Wer in Baden-Württemberg einen neuen Hausarzt sucht, braucht gute Beziehungen und eine Menge Geduld. Immer mehr Gemeinden im Land gelten als unterversorgt. Manche, wie jüngst Graben-Neudorf nördlich von Karlsruhe, starten sogar eigene Kampagnen, um mit Geld und anderen Anreizen neue Ärzte oder Ärztinnen zu sich zu locken.
Berufsverbände wie der Hausärzteverband Baden-Württemberg warnen schon länger, dass der Ärztemangel die Patientenversorgung und -sicherheit gefährdet. „Mit mäßigem Erfolg“, bedauert die Vorsitzende des Hausärzteverbands Baden-Württemberg, Nicola Buhlinger-Göpfarth.
Um ein Zeichen zu setzen, ruft der Verband deshalb für Mittwoch (19. Oktober) zum großen Streik auf. Die rund 4.000 Hausärzte und Hausärztinnen im Land sollen ihre Praxen an diesem Tag schließen oder deutlich weniger Termine vergeben.
„Die flächendeckende Patientenversorgung ist massiv gefährdet. Die Zahl der Hausärzte und Hausärztinnen sinkt kontinuierlich, weil unser Beruf unattraktiv geworden ist. Die verbleibenden Kollegen werden in hohem Maße mehr- oder überbelastet. Die Folgen sind lange Wartezeiten, weite Wege und Frustration auf Seiten der Patienten und der Ärzte“, begründet Nicole Buhlinger-Göpfarth den Streikaufruf ihres Verbandes.
Hausärzte in Baden-Württemberg wollen mit Streik auf „bedenkliche Situation“ aufmerksam machen
Ziel der Protestaktion sei es, die Politik und die Gesellschaft auf die „bedenkliche Situation“ der hausärztlichen Versorgung und die Konsequenzen für Patienten und Ärzte hinzuweisen. „Die Menschen in Baden-Württemberg haben einen Anspruch auf eine qualitativ hochwertige Versorgung“, sagt Buhlinger-Göpfarth.
Der Verband fordert von der Politik und allen am Gesundheitswesen beteiligten Organisationen und Institutionen unter anderem „eine sichere Digitalisierung, eine faire Vergütung mit Inflationsausgleich und die Sicherstellung der Hausarzt-zentrierten Versorgung als Innovationsmotor“, wie Susanne Bublitz, die zweite Vorsitzende des Verbands aufzählt.
Weitere Kritikpunkte sind die überholte Bedarfsplanung und die veraltete Gebührenordnung für Ärzte (GÖA) sowie die ausgelaufene Finanzierung der Versorgung von Corona-Patienten.