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Brillante Geschäfte mit Luxus

Pforzheimer Schmuckhersteller treffen sich auf der Messe Inhorgenta in München

Gute Stimmung auf der deutschen Leitmesse für Uhren und Schmuck in München. Im hochwertigen Bereich werden gerade wegen Krieg und Inflation gut Umsätze gemacht. Daran kann auch das Embargo gegen Russland nichts ändern, dass den für Weißgold wichtigen Nachschub an Palladium fast halbiert und den Diamantenmarkt um ein Drittel schrumpft.

Andreas Mössner, Stand Schließenproduzent Jörg Heinz aus Neulingen , Inhorgenta München 2022
Flexible Aussichten: Andrea Mössner präsentiert bei Jörg Heinz Armbänder und Ketten, bei denen die schlichte Schließe den Alltag vergoldet und die opulente den großen Auftritt. Foto: Edith Kopf

Die goldene Gliederkette fürs Leben ist begehrt wie selten. Auch Brautpaare fordern Juwelieren zwischen Flensburg und Berchtesgaden einiges ab. Dies spiegelt die Schmuck- und Uhrenmesse Inhorgenta in München in doppelter Weise.

Zum einen strömt die Fachwelt auf den am Freitag eröffneten wichtigen Marktplatz für die Pforzheimer Traditionsindustrie. Gleichzeitig gibt es bei den Ausstellern manche Lücke, die wenig mit Corona, aber viel mit Inflation und Kriegsgefahren zu tun hat.

Wenn die Welt in Unordnung ist und der Goldpreis steigt, lässt das Geschäft im hochwertigen Schmuck- und Uhrenbereich kaum Wünsche offen.
Guido Grohmann, Bundesverband Schmuck und Uhren

„Wenn die Welt in Unordnung ist und der Goldpreis steigt, lässt das Geschäft im hochwertigen Schmuck- und Uhrenbereich kaum Wünsche offen.“

Diese Einschätzung von Guido Grohmann, Hauptgeschäftsführer des Bundesverband Schmuck und Uhren in Pforzheim (BV), bestätigt die Auftragslage beim Gros der rund 60 Nordschwarzwald-Betriebe unter den 740 Ausstellern aus 34 Ländern in München. Das sind rund 300 weniger als vor Corona.

Der scheidende Messechef Klaus Dittrich nennt das eine „sehr stattliche Zahl“ gemessen am ungewöhnlich späten Termin. Die Inhorgenta ist normalerweise Ende Februar. Jetzt, im April, „sind viele Kundentermine schon gelaufen“, erzählt Andrea Mössner. Bei ihr am Stand des Schließen-Produzenten Jörg Heinz finden Juweliere ganz neu flexible Goldbänder mit brillantbesetzten Wechselschließen.

Sorgen, dass die neuen Kreationen mit Preisen im vierstelligen Bereich keine Abnehmer finden, macht sich Mössner nicht. Auch Karin Menrath-Maier wirkt zuversichtlich. Die möglichen internationalen Verwerfungen hat sie natürlich im Blick. Aber was das für die neuen „Love Icons“ bedeutet – einer Trias aus im Tragekomfort perfekt aufeinander abgestimmten Antrags-, Trau- und Memoire-Ringen, mit denen ihre Firma Leo Wittwer Premiere feiert – lasse sich schwer einschätzen.

450 Juweliergschäfte weniger als 2019 in Deutschland

Die Nachfrage im Luxusbereich ist derartig überbordend, dass Firmen wegen Überlastung auf eine Teilnahme an der Messe verzichten. Gäbe es nicht den Ukraine-Krieg und die Energiekrise mit wohl weltweiten Verwerfungen, wie der BV erwartet, müsste der im vergangenen Jahr um drei Prozent auf 4,4 Milliarden Euro gestiegene Umsatz, den der Handelsverband der Juweliere zum Messeauftakt präsentiert, 2022 deutlich übertroffen werden.

Präsident Stephan Friedrich nennt es einen Achtungserfolg. „Die Online-Umsätze sind durch Corona zwar massiv gestiegen, kompensieren aber nicht die Ausfälle im stationären Handel.“

Eine Folge der fehlenden Frequenz in den Innenstädten und der ausbleibenden Kundschaft aus Asien, USA und dem arabischen Raum ist laut Lindner, dass es gegenüber 2019 rund 450 Juweliergeschäfte weniger gibt.

Zurückhaltende Eleganz gefragt

Stilistisch betrachtet sind es die Klassiker, ohne Wertverlust vererbbare zeitlose Preziosen, in die die von Wertverlust bedrohten Geldschätze investiert werden.

Rund 70 Prozent der derzeit gefragten zurückhaltenden Eleganz deutscher Prägung wird im Nordschwarzwald rund um Pforzheim produziert. Neben den rund 400 Firmen aus Deutschland sind Italien und Frankreich Schwerpunktländer bei der Inhorgenta.

Ob Uhren oder Schmuck, die hohe Nachfrage sorgte 2021 bei etwa zwei Dritteln der größtenteils kleinen Unternehmen für stabile und steigende Umsätze. Fast alle gingen mit hohen Erwartungen ins neue Jahr. Der BV fragte seine Mitglieder allerdings vor dem russischen Überfall auf die Ukraine.

Palladium-Engpass macht Weißgold noch teurer

Für Weißgold-Liebhaberinnen und –Liebhaber zeigt sich bald auf der Rechnung, was das bedeutet. Aus Russland kommen bislang 45 Prozent der weltweiten Palladium-Produktion.

Das Edelmetall, das vor Erfindung der Auto-Katalysatoren kaum eine Rolle spielte, ist für die Herstellung von Weißgold unerlässlich, wenn nicht Nickel eingesetzt wird, und stellt den Goldpreis längst in den Schatten. Kostspieliger als bislang dürfte auch der nach wie vor beliebte Verlobungsring mit Diamant werden. Denn auch hier fehlen 25 bis 30 Prozent der Weltproduktion aus Putins Imperium.

Existenzbedrohliche Auswirkungen für die Branche durch erhöhte Rüstungsausgaben, Inflation, zusätzliche Staatsverschuldung und hohe Energiekosten erwartet der Bundesverband Schmuck und Uhren nicht. „Es gilt aber wachsam zu bleiben und die weltwirtschaftliche Lage ständig neu zu bewerten“, warnt Präsident Uwe Staib.

Er spricht vom internationalen Geschäft. Deutschland hat im vergangenen Jahr Uhren im Wert von 1,52 Milliarden Euro (plus 15,6 Prozent) exportiert. Beim Schmuck stieg der internationale Umsatz um 19,1 Prozent auf 2,40 Milliarden Euro.

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