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OB-Infotour

Pforzheimer Flüchtlingsunterkunft ruft Ängste hervor: Experten sprechen mit Firmen

Der Pforzheimer Oberbürgermeister und Experten haben mit Firmen im Brötzinger Tal über die Flüchtlingsunterkunft gesprochen.

Stellen sich den Fragen: Andre Schöttle vom Polizeipräsidium Pforzheim, Bürgermeister Frank Fillbrunn, Oberbürgermeister Peter Boch, Carolin Speckmann vom Regierungspräsidium und Ombudsmann Klaus Danner (von links)
Stellen sich den Fragen: Andre Schöttle vom Polizeipräsidium Pforzheim, Bürgermeister Frank Fillbrunn, Oberbürgermeister Peter Boch, Carolin Speckmann vom Regierungspräsidium und Ombudsmann Klaus Danner (von links). Foto: Jürgen Peche

Es gibt viele Sorgen und offene Fragen zu einer möglichen Erstaufnahmeeinrichtung (EA) für Flüchtlinge im ehemaligen Bader-Logistikzentrum im Brötzinger Tal.

Oberbürgermeister Peter Boch (CDU) hatte auf seiner Infotour durch die Stadtteile dieses Mal die Firmen in der direkten Nachbarschaft eingeladen, um die Stimmungslage einzuholen und vielleicht auch manche Bedenken zu entkräften. Die waren vielfältiger Natur: Wird es für die EA wirklich einen 100-prozentigen „Rabatt“ auf weitere Zuweisungen geben?

Ralf Wurster vom Gastgeber Mercedes Benz S&G fürchtet, es werden vielleicht sogar noch mehr als die 1.000 anvisierten Plätze im Bader-Bau eingerichtet. Besser wären deshalb mehrere kleinere Einrichtungen. Udo Beck, Geschäftsführer von Carl Dillenius, sieht das „ganze Konzept kritisch“. Käme es wie einst in Sigmaringen, entstünde von der EA bis ins Zentrum der Stadt eine „Ameisenstraße“ – Verschmutzungen, die in Sigmaringen dazu führten, dass alle paar Meter ein Dixie-Klo aufgestellt wurde.

Bürger haben Sorge um die Sicherheit

Neben möglichen Verschmutzungen war es aber vor allem die Sorge um die Sicherheit, wenn abends viele Menschen aus der EA unterwegs seien – im Gewerbegebiet oder eben auch am Leopoldplatz. „Dort werden sie hin pilgern wegen dem kostenlosen WLAN“, vermutet eine Frau, die sich schon jetzt abends nicht mehr dorthin traut.

„Die Leute haben Angst“, und das treibe die Bürger bei der Frage der EA um. Die Kampagne „Sichere Innenstadt“ reiche nicht aus, so ihre Sorge. Eine andere Frau stellt die Schließung von Galeria in den Zusammenhang mit neuem Druck auf die Innenstadt durch EA-Bewohner: „Eine traurige Entwicklung.“

Pforzheimer OB Boch hat Fachleute ins Brötzinger Tal mitgebracht

OB Boch hatte mehrere Fachleute ins Brötzinger Tal mitgebracht, wo sich rund 80 Leute einfanden. Einer von ihnen ist Andre Schöttle vom Polizeipräsidium Pforzheim. Der räumt zwar ein, dass es aus Erfahrung in bestehenden EAs bei rund zehn Prozent der männlichen Bewohner zu Straftaten wie Diebstahl oder Sachbeschädigung komme, aber Pforzheim trotz bereits hohem Zuzug und hohem Migrantenanteil zu den sichersten Großstädten des Landes zähle. „Aber die Zahlen allein vermitteln keine Sicherheit“, so Schöttle.

Die Ängste hätten subjektive Ursachen. Die Kriminalitätsrate werde durch eine EA wohl steigen, gibt Schöttle unumwunden zu. Die Polizei werde aber alles daransetzen, dennoch die Sicherheit in der Stadt zu gewährleisten.

In einer EA im Brötzinger Tal würde die Hälfte der Bewohner aus Familien bestehen, suchte die Carolin Speckmann vom Regierungspräsidium Karlsruhe die Perspektive abzumildern. Speckmann leitet das Betriebsreferat für sechs bestehende Erstaufnahmen in Nordbaden und kann auf viel Erfahrung aufbauen.

Das Problem der jungen Männer suche man durch Beschäftigungsangebote und Prävention zu mildern. Der Ombudsmann für Flüchtlingserstaufnahme im Land, Klaus Danner ist „Kummerkasten“ für die Flüchtlinge und Problemlöser. Er will überzeugen, dass alle Einrichtungen im Land professionell gemanagt würden „und hervorragend laufen“.

OB Boch zeigte auf, dass bei einem Zuzug von rund 200 Flüchtlingen pro Jahr in fünf Jahren ebenfalls 1.000 Menschen, aber dann in Alleinverantwortung der Stadt, dauerhaft untergebracht werden müssten. „Diese Anschlussunterbringung ist für uns der Knackpunkt“, so Boch und verweist auf mangelnden Wohnraum, Bauplätze, Kitas und mehr. Währenddessen seien die EA-Bewohner nur zwei bis drei Monate hier und würden dann im Land verteilt. Marion Gentges, CDU-Ministerin für Justiz und Migration, wird nächste Woche zu Gesprächen mit OB Boch in Pforzheim erwartet. Dann kommt auch die Frage des EA-Rabatts von 100 Prozent auf den Tisch.

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