Geduldig stehen die Menschen vor Frank Dauderts „Enzauen-Stuben“ auf dem Pforzheimer Oechsle-Fest. Seit 2015 gibt es für die Besucher der Suppenküche und der Vesperkirche jedes Jahr eine anonyme Einladung zum Essen auf dem Weinfest.
Der Direktor der Caritas Pforzheim, Frank Johannes Lemke, weiß, um wen es sich handelt, aber er verrät nichts, nur soviel: „Es ist eine Persönlichkeit, die in ihrem Leben Glück gehabt hat und nun davon etwas abgeben möchte.“
Der Gönner lädt nicht nur zum Oechsle-Fest ein, auch bei der Pforzhemer Mess und auf dem Pforzheimer Weihnachtsmarkt finden solche Essen statt. Längst können nicht mehr alle eingeladen werden, denn die Zahl der Besucher der Suppenküche und der Vesperkirche steigt stetig.
Die Suppenküche startete 2005 mit 20 Personen und jedes Jahr werden es mehr.Frank Johannes Lemke
Caritasdirektor
„Die Suppenküche startete 2005 mit 20 Personen und jedes Jahr werden es mehr“, sagt Lemke. Dienstags, donnerstags und samstags sind in der Kiehnlestraße 10 derzeit bis zu 120 Personen zu verköstigen, das geht nur im Schichtbetrieb und dank engagierter Freiwilliger, wie Silke Leicht aus dem Helferteam um Annelies Gensler.
Essen auf dem Pforzheimer Oechsle-Fest: Gutscheine an 100 Menschen verteilt
Bei der Vesperkirche ist sie seit vielen Jahren aktiv, seit März dieses Jahres nun auch in der Suppenküche. Am Donnerstag gab sie zu Beginn der Essenseinladung Gutscheine an 100 Menschen aus. Serviert wurden Spießbraten mit Rotkohl und Knödel und dazu zwei Freigetränke.
Obwohl seit dem Beginn des Ukrainekriegs viele Menschen auch nach Pforzheim flüchteten, sind nur wenige Ukrainer in der Besuchergruppe. Aber Caritasdirektor Lemke hat Sorgen: Pforzheim habe die höchsten Arbeitslosenzahlen und viele Empfänger des Bürgergelds, und die Zukunft werde noch schwerer.
Die Suppenküche und die Vesperkirche in Pforzheim benötigen jährlich rund 200.000 Euro
Die Suppenküche und die Vesperkirche werden ohne staatliche Hilfe, ausschließlich durch Spenden getragen. „Wir brauchen jährlich 200.000 Euro“, sagt der Caritasdirektor. Lemke ist froh, dass bisher die Summe immer wieder aufgebracht werden konnte, aber er warnt: „Wir leben von Jahr zu Jahr.“
Lemke hofft, dass auch in Zukunft viele Pforzheimer für Pforzheimer spenden und versichert, alles Geld fließe direkt in das Projekt. Möglich ist dies durch die vielen freiwilligen Helfer.
Doch von diesen Sorgen bekommen die Gäste der Suppenküche an diesem Tag nichts mit. Vergnügt plaudernd genießen sie bei Sonnenschein die Auszeit. Den Aushang in der Suppenküche, den Lemke als Information für die Aktion aushängen ließ, haben nur wenige gelesen.
Anonymer Geldgeber spendiert auch regelmäßig ein Essen auf der Pforzemer Mess
„Wir kennen uns hier doch“, meint eine ältere Dame lächelnd. „Ich habe es durch meine Bekannte erfahren.“ Auch ein gebürtiger Heidelberger, der seit vielen Jahren in Pforzheim lebt, winkt ab: „So etwas spricht sich herum.“ Er war schon oft auf solchen Veranstaltungen und fühlt sich als Experte: Bei der letzten Einladung auf die Pforzhemer Mess funktionierte die Organisation nicht so gut.“ Jetzt auf dem Oechsle-Fest kann er sich nicht beklagen.
Die Bedienungen eilen von Tisch zu Tisch und schnell steht vor jedem Gast das erste Getränk. Auch das Essen lässt nicht lange auf sich warten. Doch bevor es losgeht, wendet sich der katholische Pfarrer Georg Lichtenberger an die Gäste und spricht ein kleines Dankgebet.