Dieses Tier braucht kein Netz zum Jagen: Die Nosferatu-Spinne verfolgt ihre Beute und überwältigt sie im Sprung. Ihr Biss ist giftig. Sie gehört zu den wenigen Arten, die mit ihren Giftklauen die menschliche Haut durchdringen können.
Und als ob sie sich noch mehr Respekt verschaffen wollte, ziert ihren Rücken eine Zeichnung, die manche an die Fratze des Vampirs Nosferatu aus dem deutschen Horrorfilmklassiker erinnert.
Bis vor einigen Jahren war die Nosferatu-Spinne nur im Mittelmeerraum bekannt, dann breitete sich auch entlang des Rheins aus. Und jetzt... In diesem Moment würde in einem Horrorfilm wohl schaurige Musik erklingen.
Die Schreckmomente kommen nachts
Igor Myroshnichenko ist nicht von der schreckhaften Art. Als Blaulicht-Fotograf, der auch diese Redaktion mit Bildern beliefert, sieht er oft Dinge, die andere Menschen nicht sehen wollen.
Als er kürzlich nachts eine ihm unbekannte Spinne an der Bürotür in seiner Wohnung in Pforzheim entdeckte, ist er eher erstaunt und fragt sich, wo sie wohl herkommt, schildert er.
Er googelt, fotografiert, schreibt Nachrichten, und kommt zu dem Schluss: Es muss sich um eine Nosferatu-Spinne handeln. Dass ihr Biss giftig ist und auf Menschen ähnlich wie ein leichter Bienenstich wirkt, weiß er zu diesem Zeitpunkt schon. Zwei Schrecksekunden sollten noch kommen.
Es bleibt nicht beim Einzelfall
Myroshnichenko recherchiert in der Nacht weiter. „Ich habe unter anderem von einem Haus gelesen, in dem sich im Keller ganz viele dieser Spinnen eingenistet hatten. Und dann habe ich auf meinen Rollladen eine zweite entdeckt. Sie saß innen – und der Rollladen war zu.“
Das zweite Tier ist noch größer. Das erste Exemplar schätzt der Pforzheimer auf drei Zentimeter Länge bei ausgestreckten Beinen, das zweite auf fünf Zentimeter.
Das war schon ein unangenehmes Gefühl.Igor Myroshnichenko, unfreiwilliger Spinnen-Beobachter
Größer werden diese Spinnen nicht. Myroshnichenko will auch die größere Spinne fotografieren, dreht sich, um nach der Kamera zu greifen – und das Tier ist weg.
„Das war schon ein unangenehmes Gefühl“, sagt er. Später findet er die Spinne auf dem Balkon wieder. Die andere bringt er ebenfalls nach draußen. Er sorgt sich wegen seines Katers. „Er frisst alles, was sich bewegt. Ich hatte Angst, dass er im Gesicht oder am Mund einen Biss abbekommt.“
Nosferatu-Spinne verbreitet sich in der Region
Seine Fotos schickt er an ein Portal von Spinnen-Experten. Hier wird sein Material ausgewertet. Experte Hubert Höfer vom Naturkundemuseum in Karlsruhe bestätigt dieser Redaktion, es handle sich beim Pforzheimer Fund vermutlich um ein Männchen. „Die Art ist inzwischen bei uns etabliert und wird gerade in der Region immer häufiger gefunden und gemeldet.“
Für Pforzheim ist es allerdings die erste bestätigte Sichtung der Nosferatu-Spinne, auch im umliegenden Enzkreis gibt es bisher keinen offiziellen Nachweis.
In der Region gibt es bestätigte Meldungen aus Karlsbad-Langensteinbach von 2017 und aus Oberderdingen von 2019. Um Karlsruhe und Stuttgart gibt es dann jeweils deutlich mehr Funde. Sogar ganz im Norden aus Bremen und Hamburg gibt es Meldungen.
Pforzheimer sorgt sich um seinen Kater
Igor Myroshnichenko nimmt Gutes und Schlechtes aus seiner nächtlichen Begegnung mit den Spinnen mit. „Ich freue mich, dass der Fund bestätigt ist und dass ich der Wissenschaft ein bisschen helfen konnte. Das fühlt sich doch gleich besser an.“
Die beiden Exemplare oder andere Artgenossen kamen bisher zwar nicht wieder. Abgeschlossen hat der Pforzheimer mit dem Thema aber noch nicht. „Ich achte jetzt mehr darauf, auf was ich trete.“ Die Tiere sind nachtaktiv, im Dunkeln gibt es viel, was auf den ersten Blick eine Spinne sein könnte.
Er überlegt, ob er seinen Balkon ausleuchten soll, damit er ich nicht aus Versehen im Dunkeln auf eine Spinne tritt. „Das Thema ist nicht abgehakt für mich. Ich sorge mich halt um meinen Kater.“