
Wer berufstätig ist, Kinder hat und für alles im privaten Umfeld alleine verantwortlich ist, kann das alles gar nicht alleine schaffen.
Da ist es gut, zu hören und zu wissen: „Es liegt nicht an mir, wenn ich es nicht schaffe. Es gibt strukturelle Probleme.“ Das möchte Laura Fröhlich beim Workshop „Tschüss Mental Load, hallo Leben“ den teilnehmenden alleinerziehenden Eltern vermitteln. Zu dem Workshop hatte das „Netzwerk wirksame Hilfen für Alleinerziehende Pforzheim“ (NewAP) am Samstag ins Familienzentrum Au eingeladen.
Laura Fröhlich ist Mental-Load-Expertin, veröffentlicht Podcasts, schrieb das Buch „Die Frau fürs Leben ist nicht das Mädchen für alles! Was Eltern gewinnen, wenn sie den Mental Load teilen“, und hat auf Instagram 55.000 Follower. Eine, die ihr folgt, ist Katharina Meyer, die Koordinatorin des NewAP-Netzwerkes.
Was ist dieses Mental Load? „Im Prinzip die Last, an alles im Alltag in Bezug auf die Familie denken zu müssen“, erklärt Fröhlich im Gespräch mit dieser Redaktion. Es geht um all die unsichtbaren Planungsaufgaben, die im Alltag anfallen, um die sich meist immer noch die Mütter kümmern, vom Zahnarzttermin über den Lebensmitteleinkauf bis zum Elternabend.
Erkenntnis kam mit der Rückkehr in den Job
Fröhlich erlebte die Last der Verantwortung, als ihre drei Kinder noch klein waren. In der Elternzeit war noch alles in Ordnung. Doch als sie wieder in das Berufsleben einstieg, hatte sie es versäumt, zuvor mit ihrem Mann über die Alltags-Organisation zu sprechen.
Durch die Autorin und Podcasterin Patricia Cammarata, die als Bloggerin „dasnuf“ bekannt ist, kam Fröhlich auf das Thema Mental Load und hat gemerkt: Das Problem mit der Last der Verantwortung haben viele Frauen und Eltern. Sie schrieb in ihrem Blog über ihre Erfahrungen. Irgendwann kam der Verlag auf sie zu.
Rollenbilder für Eltern ändern sich
Das Thema Mental Load wurde in den letzten Jahren immer aktueller. „Wir werden sensibler für die Fürsorgearbeit und die Belastung“, nennt Fröhlich als möglichen Grund. Dazu komme, dass Mütter häufiger berufstätig sind als früher, stärker die Beteiligung von Vätern einfordern. Die Väter ihrerseits wollen aktiver an der Kindererziehung beteiligt sein.
Die Frage der Gleichberechtigung schwinge immer mit. Anders als vor dreißig Jahren habe man mit Mental Load eine Bezeichnung für die Belastung durch die Fürsorgearbeit bis hin zum Burnout gefunden. Der Ansatz heute sei diverser als in den 1980er Jahren. „Frauen mit Rassismuserfahrung haben einen noch krasseren Mental Load“, sagt Fröhlich.
Wenn der Partner es anders macht als ich, ist es nicht schlecht.Laura Fröhlich, Autorin
Heute gehe es nicht darum, Frauenkarrieren an Männerkarrieren anzugleichen. Der Fokus liege nicht nur auf dem Job. „Männer sollen mehr Fürsorgearbeit übernehmen.“ Dazu müssten auch Frauen lernen: „Wenn der Partner es anders macht als ich, ist es nicht schlecht.“ Durch andere Sichtweisen machen sich neue Pforten auf.
Bei ihrem Workshop bespricht Fröhlich mit den Teilnehmenden, wie sie sich ein Netzwerk aufbauen und wo sie Hilfe finden können.
Sie weiß, dass viele alleinerziehende Eltern keine Zeit haben, ein Buch zu lesen, einen Podcast zu hören oder sich Gedanken zu machen, wie sie ihren Mental Load mindern können. Dass sie trotzdem ihr Leben komplett selbst organisieren sollen, bezeichnet Fröhlich als eine „neoliberale Quatscheinstellung“.
Wo eine Frau ihre Stimme nicht erheben kann, müssen andere, die Privilegierteren, das für sie tun.Laura Fröhlich, Autorin
Ihr Anspruch sei, dass sich gesellschaftlich etwas ändert. Die Doppelbelastung von Kindererziehung und Erwerbstätigkeit brauche mehr Zeit, sprich flexiblere Arbeitszeiten, Führungsarbeit in Teilzeit und eine Entlastung durch Kinderbetreuung durch einen fürsorgenden Staat – worauf Eltern, insbesondere alleinerziehende, einfach angewiesen sind. „Wo eine Frau ihre Stimme nicht erheben kann, müssen andere, die Privilegierteren, das für sie tun.“
Service
Informationen über Mental Load, Laura Fröhlich und ihre Vortragstermine stehen auf www.froehlichimtext.de