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Fortsetzung am 14. Februar

„Reine Abzocke“: Blitzer spaltet Pforzheim – Ausschuss lehnt Anschaffung von „Micha II“ ab

Die einen lieben ihn, die anderen nicht: Die Stadt Pforzheim ist gespalten, was den Blitzer „Micha“ angeht. Einen „Bruder“ wird es jedenfalls vorerst nicht geben.

Auto und teilstationärer Blitzer
Im Einsatz: Mehr als 3.000-mal hat „Micha“, wie der Blitzer genannt wird, während des Weihnachtsmarktes in einer Woche ausgelöst. Foto: Jürgen Peche

„Micha“ spaltet die Stadt Pforzheim. Die einen lieben den teilstationären Blitzer, weil er sie nachts ruhiger schlafen lässt. Die anderen hassen ihn, weil er Unachtsamkeit oder bewusstes Rasen gnadenlos mit einem Bußgeld ahndet.

Allein während des Weihnachtsmarkts hat „Micha“, wie der wuchtige, graue Kasten am Straßenrand fast liebevoll im Volksmund heißt, am Waisenhausplatz während einer Woche mehr als 3.000-mal zugeschlagen.

Jetzt will die Stadt dem fleißigen Blitzer wegen erfolgreicher Aufgabenerfüllung bei der Einhaltung des Lärmschutzes und der Verkehrssicherheit einen Bruder zur Seite stellen.

Der Gedanke an „Micha II.“ wurde schon zur Einführung des Lärmaktionsplans gefasst, doch in den jetzigen Beratungen im Ausschuss für öffentliche Einrichtungen treten aus den Erfahrungen mit dem ersten teilstationären Blitzer die emotionalen Gegensätze wieder voll zutage.

Das vorläufige Ergebnis der Beratungen: Fünf Stadträte sind für die Anschaffung, fünf dagegen. Formal, betont Bürgermeister Dirk Büscher (CDU), ist der Antrag der Verwaltung damit zunächst abgelehnt. Der Streit wird am 14. Februar im Gemeinderat fortgesetzt.

Blitzer „Micha“ soll Einhaltung von Tempo 30 in Pforzheim gewährleisten

Ausgangspunkt ist Tempo 30, das in vielen Straßen der Stadt eingeführt wurde, um den Lärm für Anwohner zu mindern. Doch das funktioniert nur, wenn die Einhaltung des Tempolimits regelmäßig kontrolliert wird – auch nachts, auch längerfristig. Das kann der teilstationäre Blitzer leisten.

Mit den bisherigen „äußerst positiven Erfahrungen“, so die Begründung, rechnet die Verwaltung mit weit mehr als 40.000 Geschwindigkeitsverstößen pro Jahr. Im Rathaus oder aber auch bei Stadträten gehen ständig Anrufe ein, die einen Einsatz von „Micha“ auch vor ihrer Haustüre erbitten.

Das gleiche gilt laut Büscher für Anfragen aus den Ortschaftsräten. „Ich habe schon lange Wartelisten nach Anfragen von Bürgern“, bestätigt Ordnungsamtsleiter Jürgen Beck.

Jeder kann Verkehrszeichen lesen und sich daran halten.
Jörg Augenstein, CDU

„Verwundert“ zeigt sich Jörg Augenstein (CDU) über die verbreitete Empörung meist direkt betroffener Temposünder: „Jeder kann Verkehrszeichen lesen und sich daran halten.“ Augenstein räumt allerdings ein, dass die Flut von Tempo-30-Schildern, der häufige Wechsel von Tempo 50 auf 30 und dazu die Zusatzschilder für nur nächtliche Gültigkeit das Problem verschärfen.

Darauf weist auch Andreas Kubisch (Bürgerbewegung) hin, der anders als Augenstein den Antrag ablehnt. Jaqueline Roos signalisierte die Zustimmung der SPD-Fraktion zu der Anschaffung eines zweiten Blitzers, hofft aber, dass der Schilderwald durch eine generelle Tempo-30-Regelung für die ganze Stadt bald verschwinden kann.

Der Städtetag fordert eine entsprechende Änderung des Verkehrsrechts von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP). Die Pforzheimer Liberalen sind gegen die rund 275.000 Euro teure Neuanschaffung nebst Einrichtung von eineinhalb Stellen für die Bearbeitung der Geldbußen: Für Andrea Pachaly-Szalay ist keine verstärkte Kontrolle nötig, die zudem Besucher der Stadt abschrecken würde. Deutlicher wurde noch Thomas Goßweiler (UB), der von „reiner Abzocke“ sprach.

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