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Brauereien gehen leer aus

Unternehmen und Händler in Pforzheim klagen über schleppende Auszahlung der Corona-Hilfen

Im vergangenen Frühjahr ging die Auszahlung noch fix. Jetzt aber kommen die Novemberhilfen bei vielen Antragstellern in Pforzheim erst Mitte Januar an. Und sie zählen noch zu den Glücklichen: Anderen wurden die Hilfen erst gar nicht bewilligt.

Mehrere Tische und Stühle, Außenbereich eines gastronomischen Betriebs, alles ist bedeckt von einer Schneeschicht.
Eiszeit: Viele Gastronomen in Pforzheim warten darauf, dass sie endlich wieder öffnen dürfen und dass die Fördergelder der Corona-Hilfen bei ihnen ankommt. Foto: Torsten Ochs

Es gehe für viele momentan nur darum, den Winter zu überleben, sagte Joachim Schönborn, Hauptgeschäftsführer der Dehoga Baden-Württemberg, kürzlich beim Besuch von Tourismusminister Guido Wolf in der Gaststätte „Grüner Wald“ in Hamberg und brachte die Stimmung auf den Punkt. Bei einer Videokonferenz klagten viele Betriebe über ausbleibende Corona-Hilfen.

Axel Grießmayer, Schatzmeister bei der Dehoga Enzkreis und ehemaliger Betreiber des Pforzheimer Hopfenschlingels, berichtete, dass er auf seine November-Hilfe bis Ende Januar warten musste. Bei der ersten Auszahlung im Frühjahr 2020 „ging es noch ganz flott. Nach fünf Tagen war das Geld da“. Damals habe man den Antrag noch selber stellen können, nun laufe alles über den Steuerberater.

„Es ist eine schwierige Situation, aber besser als nichts“, sagt Grießmayer im Gespräch mit dieser Redaktion. „Man muss froh sein, denn in vielen Ländern gibt es gar keine staatlichen Hilfen.“ Der Dehoga-Schatzmeister ist Caterer, hat einen Foodtruck und verkauft in seiner mobilen „Flammekueche“ unter anderem Flammkuchen und Quiche.

Seinen letzten Einsatz hatte der Ispringer Ende Oktober bei einer Hochzeitsmesse. Viele Kollegen hätten ihre Fahrzeuge abgemeldet, da sich die Arbeit momentan nicht lohne, erzählt Grießmayer. Essen vom Wagen verkaufen dürfte er schon, aber Mittagsessen im Industriegebiet anbieten, wenn die meisten im Homeoffice arbeiteten, lohne sich nicht.

Hochzeiten, Messen, Straßenfeste und andere Events seien momentan ohnehin verboten. Er habe sich „schlank gemacht“, sagt Grießmayer, sein Fahrzeug sei abbezahlt und Personalkosten fallen keine an. Er rechnet nun damit, dass im letzten Quartal „ein bisschen was geht“.

Die Mittelständler sind momentan heftig gekniffen.
Wolfgang Scheidtweiler, Unternehmer

Über die schleppende Hilfe klagen auch Einzelhändler in der Pforzheimer Innenstadt. „Es ist ein Witz“, sagt Astrid Tasoglu, Inhaberin der „shoe.box“ in der Dillsteiner Straße. „Zehn Prozent werden eine finanzielle Hilfe kriegen und der Rest fällt durchs Raster“, schätzt sie. Wichtig wäre, dass das Geld schnell und unkompliziert ankommt, aber teilweise gebe es noch nicht einmal Formulare.

Sie habe mit Einzelhändlern in der Nachbarschaft gesprochen: „Alle schütteln nur den Kopf.“ Im vergangenen März sei die Corona-Hilfe noch ganz unkompliziert gewesen: Zwei Wochen nach Antragstellung sei das Geld auf dem Konto gewesen. Weil viel Missbrauch betrieben wurde, würden nun Hürden aufgebaut, vermutet Tasoglu. Sie hofft, dass sie im März wieder öffnen kann, weil Textil- und Schuhläden im März und April ihr Hauptgeschäft machen.

Fehlende Großveranstaltungen werden zum Problem

Eine ähnliche Erfahrung hat auch der Pforzheimer Hotelier und Brauhaus-Chef Wolfgang Scheidtweiler gemacht: Die Hilfe im Frühjahr sei unkompliziert gewesen. Geld gebe es für seine Hotels, aber bei der November-Hilfe seien seine Brauereien leer ausgegangen. Zuschüsse aus der Überbrückungshilfe 3 würde er bekommen, allerdings kenne keiner die Konditionen.

Ein Fixkostenzuschuss sei denkbar, allerdings könne keiner sagen, was genau zu den Fixkosten zähle. „Vieles ist undurchdacht und viele Dinge könnten einfacher sein, ohne dass es das Land mehr kosten würde“, sagt Scheidtweiler. „Die Mittelständler sind momentan heftig gekniffen.“

Der Unternehmer hofft, dass die Lokale nach Ostern wieder öffnen dürfen und erwartet, dass das Geschäft dann ähnlich gut läuft wie im vergangenen Sommer. Für große Veranstaltungen und damit verbunden eine sehr gute Bettenauslastung in den Hotels sieht er allerdings schwarz. Grundsätzlich hofft Scheidtweiler, dass es im nächsten Winter keinen dritten Lockdown geben wird. „Dann geht es an die Substanz und die Stadt wird reihenweise Probleme kriegen.“

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