Mit den Sonnenstrahlen schnellt ein Fischotter aus seiner Deckung hervor. Kaum ist der emsige Schwimmer ins Becken getaucht, da hat er auch schon eine größere Menschengruppe herbeigelockt.
Als Oase des Lebens hebt sich der Pforzheimer Wildpark in seiner Sandwichlage zwischen Stuttgarter Wilhelma und Karlsruher Stadtgarten hervor. Im Gegensatz zu jenen beiden, coronabedingt wieder geschlossenen Zoos ermöglicht er auch weiterhin ein munteres Zusammentreffen von Mensch und Tier.
Michael Dessecker ist mit der eigenen und einer befreundeten Familie aus Herrenberg gekommen. „Man kann die Tiere füttern, es gibt viel Natur und es ist fast schöner, als die Wilhelma“, schwärmt er.
Das Highlight der ganzen letzten Wochen.Sylvia Dessecker, Besucherin aus Herrenberg
„Das ist das Highlight in den Osterferien.“ Ehefrau Sylvia korrigiert: „Das Highlight der ganzen letzten Wochen.“ Es ist kalt an diesem Donnerstagmorgen und auf den Bänken liegt noch Schnee. „Das lachen wir weg“, sind sich die Familien einig.
600 Besucher dürfen pro Schicht kommen
Es herrscht wuselnder Betrieb, jedoch nur scheinbar: Während sich vor der Pandemie an manchen Tagen bis zu 6.000 Gäste tummelten, dürfen jetzt nicht mehr als 600 Besucher pro Zeitfenster am Vor- und am Nachmittag kommen, damit die Konzentration mehrerer Menschen auf engem Raum vermieden wird. Kleinere Menschenansammlungen bilden sich allenfalls im Eingangsbereich und zerstreuen sich nach wenigen Augenblicken automatisch wieder, wenn sie die verschiedenen Tiergehege ansteuern.
Einlass ist nur mit einem vorab gebuchten Online-Ticket möglich. Die Termine sind begehrt. Das wussten Sascha und Melanie Speidel aus dem Kreis Böblingen noch von ihrem Besuch nach Ende des ersten Lockdowns im vergangenen Mai und haben frühzeitig gebucht. Ihre vier- und achtjährigen Söhne Leon und Luca drängt es zu ihren Lieblingen – Mufflons und Schwarznasenschafe. „Sie füttern so gerne“, sagt Mutter Melanie, und das sei in der Wilhelma zuletzt nicht mehr möglich gewesen.
„Es müssen keine exotischen Tiere sein. Wir wollen nicht, dass unsere Kinder Löwen und Elefanten bestaunen, sondern heimische Tiere sehen können, die artgerecht gehalten werden“, beschreibt Carina Hellmann aus Holzgerlingen, weshalb ihre Familie regelmäßig nach Pforzheim kommt. Die Söhne Timo und Jamie freuen sich über den direkten Kontakt zu Alpaka, Ziege und Co. „In der Wilhelma würden wir eine Runde gar nicht schaffen.“
Es müssen keine exotischen Tiere sein.Carina Hellmann, Besucherin aus Holzgerlingen
Auch die Ludwigsburger Miriam und Benjamin Breuninger mit ihren Töchtern Eliana und Hedi ziehen den hiesigen Tierpark mit seinen rund 400 Säugetieren, Fischen und Vögeln einem klassischen Zoo vor. Die fünfjährige Eliana trägt stolz einen großen Futterbecher. „Es ist auch angenehm, dass man hier nicht die ganze Zeit über Masken tragen muss“, meint Mutter Miriam. Die Pflicht dazu (ab sechs Jahren) gilt nur im Eingangsbereich und den Toilettenanlagen.
Freude gepaart mit Unsicherheit bei Besuchern
Die Leute haben sich mittlerweile daran gewöhnt – und sie verhalten sich sehr diszipliniert, registriert Wildpark-Leiter Carsten Schwarz. Dass sich Gäste wie Bewohner gleichermaßen über die Wiederöffnung vor einem Monat gefreut haben, steht für ihn und sein Team außer Frage. „Seelenpflege für Menschen und Tiere“ nennt Schwarz, was vor allem für Familien den düsteren Corona-Himmel aufreißt.
In die Freude über die für manche unerwartete Öffnung mischt sich aber auch Unsicherheit. „Ja, wir haben offen“, antwortet Schwarz immer wieder Anrufern, von denen manche sich vergewissern wollen, ob das auch fürs Wochenende noch gilt. „Ich kenne die Lottozahlen vom Samstag nicht“, sagt er dann scherzhaft, nennt aber dann doch „die Zusatzzahl“ : Die Inzidenz liegt in Pforzheim seit Tagen stabil unter 100. „Von jetzt auf nachher schließen wir nicht, das wird vorher publik gemacht.“
Von jetzt auf nachher wird nicht geschlossen
Bis kommenden Montag ist der Wildpark ausgebucht. Manch einer fürchtet daher, das Buchungssystem sei defekt. Schwarz klärt dann geduldig auf. Und der Wildparkleiter muss mitunter auch ungeduldigen Besuchern nahebringen, dass seine Mitarbeiter am Eingang nicht sinnlos mit ihren Handys herumdaddeln, sondern sämtliche QR-Codes scannen, damit die Höchstzahl nicht überschritten wird.
Ein Mann im Wildpark scheint sich ganz besonders darüber zu freuen, dass die Oase der Glückseligkeit wieder offen zugänglich ist: Tierpfleger Peter Fix strahlt übers ganze Gesicht. Er arbeitet seit mehr als 30 Jahren im Wildpark und denkt an die Tiere wie an die Familien. Die Tiere lieben das Futter aus Kinderhand, ist seinen Worten zu entnehmen.
Und die Familien werden entlastet, weil sich nicht mehr alles drinnen abspielt. Die Hygienemaßnahmen sieht Fix als perfekt geregelt und die Gefahr größerer Menschenansammlungen schlichtweg nicht gegeben. „Das ist ja nicht so, wie im Supermarkt, wenn man ein bestimmtes Produkt haben möchte. Mann kann einander ausweichen.“