Ein Wegwerfprodukt von unschätzbarem Wert soll die Wirtschaftsregion weit nach vorne bringen: Magnete. Bislang werden „gerade mal zwei Prozent davon recycelt“ und für eine neue Verwendung aufbereitet, erzählt Roman Schweitzer.
Der Pforzheimer Unternehmer sammelt erste Erfahrungen mit der Aufbereitung von Magneten aus Automotoren: „Es gibt noch nicht einmal Maschinen dafür.“ Mit seiner Firma Weick Recycling ist er damit buchstäblich die Schnittstelle bei dem, was der Leiter des Schmucktechnologischen Instituts an der Hochschule, Carlo Burkhardt, und mit ihm der ganze Nordschwarzwald vorhaben.
Sie wollen das Ergebnis jahrzehntelanger Magnet-Recycling-Forschung alltagstauglich machen. Die Werkbänke der Region – Werkzeugmacher, Stanzbetriebe und Maschinenbauer – sollen von dem Vorhaben profitieren.
Seltene Erden aus Magneten werden gesichert
Magnete stehen im Zentrum von Elektromobilität, Windkraft und Elektronik. Wer vorne mit dabei ist, wenn recycelt wird, dürfte gut ins Geschäft kommen.
Denn Recycling sichert die in Magneten verarbeiteten Seltenen Erden und bringt damit ein Stück Unabhängigkeit von den Gebieten, wo die Metalle unter miesen Bedingungen abgebaut werden – vorneweg China.
Für die Übertragung der Laborergebnisse an die Werkbänke der Region ist eine „Transferfabrik Permanentmagnete“ angedacht. Sie wäre das erste Projekt in einem für den Nordschwarzwald angedachten „Innovationszentrum Wissenschaft und Wirtschaft“.
An dieser Einrichtung sollen sich Forschung und Industrie auch bei anderen Themen ganz nah kommen. Sie ist der mit zwölf Millionen Euro bepreiste Top-Leuchtturm bei der Bewerbung im RegioWin-Wettbewerb des Landes. Und sie soll wettmachen, dass im Nordschwarzwald außeruniversitäre Forschungseinrichtungen fehlen. Die Unterlagen müssen an diesem Freitag um 16 Uhr beim Wirtschaftsministerium in Stuttgart sein.
Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald geht mit drei Leuchttürmen ins Rennen
Ideen für Innovation und Energiewende sind gefragt bei der europäischen Regionalförderung (efre) für die Jahre 2021 bis 2027, die das Geld für RegioWin bringt. Der Fachbeirat der Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald (WFG) geht mit drei Leuchttürmen ins Rennen.
An zweiter Stelle vorgeschlagen ist eine „biointelligente Wasserstoff-Kreislaufwirtschaft im Schwarzwald“. Ziel sei eine „kundenindividuelle Brennstoffzellenfertigung durch Hochgeschwindigkeitsmontage“, erläutert WFG-Chef Jochen Protzer. Energetisch setzen der Campus Freudenstadt sowie Universität und Fraunhofer-Institut in Stuttgart dabei auf Holz und Wasserstoff. Das ist neben der Innovation der Nachhaltigkeitsaspekt bei dem Vorhaben. Beides zusammen soll auch hier zwölf Millionen Euro bringen.
Mit acht Millionen Euro ist der dritte Leuchtturm angelegt, die „Grüne Land- und Energiewirtschaft durch Upcycling“ ergänzend zum Biomethanprojekt in Mühlacker. Dabei geht es laut Protzer darum, Gülle für Biogasanlagen zu nutzen sowie über eine Separationsanlage daraus dosierfähigen Spezialdünger zu gewinnen.
Nähe zur Forschung ist gefragt
Rund 50 Leute arbeiteten seit Herbst 2019 an dem erneuten Griff in den EU-Fördertopf. Efre-Geld ermöglichte bislang zum Beispiel das Kunststoffcluster Innonet in Horb, wo eine über künstliche Intelligenz gesteuerte Wissensdatenbank für Kunststoffe entstehen soll, wenn denn das „Innovationszentrum Wissenschaft und Wirtschaft“ den Zuschlag bekommt und dann seinen Sitz in Pforzheim im neuen Zentrum für Präzisionstechnik haben wird – ebenfalls ein RegioWin-Projekt.
Wer eine Kurbelwelle bearbeitet, kann zukünftig Magnetrotoren schleifen.Carlo Burkhardt, Hochschule Pforzheim
Als drittes Startprojekt ist geplant, über die neue Nähe zur Forschung ein digitales Netzwerk Kreislaufwirtschaft Nordschwarzwald aufzubauen.
Magnete könnten sich in Kopfhörern, Maschinen und Autos wiederfinden
Richtig wertvoll für die Zukunft der Region dürfte vor allem der Magnetschrott werden, der recycelt und dann gespritzt, gepresst, gedruckt oder gestanzt zum energetischen Herzstück eines Kopfhörers, einer Maschine oder eines Autos wird. „Wer eine Kurbelwelle bearbeitet, kann zukünftig Magnetrotoren schleifen“, bringt Burkhardt den Nutzwert seiner Forschung auf den Punkt.
An dieser Schnittstelle wird Zukunft gemacht.Jochen Protzer, WFG-Geschäftsführer
Als Bindeglied für den Sprung auf das neue Produktionsniveau ist das „Innovationszentrum für Wissenschaft und Wirtschaft“ gedacht. „An dieser Schnittstelle wird Zukunft gemacht“, prognostiziert Protzer.