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Chaos in Pforzheimer SPD

Pforzheimer SPD-Mitglieder fordern wegen Neuwahl-Entscheidung Rücktritt von Christoph Mährlein

Im Streit um eine mögliche Neuauflage der Delegiertenwahl in der Pforzheimer SPD wird der Ton zunehmend rauer. Nun erheben die Kreisvorstandsmitglieder Ralf Fuhrmann und Johanna Kirsch schwere Vorwürfe gegen den Vorsitzenden.

Referent Christoph Mährlein.
Unter Beschuss: Weil er fast den gesamten Kreisvorstand für befangen erklärt hat, fordern dessen Mitglieder in Mehrheit den sofortigen Rücktritt von Christoph Mährlein. Foto: Roland Wacker

Es geht munter weiter im internen Streit der SPD Pforzheim. Nach einem Tag des Sammelns – am Dienstagabend hatten der kommissarische Kreisvorsitzende Christoph Mährlein sowie die Vorstandsmitglieder Esad Esmer und Daniel-Nicolas Seidl die Delegiertenwahl für ungültig erklärt – haben sich die Gegner der Neuwahl-Entscheidung zu Wort gemeldet. Und das mit einem Paukenschlag gegenüber dem Kreis-Chef. „Wir fordern seinen sofortigen Rücktritt und die Niederlegung aller Parteiämter”, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung der „Mehrheit des Kreisvorstands” um die Genossen Ralf Fuhrmann und Johanna Kirsch.

Wahl soll am 11. September wiederholt werden

35 Genossen hatten zuvor die Wahl angefochten, darunter auch der Rädelsführer der „Offenen Partei” Uwe Hück. Die soll, so hatte Mährlein am Mittwoch verkündet, am 11. September wiederholt werden.

Das Problem: „Unserer Auffassung nach muss sich der gesamte Kreisvorstand mit solch einer entscheidenden Fragestellung befassen”, sagt Fuhrmann und erhält dabei Unterstützung vom Landes-SPD-Generalsekretär Sascha Binder. „Herr Mährlein agiert eigenmächtig ohne einen Beschluss der gewählten Pforzheimer Parteigremien”, lässt er mitteilen. „Es ist gut, dass sich der Kreisvorstand in Pforzheim diese selbstherrliche Vorgehensweise nicht gefallen lässt.”

Im Gespräch mit dieser Redaktion teilt Fuhrmann noch weiter aus. Auf der Mitgliederversammlung habe das Hück-Lager von Anfang an versucht, die Veranstaltung platzen lassen, sagt Fuhrmann . „Die waren überrascht, dass so viele Stamm-SPDler gekommen waren.” Und dass sieben Nicht-Stimmberechtigte wählen durften, habe Mährlein, den Kirsch einen Berater und Anwalt Hücks nennt, laut Fuhrmann genau gewusst. Ein Parteiordnungsverfahren stehe im Raum.

Damit weiß Fuhrmann mehr als seine Mitstreiterin Johanna Kirsch, zugleich Chefin des Ortsverbandes und damit Cheforganisatorin der Versammlung. „Ich habe mich x-mal beim Landesverband Karlsruhe rückversichert. Es haben keine nichtberechtigten Mitglieder abgestimmt”, stellt sie klar. Die Forderung nach Mährleins sofortigem Rücktritt habe auch mit früheren Eskapaden zu tun. „Ich musste einmal zu einer Sitzung laden, weil er sich geweigert hatte.” Das Maß sei schlicht voll.

Wir haben ernsthaft diskutiert, ob er das alleine entscheiden muss.
Christoph Mährlein

Mährlein selbst reagierte postwendend. „Das ist Dreckwerfen”, sagt er und verteidigt sein Vorgehen. Bis auf ihn selbst, Esmer und Seidl sei der komplette Kreisvorstand in der Frage Neuwahl ja oder nein befangen gewesen. Entsprechend hätten juristische Zwänge ein anderes Vorgehen unmöglich gemacht. Das habe man auch mit dem Landesvorstand diskutiert, wo eine andere Meinung vertreten wurde. Unklar ist übrigens – und das kritisieren auch Fuhrmann und Kirsch – ob Mährlein und Esmer als Ersatzdelegierte nicht auch befangen sind. Sie seien zumindest nicht berechtigt, die KV-Entscheidung anzufechten, sagt Mährlein dazu.

Und sonst? Hätte Seidl, der einzige gänzlich Unbefangene im Vorstand, dann alleine abstimmen sollen? „Wir haben ernsthaft diskutiert, ob er das alleine entscheiden muss”, sagt Mährlein, der anmerkt, dass seit April eine Zusammenarbeit im Kreisvorstand „wegen solcher Vorgehensweisen” nicht mehr möglich sei.

Kirsch und Fuhrmann räumten zwar Fehler bei der Veranstaltung ein, sahen aber keinen Grund, die Wahl deshalb zu annullieren. Derweil gab Mährlein seine offiziellen Beweggründe bekannt, die er am Mittwoch der Presse noch vorenthalten hatte. Demnach waren gleich sieben Mitstimmer nicht wahlberechtigt, da Fristen nicht eingehalten waren und sie zu spät in die Partei kamen.

Hück stellt sich hinter Mährlein

Die meisten davon sind wohl Hücks Lager zuzuordnen. Eines dieser Nicht-Mitglieder kandidierte sogar als Delegierte. Daher, so schloss Mährlein, habe der Verfahrensfehler auch Einfluss auf die Wahl genommen. Auch das Chaos bei den Wahlzetteln, die alphabetisch nach Vornamen sortiert waren, habe zur Annullierung geführt.

Und Uwe Hück? Der stellt sich klar hinter Mährlein. „Bei mir haben sie sich die Zähne ausgebissen. Jetzt wird hier ein so anständiger Mensch wie Christoph Mährlein psychisch so angegriffen. Das ist unerträglich”, sagt er. Hück finde es schlicht „nicht sachbezogen, sondern hassbezogen”, was da gerade an Schlammschlacht ausgetragen werde.

Zu Fuhrmanns Vorwürfen, er selbst habe ein Scheitern der Wahl provoziert, sagte Hück: „Eine Demokratie muss so etwas aushalten, auch wenn es schwachsinnig ist.” Dass aber der gesamte Vorstand hätte entscheiden sollen, das sieht er nicht. „Man kann nicht Staatsanwalt und Richter gleichzeitig spielen.”

Er selbst habe ja auch nicht über seinen Antrag abgestimmt. In gewisser Weise geht Hück aber noch weiter als Fuhrmann: „Wir haben einen Antrag eingebracht, dass der gesamte Vorstand – also auch Uwe Hück – zurücktreten muss. Da ist nur bisher nichts geschehen. Also von mir aus können wir gleich morgen eine Sitzung einberufen, um einen Neuanfang zu machen.”

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