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Nach zwei Wochen

Pforzheimer Wandgemälde fertig: Künstler erzählt Geschichte der Stadt

Zwei Wochen hat Urban Art-Künstler Guido van Helten ein riesiges Wandgemälde in Pforzheim erstellt. Für das Werk gibt es Begeisterung, aber auch auch Kritik.

Große Beachtung und Bewunderung erntet das Mural von Guido van Helten an der Kreuzung Dietlinger-/Kelterstraße
Zwei Wochen lang bearbeitete Künstler Giudo van Helten diese Hauswand an der Kreuzung Dietlinger-/Kelterstraße im Arlinger. Die Menschen auf seinem Mural stehen für Gegenwart und Zukunft und teilen doch eine Erfahrung. Beide haben ihre Heimat durch Kriege verloren. Foto: Birgit Metzbaur

Es ist geschafft. Das Mural an der Kreuzung Dietlinger-/Kelterstraße ist fertig. Es findet große Beachtung und wird vielfach bewundert: Aus dem Auto heraus geht der Blick die Hauswand hoch. Passanten bleiben stehen, zücken die Handy-Kamera. Zuvor war der international aktive Urban Art-Künstler Guido van Helten zwei Wochen lang im Hubsteiger bei der Arbeit an der Wand zu sehen.

„Schön, dass Pforzheim hier zeigen kann, wie aufregend Pforzheim sein kann“, freut sich die künstlerische Leiterin des Projektes „Pforzheimer Fassaden“, Regina M. Fischer, über das Ergebnis. Sie weiß von zwei Männern und einer Frau aus der lokalen Sprayerszene, die auf dem Bahnsteig auf einer Hängematte die Entstehung des Murals verfolgten. Anfangs noch kritisch, warum die Wand nicht lokalen Künstlern zur Verfügung gestellt wurde, aber nachdem das erste Porträt zu sehen war, voll Bewunderung für van Helten.

Van Helten ist in Seele von Pforzheim eingetaucht

Fischer ist stolz, dass der international anerkannte van Helten nach Deutschland und zuerst nach Pforzheim kam. Bei seinem ersten Besuch im Februar ist er tief in die Seele der Stadt eingetaucht, war auf alles neugierig: Geschichte, Industrie, regionale Lage, Menschen und Architektur. Relativ schnell fand er für sich heraus, dass es zwei Dinge sind, die das heutige Pforzheim prägen: die Zerstörung 1945 und die multikulturelle, von 163 Nationen geprägte Stadtgesellschaft.

Das wurden die Hauptthemen seines Murals. Es ist geprägt von zwei Porträts, die an seine Begegnungen im Februar erinnern: Eine alte Dame in Schwarz-Weiß, die den dunklen Krieg erlebt hat. Andeutungsweise sind Ruinen zu erkennen. Gegenüber der junge Mann mit Migrationshintergrund, für Gegenwart und Zukunft stehend.

Beide teilen die Erfahrung, dass sie ihre Heimatstadt durch Kriegszerstörungen verloren haben. Der Schatten eines Kranes symbolisiert den Wiederaufbau. Dazwischen das goldene Licht, das dem Künstler im Februar in der Stadt begegnete – auch als Anspielung an die Goldstadt interpretierbar.

Zwischen Begeisterung und Kritik

„Eine schöne Idee. Sieht gut aus und macht die Umgebung schöner“, sagt Alexander, der an der S-Bahn Haltestelle sitzt und von dort oben direkt auf das Mural blickt. Eine der wenigen kritischen Stimmen beim Befragen dieser Redaktion von Passanten, kommt von Dana Ileskowat. Das Mural gefällt ihr nicht: „Zu dunkel. Lieber was Natürliches“, hätte sie sich gewünscht.

Julia Adarowa dagegen ist begeistert. Sie wohnt im Arlinger, hat gesehen, wie der Künstler arbeitete und ist überrascht, was daraus entstand: „Licht und Himmel. Eine alte Frau und ein junger Mann“. Die Farben blau und gelb erinnern sie an die Ukraine. Ohne große Worte, mit einem Luftkuss drückt Simon aus Pforzheim seine Begeisterung über das Mural aus: „Perfekt.“

Seinen „Respekt vor dem Künstler“ bezeugt Hossein Jrade. Er wohnt im Arlinger und kommt jeden Tag an der Fassade vorbei. Der abgebildete Mann sehe seinem Bruder ähnlich; zum Beweis zeigt er eine Fotografie. Auf Facebook lese er jedoch auch kritische Stimmen, die lieber „mehr Natur, mehr Strand“ als Bildmotiv gesehen hätten.

„Eine Augenweide. Wunderschön“, schwärmt Branislav Klaric. Er wisse nicht, was es bedeute, freue sich aber über die bemalte Hauswand: eine „prima Idee, die Farbe in die Stadt bringt“. Ganz hingerissen ist Katy Penka, die das Mural fotografiert. „Gigantisch. Sehr beeindruckend.“ Sie kam die vergangenen Tage auf ihrem Einkaufsweg von Büchenbronn häufiger hier vorbei und verfolgte die Entstehung.

„So was gibt es sonst nur in der Großstadt“, kommentierte der 19 Jahre alte Lucien auf dem Fahrrad an der roten Fußgängerampel wartend, mit Blick auf die Hauswand. „Sieht schön aus“, schiebt er nach. Auch die 14-jährige Ilayden Dogan ist positiv beeindruckt: „Ist kreativ, mal was anderes.“

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