Einer der Entwürfe soll zur Richtschnur werden für die Entwicklung eines neuen Stadtteils zwischen Königsbacher Landstraße, Autobahn und Gewerbegebiet Wilferdinger Höhe. Endgültig festgezurrt sei mit dieser Entscheidung allerdings noch nichts. „Der Prozess zur Entwicklung des Stadtteils ist ein lernendes System“, sagt Baubürgermeisterin Sibylle Schüssler gut 140 Zuhörern am Mittwochabend. Danach haben die Architekten das Wort.
Zur Diskussion für den Pforzheimer Norden stehen „Patchwork statt Flickenteppich“ von Bläser Jansen Partner (BJP). Das Büro Koschuch bettet die vorhandene Streusiedlung in einen Wohn-Wald.
Deren Stadtplanungskollegen von Mess setzen auf die Mischung Stadt-Land und fügen dem eine offene Entwicklungsfläche zu, die bis 2040 entstehen könne. Möglich wäre auch eine „kapillare“ Wachstumsstrategie nach einem Konzept von Snohetta.
Videos werden noch bis 21. Februar gezeigt
Allein die Erkundung dessen, was die vier Architekturbüros ihren Entwürfen zugrunde legen, bietet reichlich Denkstoff zum Thema „Wohnen im Norden“. Die Überlegungen zu Ausgangssituation, Klimaschutz, Verkehr, Energieversorgung und gesellschaftlichen Erfordernissen können noch bis 21. Februar unter www.pforzheim-norden.de nachvollzogen werden. Dort sind die vier 15-minütigen Präsentationen eingestellt und zur Bewertung freigegeben.
„Der Dialog soll nie abreißen“, erläutert Schüssler das Verfahren bei der Livepräsentation in der „Dialogbar“. Für den „auf Konsens ausgerichteten“ Fortgang ist Kristina Oldenburg zuständig, wie sie selbst wissen lässt. Die Chefin der Agentur Kokonsult begleitete bereits die sogenannte „Wohnbar“ im Dezember 2019, wo es um das grundlegende Initiativprogramm Wohnen in Pforzheim ging.
Platz für 1.000 Wohnungen
Dass die „einzige zur Verfügung stehende Fläche für viele 1.000 Wohnungen“ im Norden der Stadt liegt, macht Hendrik Jansen von BJP deutlich, bevor er ein gemischtes Quartier für vielfältige Lebensstile und sich verändernde Bedürfnisse vorstellt. Das Dortmunder Büro setzt aufs sechs Einheiten mit je einem Zentrum.
Bindeglieder für einen fließenden Übergang von einer städtischen Atmosphäre im Süden zu einer dörflichen im Norden sind eine grüne Mitte, ein grünes Wegenetz über das bestehende hinaus sowie eine Quartiersbuslinie. Auch ein neuer Bahnhof scheint auf. Das setzt allerdings voraus, dass es genügend Bewohner gibt, macht der Leiter des Stadtplanungsamts, Michael Wolf, deutlich.
Campus gegen den Lärm der Autobahn
Den maximalen Gegenentwurf zum nördlichen Dorf mit angrenzendem Gemüseanbau präsentieren Koschuch und Partner aus Amsterdam. Sie setzen eine „Alternative zum konventionellen Wohnungsbau“ inmitten eines wiederbelebten Stückchens Schwarzwald. Als „städtischer Katalysator“ soll entlang der Autobahn ein Campuskomplex entstehen. Mit diesem Impuls verbinden die Niederländer Arbeitsleben und Lärmschutz für das Areal.
Darüber hinaus sehen sie auf den 120 Hektar eine von der Gemeinschaft getriebene Entwicklung. Diese soll entlang der natürlichen Topografie, der Wasserwege und vorhandenen Straßen- und Grundstücksverläufe ein organisches Wachstum bringen für das aktuell „schlecht angebundene“ Gelände, das derzeit „39 Trampoline, aber keinen Spielplatz hat“.
Fünf Flächenschwerpunkte
Auf Vorhandenes setzt auch das Büro Mess aus Kaiserslautern. Es zieht allerdings andere Schlüsse daraus als die Kollegen für das „Highlight in Pforzheim“. Der gebürtige Birkenfelder Henning Stepper erläutert eine „differenzierte Weiterentwicklung des Bestands“. Herzstück bei fünf Flächenschwerpunkten ist ein Experimentierfeld „X“.
Städtisch sieht Mess die weitere Bebauung an der Königsbacher Landstraße sowie am Übergang zur Bundesstraße 10. Zwischen dieser südlichen Gestaltung läge die bestehende Siedlung. Nach Norden hin schlösse sich über die Experimentierfläche hinweg eine Entwicklung in Richtung ländliche Struktur an. Als kurzfristig realisierbare Impulse für den „Stadtteil, der aus dem Geist des Ortes wächst“ schlagen die Stadtplaner zum Beispiel einen Markt vor. Die städtischen Wohnzonen würden am Stück gebaut, alles andere entstünde nach und nach.
Ein „Mosaikbild aus Hunderten kleiner Grundstücke“ strebt das Innsbrucker Büro Snohetta für den neuen Stadtteil an. Diese Stadtplaner setzen auf einen fließenden Prozess über grüne Erschließungsadern. Dazu gehören „kleine Setzungen zur Stärkung der Aufenthaltsqualität“, erläutert Martin Zisterer und zeigt beispielhaft kleine grüne Freiflächen mit Sitzgelegenheiten an den bestehenden Wegen.
Als Keime für die Standortdefinition seien Veranstaltungsräume, eine Markthalle und andere pavillonartig über das Gebiet verteilte Anziehungspunkte vorgesehen. Wichtig für Frequenz und damit Leben im Quartier seien auch Arbeitsplätze. Auch die Landschaft sei ein wesentlicher Teil bei dieser flexibel angelegten Weiterentwicklung der Stadt.