
Zielstrebig ist die siebenjährige Delia am Sonntag in der Pforzheim Galerie auf das Bild „Der goldene Schnitt“ zugegangen. Das abstrakte Werk von Abraham David Christian gefiel ihr auf Anhieb. Das wollte sie ausleihen. Insgesamt standen am Sonntag 75 Werke zur Auswahl, die Interessierte anlässlich der Artothek ausleihen konnten.
„Erstaunlich, dass ein Kind in ihrem Alter sich für ein abstraktes Bild begeistern kann“, sagte Kuratorin Regina M. Fischer. Nach Beratung mit Mama Franziska Dorner und Papa Johannes Höpfner entschieden sich Delia und ihre Familie dann doch für ein anderes abstraktes Bild, eines von Manfred Mohr. Der Pforzheimer Pionier computergenerierter Kunst lebt in New York und ist momentan zur Art Cologne im Land, wusste Fischer zu berichten.
Artothek Pforzheim bietet große Auswahl
Von historischen Werken ab dem 19. Jahrhundert bis hin zu zeitgenössischer Kunst – das Angebot der Artothek umspannt eine große Bandbreite. Malerei, Fotografie und Skulpturen. „Da ist für jeden Geschmack etwas dabei“, zeigte sich Fischer, die gemeinsam mit Eleni Engeser (Kulturamt) die Auswahl getroffen hatte, überzeugt. Gleich zu Beginn gab es reges Interesse an der Kunst zum Mitnehmen. Am Ende des Tages hatten 18 Werke Liebhaber gefunden, die den Kunstwerken für das nächste halbe Jahr ein Zuhause geben.
Johanna Kirsch entschied sich für eine Skulptur, Cupido von Emil Dittler. Ein kleiner Liebesgott, der mit seinen nach oben gerichteten, offenen Armen auf Kirschs Bücherregal die Liebeswellen in die Welt strömen lassen soll. „Eine tolle Idee“ sei die Artothek, lobte Kirsch die Aktion.
Angelika Schumann hatte eigentlich Interesse an einer Arbeit von Gerlinde Beck, deren Kunst sie aus dem Landratsamt kennt und die ihr schon immer gefallen habe. Doch dann sah sie die Arbeit aus der Serie „Jazz“ von Dean Glandon, die sie an ihre Klaviertasten erinnerten. So entschied sie sich spontan für das Bild von Glandon, das mit seinen Brauntönen in ihre „braune Ecke“, ganz in der Nähe vom Klavier einen Platz finden werde.
Werk von Fritz Vahle hat richtige Größe für das Homeoffice
Christof Weisenbacher hat sich für eine abstrakte Komposition von Fritz Vahle entschieden. Öl auf Leinwand. „Ich mag abstrakte Kunst im Gegensatz zu gegenständlicher.“ Zudem habe es die richtige Größe für sein Homeoffice, wo er künftig bei der Arbeit auf Kunst schauen kann, erzählte der Stadtrat.
Ein Zufall hat eine Familie als erste Besucher der Artothek in die Pforzheim Galerie geführt hatte. Sie wählten spontan das Bild zur Ausleihe aus, das Engeser auf Instagram veröffentlicht hatte, um auf die Aktion aufmerksam zu machen – doch davon hatte diese Familie zuvor nichts mitbekommen.
Das städtischen Kunstmagazin beherbergt zahlreiche Schätze von Künstlerinnen und Künstlern von regionaler, nationaler und internationaler Bedeutung, die in den Ausstellungen in der Pforzheim Galerie nur bedingt ausgestellt werden können. Mit Aufnahme des künstlerischen Nachlasses des 2021 verstorbenen Künstlers Dean Glandon in den städtischen Bestand wurde der Ruf nach einer Neuauflage der Artothek lauter. Daher entschloss sich das Kulturamt zusammen mit Fischer, Kunstinteressierten wieder die Möglichkeit zu bieten, Werke aus der umfangreichen Kunstsammlung auszuleihen.
20 Werke Dean Glandons und 55 Gemälde, Zeichnungen und kleinformatige Skulpturen sowie Fotoarbeiten aus städtischem Besitz wurden für die Artothek Reloaded 2022 ausgewählt. Sechs Monate dürfen die Kunstwerke raus aus dem Archiv und zu Gast bei Kunstliebhabern sein. Die Leihgebühr beträgt 50 Euro, für Studierende 30 Euro.
Am Sonntag standen Engeser, Klittich und Kulturamtsleiterin Angelika Drescher als Beraterinnen zur Verfügung, gaben Interessierten umfassend Auskunft über die Werke. Insgesamt elf Mitarbeitende waren bei der Beratung, der Vertragsunterzeichnung und beim Verpacken mit dabei.