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Froh über gestrichenen Paragraf 219a

Kein Interesse am Kindswohl? Das wirft Pro Familia Pforzheim demonstrierenden Abtreibungsgegnern vor

Die Streichung des Paragrafen 219a erleichtert die Arbeit des Teams von Pro Familia. Damit ist die Vorschrift vom Tisch, dass Frauenärzte nicht über ihre Methoden zu Abtreibungen informieren dürfen. Doch Sorgen haben die Mitarbeiterinnen dennoch.

Persönlich und familiär: Das Team von Pro Familia in Pforzheim bietet die ganze Palette von Beratung rund um Familienplanung an. Die Ärztin Regina Arlt Rechts) gehört seit vielen Jahren zum Team.
Persönlich und familiär: Das Team von Pro Familia in Pforzheim bietet die ganze Palette von Beratung rund um Familienplanung an. Die Ärztin Regina Arlt Rechts) gehört seit vielen Jahren zum Team. Foto: Pro Familia

Die Mitarbeiterinnen von Pro Familia in Pforzheim sind erleichtert. Schwangerschaftskonfliktberatung ist eine ihrer wichtigsten Aufgaben. Dass die Bundespolitik ihre Arbeit jetzt durch die Streichung des Paragrafen 219a erleichtert hat, lässt sie aufatmen. Damit ist die Vorschrift vom Tisch, dass Frauenärzte nicht über ihre Methoden zu Abtreibungen informieren dürfen.

Kein Arzt in Region bietet Schwangerschaftsabbruch an

Edith Münch und ihr Team erhoffen sich davon eine Breitenwirkung. „Es geht darum, dass Ärzte, die das anbieten, nicht kriminalisiert werden dürfen“, erklärt die Chefin des Hauses. Sie führt auf die bisherige Gesetzeslage zurück, dass es seit zwei Jahren weder in Pforzheim noch im Enzkreis einen Mediziner gibt, der Abbrüche vornimmt.

Dies sollte sich jetzt durch die neue Gesetzeslage ändern, so hoffen Münch und ihre Kolleginnen Regina Arlt und Sigrid Kleer-Geib. Gleichzeitig macht Arlt deutlich: „Kein Mediziner reißt sich darum, einen Abbruch vorzunehmen. Sie tun dies, weil es notwendig ist. Es ist eine sehr schwere Entscheidung.“

Kein Mediziner reißt sich darum, einen Abbruch vorzunehmen.
Regina Arlt, Ärztin und Mitarbeiterin von Pro Familia

Die Ärztin arbeitet seit 18 Jahren bei Pro Familia und hat viel Einsicht in Lebensumstände von Klientinnen gewonnen. Sie berichtet von Frauen, die schon mehrere kleine Kinder haben und sich gegen ein weiteres entscheiden, weil sie nicht wissen, wie sie es versorgen sollen. Es mangele an Kita-Angeboten, am Geld und an anderer Unterstützung. „Es tut ihnen weh, abzutreiben. Und sie brauchen keine Schilder, die sie als Mörderinnen bezeichnen.“

Sie spricht mit dem Satz das jüngste Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg an. Danach darf sich die Bewegung „40 Days for Life“ (40 Tage für das Leben) auch in Zukunft vor der Beratungsstelle in der Parkstraße versammeln – und damit aus Sicht des Teams weiter Frauen an den Pranger stellen, die sich ohnehin in Notlagen befinden.

Pro Familia wurde vor Gericht nicht angehört

Von Pro Familia sei vor Gericht niemand gehört worden, so wiederholen die Frauen ein ums andere Mal. Sie konnten also auch nicht deutlich machen, „dass auch schwangere Frauen, die sich für ein Kind entscheiden, an ihnen vorbei müssen“, sagt Arlt.

„Es gibt ein Grundrecht, sich beraten lassen zu können“, verweist Münch auf die Gesetzeslage. Pro Familia arbeite im Auftrag von Pforzheim, Enzkreis und Landkreis Calw. Die Einrichtung stehe Menschen in allen Belangen der Familienplanung zur Seite. Es geht um Verhütung, das Ausloten von Lebenssituationen, pädagogische Begleitung, Hilfspakete für werdende Mütter und eben auch um das Thema Schwangerschaftsabbruch.

„Wir bieten eine gute und professionelle Beratung, in jeder Beziehung“, beschreibt Geschäftsführerin Münch die Palette, die all dies einschließt: „Als staatlich anerkannte Konfliktberatungsstelle dürfen wir nach einer Beratung auch eine Bescheinigung zum Abbruch ausstellen.“

Allein im Corona-Jahr 2020 hatte Pro Familia 2.734 persönliche wie telefonische Beratungskontakte. Vergangenes Jahr bilanzierte die Einrichtung 2.711 Beratungen. Dass dies auch eine Arbeit pro Kind ist, lässt sich statistisch belegen. Die Zahl der Abbrüche sei deutschlandweit zurückgegangen, während die Zahl der Geburten in Pforzheim seit Jahren zunehme. Das statistische Landesamt belegt dies.

Pro Familia wertet das auch als Erfolg der eigenen Beratungsarbeit. Einfacher wird diese nicht, wenn demnächst die Abtreibungsgegner um Aktivistin Pavica Vojnovic wieder in der Parkstraße auflaufen sollten. „Und wenn sie sich wirklich um das Kindswohl sorgten, würden sie überlegen, wie schwangeren Frauen geholfen werden kann“, sagt Münch.

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