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Wieder heimisch geworden

Zunahme der Population: Dohlen kehren zurück nach Pforzheim und den Enzkreis

Lange galten Dohlen als gefährdet. Seit den 1960er Jahren nahm die Dohlenpopulation kontinuierlich ab. Jetzt steigen die Zahlen in Pforzheim und im Enzkreis wieder. Woran liegt das?

Beide Partner bleiben lebenslang zusammen
Dohlenbrutpaare bleiben lebenslang zusammen. Foto: Gerhard Vögele

Obwohl sie nach dem Zweiten Weltkrieg in den Ruinen gute Lebensbedingungen vorfanden und es in den umliegenden Feldern ein ausreichendes Nahrungsangebot gab, nahm die Dohlenpopulation in Baden-Württemberg seit den 1960er Jahren kontinuierlich ab. So gab es auch in der Stadt Pforzheim zu jener Zeit nur noch eine kleine Kolonie in der Franziskuskirche.

Dieser negative Trend setzte sich zwischen 1960 und 1995 so dramatisch fort, dass von ursprünglich knapp 5.000 Brutpaaren 1995 nur noch knapp 1.000 Brutpaare ermittelt wurden. Noch 2004 wurden in der Roten Liste gerade mal 900 bis 1.300 Brutpaare erwähnt.

Die Dohle galt fortan als gefährdete Art. Großräumige Lebensraumzerstörungen wie Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen an alten Gebäuden und Kirchen in Verbindung mit Vergitterungen und Schließungen aller Schallläden als Maßnahmen gegen die dort brütenden Straßentauben, trugen zusammen mit den Einsatz von Bioziden in der Landwirtschaft zu den Verlusten von Brut- und Nahrungshabitaten nicht nur der Dohlen, sondern auch anderer Gebäudebrüter bei.

Dohnepopulation in Baden-Württemberg hat rasant zugenommen

Doch im Gegensatz zu anderen Vogelarten hat die Dohlenpopulation in allen Teilen Baden-Württembergs in den letzten beiden Jahrzehnten so rasant zugenommen, dass die Art in der Roten Liste 2013 mit inzwischen wieder 3.000 bis 4.000 Brutpaaren aus der Roten Liste entlassen werden konnte. Und dies hat mehrere Gründe.

Dohlen haben ein überwiegend schwarzes Gefieder. Nur der Nacken, die Ohrdecken und die Unterseite heben sich mit ihrer grauen Farbe deutlich ab und machen sie dadurch unverwechselbar. Von weitem sichtbar sind ihre leuchtenden hellgrauen Augen. Mit einer Größe von 33cm sind sie kleiner als Raben- und Saatkrähen, von denen sie sich auch durch ihre lauten, eintönigen ‚kjä‘Rufe unterscheiden.

Mit ihren starken Krallen können sie sich mühelos an schrägen und steilen Gemäuern festhalten. Wie wir aus den Studien des Verhaltensforschers Konrad Lorenz wissen, haben die fast immer geselligen Dohlen ein faszinierendes Sozialleben.

So besteht innerhalb der Brutkolonie eine Rangordnung, in der jeder einzelne Vogel Rechte und Pflichten hat. Dohlen gehören außerdem zu den wenigen Vogelarten, bei denen eine lebenslange Paarbindung nachgewiesen ist.

In Pforzheim und im Enzkreis brüten Dohlen in Gebäuden und Steinbrüchen

Dohlen kommen in Nordwest-Afrika und Europa vor. In Baden-Württemberg sind sie in allen Landesteilen bis auf eine Höhe von 900 Metern vertreten.

Als Einzel-, meist jedoch Koloniebrüter besiedeln sie Felsengruppen und Steinbrüche, Altbaumbestände in Alleen, Schloss- und Kurparkanlagen sowie eine Vielzahl von alten Gemäuern, Burgen und Kirchen. In Pforzheim und im Enzkreis sind sie neben nachgewiesenen Bruten in Steinbrüchen ausschließlich Gebäudebrüter.

So sind sie inzwischen auch durch den Einbau artgerechter Nisthilfen in den letzten Jahrzehnten durch den hohen Einsatz des NABU in Zusammenarbeit mit den Kirchenverwaltungen und dem Amt für Vermögen und Bau in vielen Kirchtürmen wieder heimisch geworden.

Stellvertretend für die zahlreichen Kirchen sind im Stadtkreis die Liebfrauenkirche und die katholische Kirche in Eutingen und im Enzkreis die evangelische Kirche in Niefern und die Wallfahrtskirche in Bilfingen mit recht beachtlichen kleineren Kolonien, und bei den Steinbrüchen ist der Steinbruch in Knittlingen besonders hervorzuheben.

Dohlen kehren immer an denselben Ort zurück

Die Brutperiode der Dohlen fällt in die Zeit zwischen März und Juni. Vier bis sechs Eier werden in den teils meterhohen überbauten Reisignestern, die innen fein ausgepolstert sind, 16 bis 19 Tage bebrütet, Die Jungvögel verlassen nach 30 Tagen das Nest und werden weitere vier Wochen von den Altvögeln gefüttert.

Nach der Brutzeit verbleiben die meisten Dohlen als Standvögel in der Nähe der Brutstätte und kehren als ortstreue Art dorthin immer wieder für kurze Zeit zurück. Nur ein kleiner Teil der Jungvögel verbringt die Herbst- und Winterzeit in Zentral- und Südwestfrankreich.

Im Herbst ziehen größere Schwärme aus Nordosteuropa durch Baden-Württemberg oder überwintern hier, wo man sie zusammen mit den ebenfalls eingeflogenen Saatkrähen auf Deponien oder abgeernteten Feldern gut beobachten kann.

Verbot von Pestiziden hat zur Zunahme der Dohlenpopulation beigetragen

Als Nahrungshabitate sind die Allesfresser auf niederwüchsige Offenlandflächen wie lichte Parkanlagen, Brachen und extensiv bewirtschaftete Grünflächen sowie abgeerntete Felder und Wiesen angewiesen.

Dort finden sie ausreichend Insekten und Spinnentiere sowie Getreidekörner und andere Sämereien. Haushaltsabfälle werden vor allem im Winter gerne angenommen. Aber auch animalische Kost wie Vogeleier und Jungvögel sowie Aas werden nicht verschmäht.

Die Öffnung fast aller Kirchtürme und die damit zusammenhängende Neuschaffung geeigneter Brutplätze, das reichhaltige Angebot an Nisthilfen, die Vermeidung von Störungen an Gebäuden und Felsen während der Brutzeit und das durch das neue Landesnaturschutzgesetz 2015 erlassene Verbot von Pestiziden haben zu Verbesserungen der Brut- und Nahrungshabitate der Dohlen geführt und damit zur Erfolgsgeschichte der Dohlen beigetragen.

Neben einer umweltgerechteren, extensiven und giftfreien Bewirtschaftung von Teilflächen hat aber auch das Alt- und Totholzkonzept des Landes mit der Einrichtung von Waldrefugien und Habitatbaumgruppen, die ihrer natürlichen Entwicklung überlassen bleiben, einen wesentlichen Anteil an der Erholung der Bestände.

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