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BNN-Redaktionsgespräch

Polizeipräsident Tritsch: Bei der Sicherheit spielt Pforzheim in der Champions League

Polizeipräsident Wolfgang Tritsch beurteilt die Sicherheitslage in der Region als gut. Eine „abstrakte Gefahr“ sieht Pforzheims höchster Ordnungshüter durch den wieder aufgeflammten islamistischen Terror auch in Pforzheim.

Besuch in der Redaktion: Pforzheims Polizeipräsident Wolfgang Tritsch
Besuch in der Redaktion: Pforzheims Polizeipräsident Wolfgang Tritsch Foto: Daniel Streib

Er ist der oberste Ordnungshüter im Nordschwarzwald, doch präsidiales Gehabe ist Wolfgang Tritsch eher fremd. Ein Bilderbuch-Schutzmann, so könnte man meinen, nur Eingeweihte erkennen den hohen Dienstgrad am goldenen Eichenlaub auf den Schulterklappen seiner Uniform. Der Pforzheimer Polizeipräsident, der morgens mit der Regionalbahn zum Dienst kommt, gibt sich im Gespräch zugänglich und unprätentiös.

Nach rund zehn Monaten an der Spitze des neuen Präsidiums Pforzheim zieht Tritsch in der Pforzheimer BNN-Geschäftsstelle eine erste Bilanz. Nachdem er am Konferenztisch in der Redaktion seine Corona-Schutzmaske abgenommen hat, wird schnell klar, dass der zugängliche Mann klare Vorstellungen hat, Zahlen zum Präsidium hat er auf Nachfrage bis ins Detail im Kopf, Professionalität scheint offenbar eines seiner Lieblingswörter zu sein.

Das neue Polizeipräsidium sei schon deshalb ein großer Erfolg, weil dadurch deutlich mehr Polizeikräfte als vorher in der Region präsent seien. Der Leitsatz des Präsidiums „Mit Sicherheit nah am Menschen“ sei auch deshalb bewusst so gewählt, weil die Polizei für die Sicherheit nicht nur der einheimischen Bürger, sondern eben aller Menschen da sei.

Polizeipräsidium Pforzheim, Bürogebäude
Polizeipräsidium Pforzheim Foto: Daniel Streib

Der 59-Jährige klingt streckenweise mehr wie ein Spitzenmanager als ein klassischer Beamter. Oder wie ein Fußballtrainer. Tritsch sagt: „Wir hatten in 2019 den sichersten Dienstbezirk in Baden-Württemberg und wir wollen bei der Sicherheit auch weiterhin in der Champions League spielen.“ Auf der guten Arbeit der vergangenen Jahre gelte es auch im neuen Präsidium aufzubauen. Er verweist auf andere Regionen und Länder. „Verglichen damit leben wir auf einer Insel der Seligen.“

Dennoch nimmt der Polizeichef die gefühlte Sicherheit ernst „Das Produkt Sicherheit besteht aus beidem, aus objektiven Zahlen und dem Sicherheitsempfinden“, sagt er und hört sich wieder wie ein Manager an.

Ermittlungserfolg nach Friseur-Überfall?

Hintergrund ist die häufig beklagte Diskrepanz zwischen Statistik und Stimmung. Dass Pforzheim trotz hohem Migrationsanteil statistisch gesehen die zweitsicherste Großstadt im Land ist – und der Enzkreis der sicherste Landkreis – sorgt bekanntermaßen regelmäßig für ungläubiges Raunen, namentlich in den Sozialen Netzwerken.

Nach dem brutalen Überfall auf ein Friseurgeschäft und weiteren gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen kurdischen Familienverbänden in der Öffentlichkeit, hatte Tritsch umgehend eine Ermittlungsgruppe eingesetzt und nicht nur mehr Polizeipräsenz in der City angeordnet, sondern auch höchstpersönlich Präsenz bei einem Polizeieinsatz gezeigt.

„Dabei sind wir schon ein gutes Stück weitergekommen und können voraussichtlich bald über konkrete Erfolge berichten“, verrät Tritsch auf Nachfrage zum Stand der Ermittlungen.

Polizeipräsident Wolfgang Tritsch in Uniform vor dem Polizeipräsidium in der Pforzheimer Bahnhofstraße
Oberster Ordnungshüter: Polizeipräsident Wolfgang Tritsch leitet das zum Jahresbeginn neu eingerichtete Polizeipräsidium in der Pforzheimer Bahnhofstraße. Foto: Daniel Streib

Doch Tritsch macht im BNN-Gespräch ebenso deutlich, dass mit ihm eine überzogene Darstellung der Sicherheitslage oder Versuche der politischen Instrumentalisierung nicht zu machen sind. „Als Polizisten sind wir strikt neutral und machen professionell unsere Arbeit.“ Wenn beispielsweise im Zusammenhang mit dem Friseur-Überfall in Medien und Öffentlichkeit von Clan-Kriminalität die Rede sei, könne er sich das keinesfalls zu eigen machen. „Das gibt unser Ermittlungsstand nicht her“, sagt er auch auf mehrfaches Nachfragen geduldig.

Eine abstrakte Gefahr ist vorhanden, die nach den Ereignisse in Wien zudem Nachahmungstaten befürchten lässt.
Polizeipräsident Wolfgang Tritsch

Und auch ein anderes Thema im Zusammenhang mit Migration wird derzeit wieder verstärkt öffentlich diskutiert. Wie sieht Tritsch vor dem Hintergrund des erneut aufgeflammten islamistischen Terrors in Frankreich und in Wien die Situation in Pforzheim?

Abstrakte Terror-Gefahr

„Eine abstrakte Gefahr ist vorhanden, die nach den Ereignisse in Wien zudem Nachahmungstaten befürchten lässt. Aber eine konkrete Gefährdungslage für unseren Bereich haben wir nicht“, stellt Tritsch fest, der im gleichen Atemzug ebenso an die Bedrohungen von islamischen Einrichtungen in Pforzheim erinnert.

Ob und wie viele islamistische Gefährder womöglich in der Region unter Beobachtung stehen, dazu könne man als Polizeipräsidium nicht Stellung nehmen. Die Zuständigkeit liege beim Landeskriminalamt.

Bezüglich des Umgangs mit der Pandemie kann Tritsch zum Schluss des Redaktionsbesuchs viel Positives berichten. „Nach unserer Erfahrung halten sich die Menschen in der Öffentlichkeit immer disziplinierter an die Corona-Regeln. Bei den Skeptikern müssen wir eben Überzeugungsarbeit leisten,“, sagt der Polizeipräsident lächelnd und setzt zur Verabschiedung seine Maske wieder auf.

Ein Sprecher des Landeskriminalamtes teilte im Anschluss auf Nachfrage zur Gefährdersituation lediglich mit, „dass in Baden-Württemberg aktuell eine mittlere zweistellige Anzahl an Personen als Gefährder im Bereich der Politisch motivierten Kriminalität (PMK)-Religiöse Ideologie eingestuft ist“. Zahlen zu Pforzheim nannte die Behörde nicht. Zur regionalen Verteilung könne man aus „kriminaltaktischen Gründen“ keine Auskunft geben.

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