Skip to main content

Mitglied im Internationalen Beirat

Syrer Taoufek Morad spricht am Pforzheimer Gedenktag und hat eine klare Botschaft

Taoufek Morad ist mit seiner Familie vor dem Bürgerkrieg in Syrien geflüchtet. Er wird am 23. Februar, dem Jahrestag der Zerstörung Pforzheims, davon sprechen, was ihm Demokratie und Frieden bedeuten.

Neue Heimat Pforzheim: Der Syrer Taoufek Morad wird am Pforzheimer Gedenktag sprechen. Das Bild entstand beim Dreh des Videobeitrags, der am Mittwoch gestreamt wird.
Neue Heimat Pforzheim: Der Syrer Taoufek Morad wird am Pforzheimer Gedenktag sprechen. Das Bild entstand beim Dreh des Videobeitrags, der am Mittwoch gestreamt wird. Foto: Mirzeta Haug

Wenn Taoufek Morad am kommenden Mittwoch, dem 77. Jahrestag der Zerstörung Pforzheims, spricht, werden ihm viele Menschen zuhören. Der Beitrag des 23-jährigen Studenten ist Teil des digitalen Programmpunkts „Ansprachen und Interreligiöser Segen“, den die Stadt für den 23. Februar zusammengestellt hat.

„Dass ich an diesem Tag etwas sagen darf, hat für mich eine große Bedeutung“, erklärt der junge Mann, der 2015 mit einem Teil seiner Familie aus seinem Heimatland Syrien flüchten musste. Das „Gedenkvideo“ mit Morads Rede wurde vorab gedreht, die Botschaft des jungen Mannes ist klar: „Ich will den Menschen sagen, wie wichtig es ist, keinen Krieg zu haben.“

Mit Bewunderung wird Morad davon sprechen, was die Stadt in den vergangenen 77 Jahren erreicht hat. Er hat Fotos gesehen von den Trümmern, die Pforzheim 1945 begruben, und die ihn so sehr an seine zerstörte Heimatstadt Homs erinnern. „Krieg ist nie eine gute Lösung“, sagt er. „Durch Krieg verlieren wir unsere Menschlichkeit.“

Eine Familie, die niemanden verloren hat, hat großes Glück.
Taoufek Morad, Mitglied im Internationalen Beirat

Krieg – er hat ihn selbst erlebt. „Ich kann es nicht beschreiben.“ Er hat gesehen, wie Menschen getötet wurden, ihre Häuser verloren. „In Syrien sagt man: Eine Familie, die niemanden verloren hat, hat großes Glück.“ Das große Glück, heil heraus gekommen zu sein, war ihm und seiner Familie beschieden. Er floh vor dem Bürgerkrieg mit seiner Mutter und zwei Schwestern. Vater und Bruder kamen vor drei Jahren nach.

Morad fühlt sich als Teil der Stadt Pforzheim

Die Familie scheint angekommen zu sein. „Nach sechs Jahren fühle ich mich als Teil der deutschen Gesellschaft und als Teil der Stadt Pforzheim“, erzählt Morad. „Ich habe das Gefühl, hier eine neue Heimat zu haben und bin stolz darauf.“ Der Vater ist Wissenschaftler, die Mutter will sich als Friseurin selbstständig machen.

Sein Bruder steuert eine Ausbildung im Bereich Fitness, Sportmanagement an. Eine Schwester arbeitet als Pharmazeutisch Technische Assistentin in einer Apotheke, und die andere – der 23-Jährige beginnt zu lachen: „Sie hat immer einen Mann gesucht und mit 30 Jahren ihre Liebe gefunden.“ Einen „unglaublich tollen Deutschen“, schwärmt er. „Und sie haben zwei unglaublich tolle Kinder.“ Morad selbst hat es damit nicht eilig.

Ehrenamtliche Arbeit ist ihm wichtig

Jetzt steht er vor seiner Abschlussarbeit im Dualen Studium beim Internationalen Bund. Seine Fachrichtung: Sozialarbeit. Seit 2019 engagiert er sich als Mitglied im Internationalen Beirat der Stadt. Ehrenamtliche und politische Arbeit sind ihm ein Anliegen. „Ich will dem Staat und den Menschen in dieser Stadt, die mich so herzlich aufgenommen und mir Sicherheit gegeben haben, etwas zurückgeben.“

Damit hat er auch privat schon begonnen. Über seine Videos in sozialen Netzwerken gibt er anderen Geflüchteten Migrationshilfe. Als Morad in Pforzheim ankam, sprach er kein Wort Deutsch, heute sind seine Berichte klar und pointiert. Wird Morad mit diskriminierenden Bemerkungen und Beleidigungen konfrontiert, scheint er sofort die passende Antwort parat zu haben.

Wenn Leute auf Flüchtlinge schimpfen und behaupten, die würden nur Probleme bringen, hält er ihnen eigene Erfahrungen entgegen. „Es gibt Menschen, die wie ich geflüchtet sind und so viel erreicht haben in diesem Land, und etwas beigetragen haben zum Arbeitsmarkt.“ Vieles kann er mit Zahlen untermauern.

Vielleicht kehrt er eines Tages zurück

„Ich liebe Deutschland. Aber ich vermisse meine Heimat sehr.“ Morad kann sich vorstellen, eines Tages zurückzukehren, wenn der Krieg vorbei ist, um vielleicht beim Aufbau mitzuhelfen. Hier sieht er: Die Menschen haben es geschafft, das Land und ihre Städte wieder aufzubauen. „Das ist unglaublich.“

Der junge Mann erzählt von der Stadt aus der er stammt. Homs, die drittgrößte Stadt Syriens und einzige Stadt im Land, in der zur Hälfte Muslime und Christen leben. „Wegen der Religion gab es nie Probleme. Wir hatten immer eine Vielfalt.“

Auch davon will er am Mittwoch sprechen. Von der Vielfalt, die es zu verteidigen gilt – genauso wie die Demokratie. „Wir müssen dafür kämpfen und die Menschen stoppen, die unsere Demokratie zerstören wollen. Und wir müssen unseren Kindern beibringen, wie sie mit Diskriminierung umgehen.“

nach oben Zurück zum Seitenanfang