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500. Todestag von Johannes Reuchlin

Kongress in Pforzheim betrachtet Humanist aus verschiedenen Blickwinkeln

Beim Reuchlin-Kongress in Pforzheim mit Vorträgen und Diskussionen rund um den Humanisten Johannes Reuchlin ergaben sich auch für die teilnehmenden Experten spannende neue Nuancen.

Männer vor Aufstellern
Erwartungen erfüllt: Christoph Timm (links) und Matthias Dall’Asta sind zufrieden mit dem Auftakt zum Reuchlin-Kongress in Pforzheim, der diesen Freitag enden wird. Foto: Stefan Friedrich

Seit Mittwochabend steht Pforzheim im Zentrum des wissenschaftlichen Interesses: Der Einladung zum Reuchlin-Kongress, der am heutigen Freitag enden wird, sind zahlreiche namhafte Forscher gefolgt.

Entsprechend fällt die erste Zwischenbilanz am Donnerstagnachmittag positiv aus. „Mein Eindruck ist, dass der Kongress ganz hervorragend begonnen hat“, betont Matthias Dall’Asta, Mitarbeiter der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und der ehemaligen Reuchlinforschungsstelle in Pforzheim, in dessen Händen die wissenschaftliche Leitung des Kongresses liegt.

Zum Auftakt am Mittwochabend sei Christoph Markschies bereits „ganz tief in das Thema Reuchlin eingestiegen und hat die Leute wirklich begeistert“, bestätigt Dall’Asta. „Ich habe da wirklich extrem viele positive Rückmeldungen bekommen.“ Die Vorträge am Donnerstag haben dann nahtlos daran angeknüpft.

Aus Blickwinkeln von Melanchton und Erasmus von Rotterdam erzählt

Reuchlin wurde aus verschiedenen Blickwinkeln etwa von Melanchton oder Erasmus von Rotterdam erzählt. Es sei hochspannend gewesen und bei jedem Vortrag habe es „viele interessierte Fragen aus dem Publikum“ gegeben. Mit Saverio Campanini aus Bologna beispielsweise habe man einen „absoluten Spezialisten für die Kabbala“ zu Gast gehabt, der sich einer „hochschwierigen Materie, die eigentlich kaum jemand überblickt“ gewidmet hatte, nämlich der Reuchlin-Rezeption bei italienischen Nicht-Juden und Juden.

Zugleich habe es von Elias H. Füllenbach eine differenziertere Darstellung der Dominikaner gegeben, „sodass diese Schwarz-Weiß-Malerei so ein bisschen aufgelöst werden konnte“, betont Dall’Asta: Die Dominikaner hätten nicht per se gegen Reuchlin gewettert, es habe da durchaus verschiedene Strömungen gegeben „und einige Dominikaner haben ganz viel Sympathie für Reuchlin gehabt.“

Reuchlin sprach sich gegen die Verbrennung jüdischer Bücher aus

Beim Betrachten der Person Johannes Reuchlin aus den verschiedenen Blickwinkeln heraus haben sich so auch für die Experten spannende Nuancen ergeben. Campanini etwa habe neue Quellen erschlossen, „die ich vorher nicht auf dem Bildschirm hatte“, sagt Dall’Asta. Quellen, die sich mit jüdischen Amuletten mit magischer Funktion befassten, auf denen verschiedene Formen des hebräischen Gottesnamens zu sehen waren. „Das fand ich besonders interessant.“

Insofern sind die Erwartungen auch an den letzten Kongresstag natürlich groß, wenn etwa Ramona Roller über Reuchlins Briefwechsel referiert oder Reimund Leicht die Frage stellt, ob Reuchlin ein Vorbild der wissenschaftlichen Erforschung des Judentums bis heute ist.

Wie aktuell ist die Erinnerung an Reuchlin eigentlich?
Christoph Timm, Reuchlinbeauftragter

Zudem wird sich Stefan Rhein um die Stellung Reuchlins im Dritten Reich kümmern, „ein bisher noch überhaupt nicht beleuchtetes Thema“, betont der Reuchlinbeauftragte Christoph Timm. Reuchlin habe sich dezidiert gegen die Verbrennung jüdischer Bücher gewandt „und das ist ja unter den Nationalsozialisten nachweislich passiert“, auch wenn man vieles davon in der Nachkriegszeit ausgeblendet habe. „Diese Frage wird erst jetzt im Zuge der ganz aktuellen Antisemitismus-Debatte auf diesem Kongress thematisiert.“

Damit werde man in den drei Tagen den „ganz großen Bogen bis in die Gegenwart“ gespannt haben, „und daran anschließend natürlich die Frage: Wie aktuell ist die Erinnerung an Reuchlin eigentlich?“, so Timm.

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