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Zum 500. Todestag

Pforzheim plant Reuchlin-Jahr mit 140 Veranstaltungen

Das Jahr 2022 hat die Stadt Pforzheim zum Reuchlin-Jahr erklärt. Mit rund 140 Veranstaltungen rückt sie ihren größten Sohn, den Humanisten und Juristen Johannes Reuchlin, in den Fokus. Er starb vor 500 Jahren.

Denkmal von Johannes Reuchlin
Der große Sohn der Stadt: Pforzheim gedenkt in diesem Jahr mit rund 140 Veranstaltungen des Humanisten und Juristen Johannes Reuchlin, der vor 500 Jahren starb. Foto: Torsten Ochs

Ein wissenschaftlicher Kongress, ein illuminiertes Reuchlin-Museum, Poetry Slam, Ausstellungen, Vorträge, Schülerprojekte, Stadtführungen in türkischer Sprache und vieles mehr: Mit rund 140 Veranstaltungen will Pforzheim das Reuchlin-Jahr begehen und dabei nicht nur das Bildungsbürgertum ansprechen.

Gemäß dem Motto „Johannes Reuchlin gehört uns allen“ sollen sich breite Bevölkerungsschichten wiederfinden in einem mannigfaltigen Programm, mit dem die Stadt ihres berühmtesten Sohnes gedenkt. Am 30. Juni jährt sich der Todestag des Humanisten zum 500. Mal.

Wegen der Pandemie wird auf eine große Jubelfeier verzichtet, stattdessen sind unter Federführung des Kulturamts zahlreiche kleinere Events geplant.

Rund 80 Partner beteiligen sich am Reuchlin-Jahr

Amtsleiterin Angelika Drescher blättert in einem 150 Seiten starken Programmbuch, in dem rund 80 Kooperationspartner und Förderer aufgelistet sind, und staunt: „Ich bin selbst geplättet über die große Resonanz im Vorfeld.“

Die Veranstaltungen thematisieren, jede auf ihre Weise, Grundideen Reuchlins wie Toleranz und Weltoffenheit. „Wir nehmen den 500. Todestag zum Anlass, um publik zu machen, dass Reuchlin 15 Jahre in Pforzheim gelebt hat.“

Viele kennen nicht einmal seinen Namen, sagt Drescher, noch wissen sie, wofür er steht. Und dass Reuchlins Aussagen heute so aktuell sind wie zu seiner Zeit – wie etwa sein Aufruf zu interreligiösem Dialog und Frieden.

Reuchlin als Friedensbotschafter

Reuchlin als Friedensbotschafter: Er war facetten- wie einflussreich. „Er hat uns eine Botschaft hinterlassen, die wir weiterverbreiten wollen.“ Es gehe um sein Eintreten für Menschenrechte und gegenseitigen Respekt, erklärt Drescher mit Blick auf die Vielfalt in Pforzheim. Und sie formuliert als Ziel über das Jubiläumsjahr hinaus: „Pforzheim soll als Reuchlin-Stadt wahrgenommen werden.“

Pforzheim soll als Reuchlin-Stadt wahrgenommen werden.
Angelika Drescher, Kulturamtsleiterin

Ein erster thematischer Aufschlag Reuchlins war für den 15. Januar terminiert, doch wegen Corona entschloss sich die Stadt, den Neujahrsempfang im Congresscentrum als Bürgerempfang auf den Frühsommer zu verlegen. Strahlkraft verleiht sie dem Humanisten und Philosophen dafür an dessen 567. Geburtstag: Am Abend des 29. Januar wird das Museum Johannes Reuchlin in zauberhaftes Licht getaucht sein, während Gäste auf dem Außengelände mit wärmendem Punsch anstoßen können.

Unklar ist noch die erlaubte Teilnehmerzahl. Daher gibt es laut Drescher Überlegungen, das Format im Sommer zu wiederholen, will man doch dem Anspruch „Reuchlin für alle“ gerecht werden. Den inhaltlichen Auftakt des Jahres setzt, gleichfalls am 29. Januar, mit Aleida Assmann eine der profiliertesten Stimmen der Erinnerungs- und Gedenkkultur in Deutschland. Die Friedenspreisträgerin des deutschen Buchhandels von 2018 wird einen Vortrag halten mit dem Titel „Wahr ist, was uns verbindet.“

Höhepunkte sind der Reuchlin-Kongress und die Preisverleihung in Pforzheim

Höhepunkte sind der Internationale Reuchlin-Kongress von 29. Juni bis 1. Juli und die Verleihung des Reuchlin-Preises am 15. Oktober im Stadttheater an die Islamwissenschaftlerin Katajun Amirpur.

Beim Kongress unter wissenschaftlicher Leitung von Matthias Dall’Asta setzen sich Expertinnen und Experten verschiedener akademischer Disziplinen mit den Ausprägungen und dem Wandel der Reuchlin-Bilder durch die Jahrhunderte auseinander und beleuchten damit laut Veranstaltungsprogramm ein langes Kapitel europäischer Geschichte, „das von Inklusion, Abgrenzung, Identifikation, Katastrophen und Neuaufbrüchen geprägt ist“.

„Reuchlin für Kinder“ und Radrundfahrten in Pforzheim geplant

Neben den wissenschaftlichen Meilensteinen gibt es Ausstellungen wie jene zu Schmuck-, Zeichen- und Druckkunst mit dem Titel „Schöngeschrieben“ im Schmuckmuseum. Eine Schau im Bäuerlichen Museum Eutingen geht der Frage nach, wie Bauern zu Reuchlins Zeit gelebt haben. Schülerinnen und Schüler des Hilda-Gymnasiums haben einen geführten Rundgang entwickelt, Reuchlin-Gymnasiasten haben festgestellt, dass der Namensgeber ihrer Schule die EU liebt.

Kepler-Gymnasium und Stadtjugendring befassen sich jeweils mit Reuchlins Werten. Auch viele niederschwellige Angebote ebnen Wege, sich Reuchlin auf die eine oder andere Weise zu nähern. Etwa ein Poetry Swim im Nagoldfreibad, eine Entdeckungstour mit Workshop für Familien im Museum, ein Podcast „Reuchlin für Kinder“, entwickelt vom Verein Goldader Bildung, oder auch Radrundfahrten, die zu Reuchlins Orten im Ländle wie Stuttgart und Tübingen führen.

Der Bürgerverein Dillweißenstein denkt über einen historischen Umzug nach, der Lions Club Johannes Reuchlin lädt zum Kulturpicknick, geplant ist außerdem eine Multi-Kulti-Genusstour. Für Kinder gibt es Märchen und Geschichten, den „Klang des Humanismus“ können Besucher von Konzerten erspüren. „Es ist für jeden etwas dabei“, fasst Drescher zusammen.

Dabei ist es ihr und einem eigens für das Jubiläum gegründeten Netzwerk wichtig, verschiedene Dimensionen und Themen zu beleuchten, ob es dabei um Reuchlins Sprache, seine Haltung zu Europa oder die von ihm verteidigten Juden geht.

Das Veranstaltungsjahr endet am 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, mit Rückblick und Ausblick.

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