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Magnetrecycling

Millionenschub für Forschergeist im Nordschwarzwald

Die lange Forschung zu Magnetrecycling geht in Pforzheim in den Praxistest. Mit Geld von EU und Land wird jetzt eine lange Werkbank aufgebaut.

Magnet aus einer Windkraftanlage wird gereinigt
Saubere Sache: Künftig sollen die gereinigten Magnete aus Windkraftanlagen in Pforzheim recycelt und weiter verarbeitet werden. Das Fördergeld für den Praxistest wurde jetzt bewilligt. Foto: Nelson Brito

Die Zukunft des Nordschwarzwalds bekommt einen Millionenschub. Konkret werden 17,5 Millionen Euro ausgeschüttet, damit Magnetforscher in Pforzheim sowie Kunststoffforscher in Horb weiter die Ärmel aufkrempeln, in Freudenstadt Wasserstoff nachhaltig aus Holz entsteht und in Mühlacker Torf aus Biomüll.

Das Geld stammt aus dem RegioWin-Topf, über den das Land in einem wettbewerbsähnlichen Verfahren die sogenannten Efre-Zuwendungen der EU für die Periode 2021 bis 2027 verteilt.

Rein praktisch betrachtet, ist die 60-Prozent-Förderung eine ministerielle Aufgabe mit unterschiedlichen Entscheidern. Konsequenz daraus ist, dass der im RegioWin-Prozess federführende Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald (WFG) an diesem Mittwoch in Stuttgart lediglich den 5,5 Millionen Euro schweren Bescheid für das IZWW – das neue Innovationszentrum Wissenschaft und Wirtschaft Nordschwarzwald – erhalten hat. 4,5 Millionen für Mühlacker wurden bereits 2022 bewilligt, 7,8 für H2Blackforest in Freudenstadt sind angekündigt.

Jochen Protzer stört das nicht. Er und mit ihm all die Menschen, die seit Jahren nach Antworten zu Rohstoffmangel und energetischen Herausforderungen suchen, setzen seit der Beantragung im April 2022 auf das jetzt zur Verfügung stehende Geld. Exakt ein Jahr davor hatten sie gemeinsam drei Leuchttürme aufgebaut, die den Geldgebern in Brüssel (40 Prozent) und Stuttgart (20 Prozent) gefielen.

Jetzt werden wir die Produktionsanlagen aufbauen vom Recycling bis zur Magnetproduktion.
Carlo Burkhardt, Magnetforscher

Die innovative Idee selbst ist dabei nur ein Teilaspekt. Wer Efre-Geld will, muss die wirtschaftliche Bedeutung für die Region nachweisen. Außerdem gilt es, die restlichen 40 Prozent des errechneten Finanzbedarfs bereitzustellen.

Für den nach drei EU-Förderungen in solchen Fragen erfahrenen Professor Carlo Burkhardt und sein Team war das die vielleicht größte Hürde. Sie brauchten zusätzlich 2,5 Millionen Euro, um ihren Anteil von 3,6 Millionen Euro am IZWW-Geld zu sichern und damit die jahrzehntelange Magnetforschung endlich auf die Werkbänke kommt.

Beim mit EU-Geld gebauten Zentrum für Präzisionstechnik (ZPT), wo das neue IZWW seinen Sitz hat, war die geforderte Komplementärförderung noch ein Fall für den Pforzheimer Gemeinderat.

Für die geplanten Transferfabrik zur Sicherung von Seltenen Erden aus Magneten kommt das Geld aus Kanada. Investor MKango gehört neben Burkhardt selbst zu den Gesellschaftern des Unternehmens HyproMag, über das der ganze Prozess läuft.

Neues Standbein für die Präzisionsindustrie

„Jetzt werden wir die Produktionsanlagen aufbauen vom Recycling bis zur Magnetproduktion“, kündigt Burkhardt nach dem Festakt in Stuttgart an. Er selbst hat allerdings eine andere Aufgabe. „Meine Rolle von der Hochschule Pforzheim her ist es, das Ganze wissenschaftlich zu begleiten.“

Wenn es in Pforzheim gelingt, mit eigens gebauten Großanlagen der traditionsreichen Präzisionsindustrie ein neues Standbein zu verschaffen, dann sollen die Erfahrungen auch anderen zur Verfügung stehen.

Recyclingmagnete sind das größte, aber nicht das einzige Leitthema, mit dem das IZWW als außeruniversitäre Forschungseinrichtung startet. Daneben kann in Horb die gleichfalls seit Jahrzehnten laufende Auseinandersetzung mit Kunststoff vorangetrieben werden. Dafür stehen 1,5 Millionen Euro zur Verfügung.

Die restlichen 400.000 von den 5,5 Millionen Euro sind für den Betrieb des IZWW selbst gedacht. Es soll „Impulse zur Steigerung der Innovationsfähigkeit regionaler Akteure liefern“, so schreibt das Landeswirtschaftsministerium zur Übergabe des Förderbescheids. Die Verantwortung dafür liegt bei Jochen Protzer.

Durch das Zentrum wird der Nordschwarzwald als Wirtschaftsstandort gestärkt und sichergestellt.
Felix Herkens, Landtagsabgeordneter Grüne

„Mit dem Innovationszentrum wird ein Projekt gefördert, dass eine entscheidende Rolle dabei spielt, Pforzheim zukunftsfähig zu machen und die Stadt nachhaltig als Forschungs- und Technologiestandort zu stärken“, ordnet Pforzheims Landtagsabgeordneter Hans-Ulrich Rülke den Millionenschub ein. Sein FDP-Kollege Erik Schweickert erkennt darin einen „wichtigen Beitrag hin zur Kreislaufwirtschaft“.

Auch die Grünen-Abgeordnete Stefanie Seemann „begrüßt die Förderung“. Durch „das Zentrum wird der Nordschwarzwald als Wirtschaftsstandort gestärkt und sichergestellt“, urteilt ihr Fraktionskollege Felix Herkens aus Pforzheim.

„Leadpartner“ ist die Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald bei allen drei Leuchttürmen, mit denen sich der Nordschwarzwald bereits bei der Bewerbung mit insgesamt 27 Leuchttürmen „herausragend“ platzierte, wie Protzer sagt. Er muss jetzt „versuchen, über die ganze Förderlaufzeit hinweg bis Juni 2027 den regionalen Zusammenhang zu erhalten“.

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