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Vorbild Stuttgart

Pforzheim will das Deutschlandticket für städtische Mitarbeiter gratis – über 360 Stellen offen

Der Stadt Pforzheim fehlen Mitarbeiter. Deshalb möchte sie mit kostenlosen Bus- und Bahntickets als Arbeitgeber werben. Den Haushalt würde das mit 1,675 Millionen Euro belasten.

Alle einsteigen: Bislang bekommen nur Stuttgarter Verwaltungsmitarbeiter ihr Zugticket nach Pforzheim vom Arbeitgeber geschenkt. Nun möchte Pforzheim nachziehen.
Alle einsteigen: Bislang bekommen nur Stuttgarter Verwaltungsmitarbeiter ihr Zugticket nach Pforzheim vom Arbeitgeber geschenkt. Nun möchte Pforzheim nachziehen. Foto: Jens Büttner /dpa

Gratis durch Deutschland fahren? Ab 1. Mai soll das möglich sein. Zumindest für Angestellte der Stadt Pforzheim. Der Enzkreis könnte gewissermaßen gleich auf den Zug mit aufspringen. Jedenfalls diskutieren sowohl Stadt als auch Landratsamt in ihren obersten politischen Gremien entsprechende Zuschüsse zum 49-Euro-Ticket.

„Im Zuge der Ablösung des Job-Ticket-Angebots durch das neue Deutschlandticket sehen wir die Chance, eine deutliche Steigerung der Attraktivität zu erzielen“, schreibt die Stadtverwaltung zu einem Antrag der CDU-Fraktion, um das Ticket für 49 Euro pro Monat den rund 3.000 städtischen Mitarbeitern quasi zu schenken.

Ab 1. Mai soll das Großprojekt der Ampelkoalition in Berlin starten. Dann sollen Besitzer dieses Tickets beispielsweise ohne Aufpreis Verkehrsverbünde wechseln und ohne weitere Kosten etwa mit dem Regionalzug von Pforzheim nach Stuttgart fahren können.

1,675 Millionen Euro soll das Gratis-Deutschlandticket kosten

Bislang jedenfalls bezuschusst die Stadt für ihre Mitarbeiter ein Job-Ticket, und zwar in einem Umfang von insgesamt jährlich 483.600 Euro. Allerdings nur bei denen, die das beantragt haben. Der Plan mit dem Deutschlandticket sieht eine deutliche Kostensteigerung vor. Insgesamt soll der Haushalt um 1,675 Millionen Euro belastet werden.

Beim Job-Ticket zahlen Arbeitgeber einen festgelegten Grundpreis, die Mitarbeiter dann den Rest. Durch das Deutschlandticket wird alles flexibler. „Die Unternehmen entscheiden nun selbst, wie viel sie dazugeben wollen“, erklärt Michael Fink im Landratsamt. Die Debatte um eine 100-Prozent-Übernahme wurde zuletzt von Joachim Wildenmann (Grüne) im Umwelt- und Verkehrsausschuss des Enzkreises befeuert.

Enzkreis möchte 40 Prozent bezuschussen – vorerst

Vorerst plane man aber noch mit einer 40-Prozent-Subventionierung. „Es wird für die Mitarbeiter dann 1,60 Euro günstiger“, sagt Fink. Für das Jobticket müssen sie 31 Euro zahlen, für das Deutschlandticket später 29,40 Euro. Alles andere werde man sehen und hänge nun an Beschlüssen der Politik.

Vor allem beginnt jetzt der Wettbewerb der Kommunen. Stuttgart hatte schon im Januar vorgelegt und seinen Mitarbeitern das Deutschlandticket geschenkt. „Wir wollen mit diesem bärenstarken Angebot in Zeiten des Fachkräftemangels als Arbeitgeber noch attraktiver werden und einen wichtigen Beitrag zum Umstieg auf den öffentlichen Personennahverkehr leisten“, hatte Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) verkündet.

Stadt Pforzheim wirbt mit „gebrandeter Trinkflasche“

Das setzt nun auch Pforzheim und Enzkreis unter Druck, schließlich nutzt man denselben Arbeitsmarkt wie die Landeshauptstadt. Entsprechend schrill liest sich auch die weitere Vorlage im Pforzheimer Rathaus. „Die Stadt Pforzheim unternimmt seit vielen Jahren kontinuierlich Schritte, um die Attraktivität als Arbeitgeberin zu stärken.

Mit diesen Maßnahmen sollen die Identifikation mit der Stadt und die Bindung an die Verwaltung gesteigert werden.“ Es folgt eine Auflistung. Darin enthalten sind Punkte wie Kinderbetreuung, Ausbildung in Teilzeit, Gesundheitstage – aber auch „Brezelrunden mit dem Oberbürgermeister“ und „Überlassung einer wertigen, auf die Stadt Pforzheim gebrandeten Trinkflasche“.

Das hat einen ernsten Hintergrund. Von rund 2.500 Planstellen seien derzeit über 360 unbesetzt, schreibt die Verwaltung weiter. Jede fünfte Ausschreibung verlaufe erfolglos. Nun beginnt also das Werben mit freier Fahrt für freie Angestellte.

Gute Leute sind rar. Deshalb wollen wir das in die Waagschale als Anreiz werfen.
Marianne Engeser, CDU-Stadträtin

„Wir konkurrieren ja nicht nur mit den Kommunen, sondern auch mit der Wirtschaft“, sagt die Pforzheimer CDU-Fraktionsvorsitzende Marianne Engeser. Sie könne sich „gut vorstellen“, dass auch mancher Arbeitgeber in der Privatwirtschaft dem Stuttgarter Beispiel folge. Dass das auch die Goldstadt unter Druck setzt, sei klar. „Gute Leute sind rar. Deshalb wollen wir das in die Waagschale als Anreiz werfen.“

Der Antrag wird am Dienstag im Hauptausschuss behandelt. Zustimmung signalisierten bereits die SPD- und die Bündnisgrünen-Fraktion. Bei anderen wie etwa der Grünen Liste stehen noch interne Beratungen an.

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