Während der Wind in leichten Böen über den kleinen Parkplatz vor dem Haupteingang des Pforzheimer Helios-Klinikums weht, haben sich dort zahlreiche Menschen zu einer Kundgebung eingefunden. Die meisten stehen unter dem Vordach oder unter den eigens für diesen Anlass aufgebauten Zelten, um vom Regen nicht vollkommen durchnässt zu werden.
Alle sind Beschäftigte des Klinikums, alle haben am Mittwoch für ein paar Stunden die Arbeit niedergelegt, um für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Eine Aktion, für die die Klinik in der aktuellen Situation kein Verständnis zeigt. Die Gewerkschaft Verdi hatte zu dem Streik aufgerufen, an dem laut Gewerkschaftssekretär Michael Janus rund 100 Menschen teilgenommen haben.
„Es organisieren sich viele“, sagt Janus und erklärt, die Gewerkschaftsbewegung werde am Helios in Pforzheim immer größer. Verdi will für die rund 1.200 Beschäftigten im nicht-ärztlichen Dienst unter anderem 11,75 Prozent, aber mindestens 300 Euro mehr Lohn und für Auszubildende mindestens 130 Euro mehr im Monat.
Alles wird teurer, die Inflation galoppiert.Michael Janus, Gewerkschaftssekretär
„Alles wird teurer, die Inflation galoppiert“, sagt Janus und erklärt, mit dem Festbetrag von 300 Euro würde man gerade die unteren und mittleren Einkommen überproportional anheben. Auch den Auszubildenden ein gutes Gehalt zu bieten, müsste aus seiner Sicht auch im Interesse der Klinik sein, die sich damit einen Wettbewerbsvorteil um die Fachkräfte von morgen sichern könne.
Darüber hinaus fordert die Gewerkschaft für den zum Jahresende ausgelaufenen Manteltarifvertrag Erhöhungen von Zeitzuschlägen in der Nacht, an Samstagen, an Sonn- und Feiertagen sowie freie Tage als Belastungsausgleich für Schicht- und Wechselschichtarbeit. Forderungen, für die die Beschäftigten Anfang Dezember schon einmal gestreikt hatten, um Druck aufzubauen. Druck, der laut Janus notwendig ist. Auch vor dem Hintergrund, dass die nächste Verhandlungsrunde erst Ende Januar stattfindet.
Nicht der Streik gefährdet das Patientenwohl, sondern der Normalbetrieb.Michael Janus, Gewerkschaftssekretär
Der Gewerkschaftssekretär betont, trotz des Streiks sei die Notfallversorgung immer gewährleistet. Wobei der Notdienst an der Helios-Klinik in Pforzheim aktuell ohnehin dem Normalbetrieb entspreche. „Nicht der Streik gefährdet das Patientenwohl, sondern der Normalbetrieb“, sagt Janus, der nicht der Einzige ist, der mit der Klinik hart ins Gericht geht.
Verhandlungsführerin Yvonne Baumann kritisiert vor allem die Arbeitsbedingungen und sagt: „Geld allein hilft uns an der Stelle nicht.“ Das Helios in Pforzheim lasse jedes Bett „am Limit laufen“, ob genügend Personal da sei oder nicht.
Viele Beschäftigte hätten gehofft, dass nach Corona nun eine Verschnaufpause komme. Doch das sei nicht der Fall, so Baumann. „Viele sehen keine Perspektive mehr in ihrem Beruf.“ Baumann berichtet von schleppenden Verhandlungen mit dem Arbeitgeber und zeigt sich „nicht ganz so optimistisch“, dass Ende Januar eine Einigung erzielt wird.
Beim Helios-Klinikum zeigt man auf Anfrage dieser Redaktion kein Verständnis für den erneuten Streik. Dieser habe dazu geführt, dass die volle Schichtbesetzung gefehlt habe. Deshalb sei man gezwungen gewesen, die „für heute geplanten elektiven Eingriffe oder ambulanten Untersuchungen zu verschieben“, schreibt die Klinik in einer am Mittwochabend verschickten Mitteilung und erklärt, in Absprache mit den Patienten werde ein möglichst zeitnaher Nachholtermin vereinbart.
Helios verweist auf „angepasstes attraktives Gesamtangebot“
Durch eine mit Verdi geschlossene Notdienstvereinbarung seien allerdings erforderliche Eingriffe wie Notoperationen und die adäquate Behandlung von Notfallpatienten möglich gewesen. In der bislang letzten Verhandlungsrunde hat Helios aus seiner Sicht „ein angepasstes attraktives Gesamtangebot vorgelegt“, das in „sehr vielen Punkten die Forderungen der Gewerkschaft erfüllt und auch wirtschaftlich für den Standort Pforzheim realisierungsfähig ist“.
Für den nächsten Verhandlungstag erwarte man ein Entgegenkommen der Tarifkommission, um „gemeinsam einen tragfähigen Kompromiss zu erzielen“. Helios betont in seinem Statement, dass die Verhandlungstermine für 31. Januar und 15. Februar schon zu Beginn der Verhandlungen im November „mit einer Vielzahl an beidseitig beteiligten Kommissionsmitgliedern“ koordiniert worden seien.