
Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen neun Bedienstete des Pforzheimer Helios-Klinikums eingeleitet. Hintergrund ist ein Brand in der Zentralen Notaufnahme der Einrichtung am 2. Mai, bei dem ein 58-Jähriger starb. Das gaben Staatsanwaltschaft und Polizei Pforzheim in einer gemeinsamen Erklärung bekannt. Der Tote war ein Patient, der aufgrund starken Alkoholkonsums fixiert war. Diese Fixierung war wohl nicht rechtens.
Demnach bestehe „nach den bisherigen Ermittlungen der Verdacht, dass die Fixierung des Verstorbenen nicht richterlich angeordnet worden und daher rechtswidrig war. Zudem besteht der Verdacht, dass der Verstorbene nicht ununterbrochen überwacht wurde.“
Konkret lautet der Vorwurf: „Verdacht der Freiheitsberaubung im Hinblick auf die erfolgte Fixierung. Inwieweit den Beschuldigten in diesem Zusammenhang gegebenenfalls auch der Tod des Verstorbenen strafrechtlich zuzurechnen ist, ist Gegenstand der laufenden Ermittlungen.“
Fixierung wurde richterlich nicht genehmigt
Die Frage, ob die Fixierung rechtmäßig war, wurde bereits früh nach dem Brand aufgeworfen. Recherchen dieser Redaktion hatten ergeben, dass beim Bereitschaftsrichter des Amtsgerichts Karlsruhe kein entsprechender Antrag eingegangen war. Eine Fixierung, die länger als 30 Minuten dauert, muss allerdings von einem Richter genehmigt werden.
Nach 21 Uhr, so erklärte eine Sprecherin des Amtsgerichts damals, sei kein Richter mehr erreichbar gewesen. Der Brand war um 22.37 Uhr ausgebrochen. Der Karlsruher Anwalt David Schneider-Addae-Mensah hatte in diesem Zusammenhang Anzeige wegen Mordes gegen Unbekannt erstattet, allerdings ohne Mandat.
Ein Karlsruher Richter wäre noch verfügbar gewesen.Henrik Blaßies, Sprecher Staatsanwaltschaft Pforzheim
Staatsanwaltschafts-Sprecher Henrik Blaßies bestätigte auf Nachfrage: „Ein Karlsruher Richter wäre noch verfügbar gewesen.“ Wann es zur Fixierung exakt kam und ob das bedeutet, dass der Patient seit spätestens 21 Uhr fixiert im Bett lag, dazu wollte Blaßies mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen keine Angaben machen. Die neun Mitarbeiter des Helios, gegen die nun ermittelt wird, seien sämtlich mit der Fixierung des Patienten befasst gewesen.
Hat der Patient den Brand selbst gelegt?
Zudem wurden neue Details zum Auslöser des Brandes bekannt. Es bestehe der Verdacht, so Polizei und Staatsanwaltschaft, dass das Feuer vom fixierten Patienten selbst ausgelöst wurde. Wie so etwas möglich ist? „Es wurde ein Feuerzeug gefunden, das dem Verstorbenen gehörte“, erklärt Blaßies auf Nachfrage. Es wäre demnach möglich gewesen, dass er „trotz Fixierung dieses Feuerzeug bedient hat“.
Gerüchte dazu hatten bereits in der Tatnacht die Runde gemacht, bislang waren sie allerdings noch nicht von offizieller Seite bestätigt worden. Eigentlich ist bei Fixierungen eine Wache vorgesehen. Die Ermittler werfen den Helios-Mitarbeitern nun vor, dass es die nicht gegeben habe.
Helios stellt Mitarbeiter frei
Das Helios-Klinikum reagierte mit einer Pressemitteilung und gab an, sich darüber hinaus nicht weiter äußern zu wollen. „Die von den Ermittlungen betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben wir bis auf Weiteres freigestellt“, heißt es in der Mitteilung. Außerdem unterstütze man die Ermittler „uneingeschränkt“. „Wir bitten um Verständnis, dass wir uns aufgrund der laufenden Ermittlungen nicht weiter zu dem tragischen Ereignis äußern können.“
Das Klinikum betonte, dass das eigene Team von einem psychologischen Einsatzkräfte-Nachsorgeteam betreut wurde und dem Verstorbenen unter anderem mit Schweigeminuten gedacht hatte. Einige von ihnen hatten offenbar versucht, unter Einsatz ihres Lebens den Patienten zu retten.