändle, der als Besucher auf eine entsprechende Ausstellungstafel aufmerksam machte.

Doch nicht alle Zwangsarbeiter erlebten solche Gastfreundschaft. Sie litten „unter unmenschlichen Bedingungen“ der Zwangsarbeit, erinnerte Fillbrunn. Als Nachfahren der deportierten Zwangsarbeiter haben „Les Amis de Pforzheim“, mit Christian Claudel an der Spitze, in unzähligen Arbeitsstunden recherchiert, Zeitzeugen befragt und all die gefundenen Informationen als bleibende Dokumention aufbereitet. Ihren „größten Respekt“ zollte Ariane Steglich (Deutsch-Französische Gesellschaft) in ihrem Grußwort den Nachfahren, die Feindschaft, Leid, Hass überwanden, um dem ehemaligen Feind die Hand zu reichen.

Die Ausstellung wurde zum ersten Mal 2020 in La Bresse gezeigt und bereits damals von dem „Friedensengel“, einer Skulptur der estnischen Künstlerin Ilme Kuld, begleitet. Das Stadtarchiv Pforzheim und seine Leiterin, Klara Deecke, unterstützten die Recherchen Claudels und waren auch an der umfangreichen Buch-Dokumentation beteiligt. Deecke zeigte sich überzeugt, dass „die französische Perspektive auf die Gedenkkultur eine große Chance für Pforzheim“ darstellt. Die Ausstellung ist noch bis 25. Februar zu sehen.

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