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Sondersitzung in Pforzheim

Das Emma-Jaeger-Bad an der Enz ist Geschichte

Es gibt ein neues Kapitel zur jahrelangen Bäderdebatte in Pforzheim. Der Gemeinderat beschließt mit knapper Mehrheit eine Kombination aus Hallen- und Freibad auf dem Wartberg. Über den Wert des Innenstadtgrundstücks wird schon spekuliert

Abstimmung am 17.01.2023 zum Neubau eines Hallenbad beim Wartberg-Freibad. Damit ist der Bäderbeschluss von Januar 2020 mit ein dem Neubau des Emma-Jaeger-Bad am Innenstadtstandort bei der Enz abgeräumt
Grün-rotes Badewasser: Mit den Stimmen der SPD und von WiP hatten CDU, Grüne Liste und Bündnisgrüne die Mehrheit für ihren Antrag. Foto: Edith Kopf

Pforzheims neues Hallenbad kommt neben das Wartberg-Freibad. Dies ist das Ergebnis einer zweistündigen Sondersitzung, an deren Ende der Gemeinderat geradezu nüchtern den sogenannten Bäderkompromiss von vor drei Jahren revidiert.

Die SPD verhilft dem Antrag von CDU, Grüne Liste und Bündnis 90/Die Grünen zum Erfolg. Aber Pforzheim bekommt mehr als das.

Die drei Stimmen und damit das Ergebnis von 21 zu 19 Stimmen sind mit dem SPD-Antrag verknüpft, dass ein Hallenbad mit Sauna und Rutsche gebaut wird. Ebenfalls dazu beigetragen hat WiP/Die Linke.

Letzte Chance zu einem Bad, das alle Anforderungen erfüllen kann.
Jacqueline Roos, SPD-Fraktionschefin

Der echte Preis für den Schwenk aus der Innenstadt auf die Höhen des Wartbergs wird zwar nachgefragt, ist aber nicht Gegenstand der Abstimmung. Wäre es nach der Stadtverwaltung gegangen, hätte die SPD ihren Antrag gar nicht zur Abstimmung gebracht.

Aber da, so ist nach der Rede von Fraktionschefin Jacqueline Roos klar, hängt ein Junktim dran. Sie will „die einmalige Gelegenheit und wahrscheinlich letzte Chance zu einem Bad, das alle Anforderungen erfüllen kann“ nutzen. Die bloße Umsetzung einer Schwimmhalle ohne familiengerechte Angebote ist da keine Option.

Es gibt also viel zu diskutieren in der Pause zwischen den Ausschussberatungen mit den Sachvorträgen und der eigentlichen Gemeinderatssitzung. Aus Sicht von CDU und den beiden Grün-Fraktionen gilt es, die sich abzeichnende Mehrheit zu retten, ohne in eine Ausgabenfalle zu tappen.

Anhaltspunkt für die Lösung, die bislang nur über nach und nach zu verwirklichende modulare Ergänzungen angedacht waren, sind die Pläne, die das Büro Kannewischer bereits vorgelegt hat.

Jeder, der zum sparsamen Umgang mit Steuergeld mahnt, muss jetzt die Hand heben.
Marianne Engeser, CDU-Fraktionschefin

Die Bäderspezialisten aus Baden-Baden haben auch über den Antrag hinaus manchen Auftritt bei der applausstarken Sitzung. Gegner und Befürworter des Schwenks von der Enz zum Kombibad auf dem Wartberg kommen ein ums andere Mal auf deren Darlegungen zurück.

Transparente bei der Sondersitzung des Pforzheim Gemeinderats mit Antrag für ein Hallenbad auf dem Wartberg am 17.01.2023.
Bunte Debatte: Gegner und Befürworter der Wartberg-Entscheidung hatten Claqueure auf den Zuschauerrängen sitzen. Foto: Edith Kopf

So macht Marianne Engeser als Obfrau der CDU auf die Bedeutung des Vortrags am 19. Oktober für den Antrag aufmerksam. Sie stellt durch gemeinsamen Betrieb von Hallen- und Freibad jährliche Einsparungen von 900.000 Euro in Aussicht und ruft den Gegnern zu: „Jeder, der zum sparsamen Umgang mit Steuergeld mahnt, muss jetzt die Hand heben.“

Auch die Differenz zu Oberbürgermeister Peter Boch (CDU), der erneut für einen Neubau des Emma-Jaeger-Bads stimmt, spricht Engeser an. „Wenn jetzt der Hebel in Richtung Ganzjahresbad herumgerissen wird, ist das kein Politikum, sondern sachlich begründet.“

Vermächtnis von Emma Jaeger juristisch nicht aufgearbeitet.
Michael Schwarz, FW-Fraktionschef

„Wer hat es denn in der Vergangenheit so weit kommen lassen“, macht sich die Fraktionsvorsitzende der AfD, Diana Zimmer, eine Argumentation zu eigen, die auch durch die Rede von Einzelstadtrat Reinhard Klein (Bürgerliste) geistert.

