München vor 50 Jahren: Wolf Günthner und Thomas Frei, zwei junge Handballer der Turngesellschaft Pforzheim, waren von der Deutschen Sportjugend aus einer Vielzahl von Bewerbern für die Betreuung ihrer ausländischen Gastgruppen aus über 60 Nationen im Olympischen Jugendlager 1972 ausgewählt worden.
Die beiden TGSler waren mit drei weiteren Zweierteams für Jugendliche aus Neuseeland, Australien, Großbritannien, Kenia sowie aus der Jugendvollzugsanstalt Vechta eingesetzt. In diesen Tagen wollten sie gemeinsame Erinnerungen an jene vier Wochen austauschen. Doch dazu ist es nicht mehr gekommen, denn Wolf Günthner ist überraschend im Alter von 73 Jahren gestorben.
Schon früh hatte er seine gesamte Freizeit dem Handballsport gewidmet, unterstützt von seinen Eltern. Mutter Hannelore war die Seele des Vereins, Vater Manfred fungierte als stellvertretender Abteilungsleiter, später war er jahrzehntelang als Schiedsrichter aktiv.
Wolf Günthner wird mit 17 Jahren Trainer
Schon früh war der Sohn in die Turngesellschaft eingetreten, gewann in seiner Jugendzeit mehrere Kreismeistertitel und wurde in die Kreisauswahl berufen. Mit 17 wurde er Trainer der TGS-Jugend, die mit ihm Erfolge weit über den badischen Raum hinaus erzielen konnte.
Günthner erwarb den B-Schein des Badischen Handballbundes und die Lizenz als nebenberuflicher Übungsleiter. Er gehörte 1972 bereits fünf Jahre dem Turnrat seines Vereins an, zuerst als Jugendwart, dann als dritter Vorsitzender. Er war ein Macher, für viele Ältere oftmals unbequem, da er verkrustete Strukturen aufreißen wollte.
Als Delegierter war er im Stadtjugendring tätig und wollte sich auch im Sportkreis einbringen. Mit 22 Jahren bewarb er sich daher 1971 um den stellvertretenden Vorsitz, unterlag jedoch mit einer Stimme dem etablierten Turngauvorsitzenden Erich Wenz.
Wolf Günthner bewies sein organisatorisches Geschick mit mehreren Turnieren, zu denen er einige der besten Handballmannschaften aus Deutschland und dem Ausland verpflichten konnte. Bei einer Skandinavienreise, die mit dem roten TGS-VW-Bus bis zum Nordkap führte, war eine Begegnung gegen Arsenal Helsinki einer der Höhepunkte.
Mit der von ihm betreuten A- und B-Jugend gastierte er in Dänemark, Schweden, Belgien, Frankreich und der Schweiz. Er wurde in den Lehrstab des Badischen Handball-Verbandes berufen, war Staffelleiter im Handballkreis und schließlich auch Trainer der TGS-Herrenmannschaft, später zudem des TV Brötzingen.
Nach einer Ausbildung bei der Stadt Pforzheim studierte der Diplom-Verwaltungswirt an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg unter anderem wissenschaftliche Politik. Nebenher berichtete er für die Deutsche Presse-Agentur (dpa), den damaligen Süddeutschen Rundfunk sowie verschiedene große Zeitungen, nicht nur über Handball.
Wechsel in den Journalismus
Schließlich wechselte er ganz in den Journalismus. Vor allem seine dpa-Tätigkeit (zuletzt als Chef vom Dienst) führte ihn zu Sportereignissen – darunter die Olympischen Sommer- und Winterspiele – auf allen fünf Kontinenten. Dann machte er sich 2006 mit dem Medienunternehmen wg-Kommunikation in Waiblingen selbstständig.
Privat hatte Wolf Günthner schon seit Jahrzehnten seine Wurzeln im Rems-Murr-Kreis gefunden. Doch nicht nur wegen seiner Eltern blieb er Pforzheim weiterhin eng verbunden. Ende Juni ließ er seine Turngesellschaft wissen: „Traurig machte mich zuletzt der Tod alter Weggefährten und Wartberg-Kumpel. Mit viel Wehmut musste ich auch den Abstieg unserer TGS hinnehmen und ich hoffe, Wolfgang Taafel bringt ein schlagkräftiges Team zustande, das bald wieder in die 3. Liga zurückkehren kann. Ansonsten hoffe ich, dass wir uns mal wieder treffen können. Gibt es eine TGS-Veranstaltung, zu der ich kommen kann?“
Dazu wird es nun nicht mehr kommen. Am Tag nach der Rückkehr aus dem Urlaub hörte während der Sportschau plötzlich sein Herz auf zu schlagen. Wolf Günthner starb mit 73 Jahren. Die Beisetzung fand im engsten Familienkreis statt.