Ein bisschen an eine alte Werbung für ein Spülmittel dürfte sich Peter Mayer erinnert fühlen. Umgewandelt lautet das Motto für ihn: „Während in Knittlingen noch gebangt wird, wird in Kieselbronn schon gefeiert.“ Mayer ist Geschäftsführer des Sozialwerks Bethesda und als solcher zuständig für gleich sechs Seniorenheime im Enzkreis. Für die könnte die Ausgangslage beim Impfen unterschiedlicher nicht sein.
Während die Bewohner des Hauses Bethanien in Kieselbronn am Mittwoch und Donnerstag ihre Zweitimpfung gegen das Coronavirus erhalten, muss man in Knittlingen noch auf die erste Impfung warten.
Immerhin in Kieselbronn ist die Erleichterung spürbar. „Wir hoffen jetzt, ein Stück weit Normalität in den Heimalltag zu bringen“, sagt Heimleiterin Sabina Ejupovic.
Rätselraten um die letzten Ersttermine
Anders ist die Lage bei den Sorgenkindern. Für das Haus Hebron in Knittlingen etwa nannte Mayer noch Anfang der Woche „einen möglichen Termin im April“. Im Enzkreis weiß man schon mehr, teilt mit, man plane das Ende der Erstimpfungen in den Heimen „Mitte März“. Möglich macht dies ein zweites Mobiles Impfteam, das das ursprünglich einzige verstärkt. 28 Heime müssen insgesamt versorgt werden. Es hätte sogar noch länger gedauert, hätten die RKH-Krankenhäuser nicht mit Equipment ausgeholfen, da ein Kühlschrank nicht lieferbar war.
Die Impfungen laufen deutlich besser als die Kommunikation. Im Paul-Gerhardt-Heim in Pforzheim etwa beteuerte man noch Anfang der Woche, nicht zu wissen, warum man keinen Termin für die Erstimpfung erhalte. Die Stadt verwies hingegen auf die Quarantäne-Situation dort, alle anderen städtischen Heime seien bereits erstgeimpft.
Mayer erklärt die Logik dahinter so: „Es heißt, die Bewohner haben dann Resistenzen gebildet.“ Allerdings seien in seinem Knittlinger Heim gleich 20 Plätze aufgrund der Todesfälle wieder aufgefüllt worden – mit Bewohnern, die diese Resistenzen noch nicht ausgebildet haben.
Grund zur Beunruhigung sieht Mayer allerdings nicht. Die Inzidenzzahlen in Pforzheim und Enzkreis fallen, die Zahl der Tests auch vor den Heimen haben deutlich zugenommen. „Deshalb ist das nicht so gravierend wie im Dezember oder Januar“, sagt Mayer. Wenngleich die Sorge vor den deutlich gefährlicheren Mutanten des Coronavirus auch ihn umtreibt. „Natürlich ist das die Angst, die man hat. Aber wir können nicht mehr tun, als ohnehin schon.“
Sicherheitsmaßnahmen könnten vorerst bleiben
Wird dann wenigstens in den zweitgeimpften Heimen wieder alles normal? Mayer bezweifelt das. „Ich gehe davon aus, dass sich bis Ostern nichts grundlegend ändern wird.“ Sprich: Besucher und Mitarbeiter würden auch weiterhin getestet. Er selbst sei da zwiegespalten, zwischen neuer Freiheit und der Sicherheit, die Testungen geben – auch für die Besucher.
Und es ist ja längst nicht jeder Pfleger geimpft. „60 Prozent wären schon schön bei der Mitarbeiterschaft. Dass es wesentlich darüber hinaus geht, glaube ich nicht“, so Mayer, der in diesem Punkt „mit gutem Beispiel voran“ gegangen und bereits die erste Impfung erhalten hat.
Derweil nehmen die Zweitimpfungen Fahrt auf. Sowohl in Pforzheim als auch in Mönsheim werden ab Freitag die Zweitdosen verimpft, pünktlich drei Wochen nach den Erstimpfungen. In Mönsheim soll zudem der Impfstoff der Firma AstraZeneca zum Einsatz kommen – der nur für Bis-65-Jährige zugelassen ist. In Pforzheim war das August-Kayser-Stift wie bereits beim Impfstart das erste Ziel des Mobilen Impfteams.
Die Impfmengen sind laut einer Pressemitteilung der Stadt verdoppelt worden im Vergleich zum Start. Damals standen rund 1.100 Impfdosen für zwei Wochen zur Verfügung, diese Menge werde nun wöchentlich geliefert – die Hälfte davon wird für die Zweitimpfungen reserviert.
Bislang nur eine allergische Reaktion
Die Bilanz jedenfalls nach drei Wochen Impfzentrum sieht gut aus, zumindest teilen dies Stadt und Landkreis entsprechend mit. „Es könnte noch besser laufen, wenn wir mehr Impfstoff hätten“, kommentiert dazu Pforzheims Oberbürgermeister Peter Boch (CDU). Zu größeren Probleme im Zuge von Nachwirkungen auf den Impfstoff sei es kaum gekommen. Im Enzkreis zählt man „eine allergische Reaktion“ auf, das Sanitätsteam vor Ort habe aber helfen können. In der Stadt sei es zu „keinen bedeutenden Vorfällen“ gekommen.
Auch bemüht man sich, die Debatte um angeblich bevorzugte Politiker im Keim zu ersticken. „Übrige Impfdosen werden ausschließlich an Menschen aus der Prioritätsgruppe eins verimpft“, teilt das Landratsamt mit. Im Konkreten seien das: „Ü80, Klinikpersonal, Mitarbeiterschaft des Impfzentrums, Rettungsdienste.“ Es handele sich um eine „geringe Menge“. In Pforzheim antwortet man ähnlich, hier seien insgesamt 20 Dosen ungeplant verteilt worden.