Beide begründen den Mangel an Wasserflächen mit Versäumnissen und betonen, dass sie an einmal getroffenen Beschlüssen wohlbegründet festhalten. Andreas Kubisch das Nein der Bürgerbewegung zum Wartberg-Standort mit „Umfragen in der Bevölkerung“, die er gemacht habe, begründet und verweist darauf, dass die Emma-Lage für „private“ Wohnbauzwecke genutzt werde, wenn das Hallenbad weg ist.

Haupteingang zum Emma-Jaeger-Bad Pforzheim auf der Nordsseite
Abbruch und aus: Das Emma-Jaeger-Bad wird ganz verschwinden in der Innenstadt. Dies beschloss der Gemeinderat mit knapper Mehrheit auf Antrag von CDU, Grüne Liste und Bündnis 90/Die Grünen. Foto: Edith Kopf

Michael Schwarz, der für die Freien Wähler den angestammten Ort des Hallenbad verteidigt, steht diese Option eher nicht offen. Der langjährige Stadtrat nennt die zentrale Lage „sozial, ökonomisch und ökologisch nachhaltig“.

Die von der CDU behauptete Ersparnis sei „nicht belegt“, an Zusatzkosten für Busse führe aber kein Weg vorbei, wenn das Bad auf den Wartberg komme und wo eine sehr teure Gründung zu erwarten sei. Hinzu komme, dass das Vermächtnis der Emma Jaeger – also der Stiftungszweck – juristisch nicht aufgearbeitet sei.

Alles, was zu Kosten und Zeitachse gesagt wird, sind Spekulationen.
Hans-Ulrich Rülke, FDP-Fraktionschef

„Es gab nie eine Mehrheit für das Kombibad, sonst würde es schon stehen“, macht auch Hans-Ulrich Rülke klar, dass sich an der Haltung der FDP nichts geändert hat. „Alles, was zu Kosten und Zeitachse gesagt wird, sind Spekulationen.“ Er sehe keine grundlegenden neuen Erkenntnisse, sondern nur den Ratschlag eines Gutachters.

Wartberg-Befürworter Axel Baumbusch nennt es „Erkenntnisse einer Beratungsfirma“, die dazu beigetragen haben, dass die Grüne Liste den zur Debatte stehenden Antrag unterstützt. Das Gutachten sei von der Stadtverwaltung in Auftrag gegeben worden. „Wenn der OB dessen Ergebnisse negiert, ist dies entweder Steuerverschwendung oder er ist Beratungsresistent“, nutzt Baumbusch die Gelegenheit für eine Spitze gegen Boch.

Pforzheims Jugendgemeinderat atmet auf

Zwei bereits bestehende Buslinien sowie die Option weiterer Entwicklungen zum Beispiel über die Ansiedlung des Wohnmobilstellplatzes auf dem Wartberg führt Stefanie Barmeyer für das vorgeschlagene Kombibad an. Das von den Gegnern immer wieder bemühte Zeitargument räumt sie mit einem Verweis auf die beim Emma-Standort noch anstehenden archäologischen Untersuchungen gewissermaßen ab.

„Wenn der Gemeinderat jetzt nicht zustimmt, dann wird Pforzheim nie mehr ein Bad bekommen, das einen gewissen Freizeitwert hat“, sagt Jugendgemeinderat Leon Meyer in seinem insgesamt flammenden Plädoyer für den Gruppenantrag und damit den Wartberg. Der Jugendgemeinderat habe immer wenig von dem Beschluss von 2020 gehalten.

Wenige Minuten später ist er weg. Applaus gibt es keinen mehr für die Entscheidung. Befürworter und Gegner verlassen die mehr als gefüllten Zuschauerränge nahezu kommentarlos.

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