Die Hängepartie für Pforzheims Schmuckfabrikanten bei den wichtigen Messen geht weiter. Jetzt hat die Inhorgenta in München bestätigt, was seit einigen Tagen als gesichert gilt. Die Schmuck- und Uhrenmesse im Februar ist abgesagt und auf den 15. bis 19. April verschoben. Damit ist zum Jahresauftakt der letzte bedeutende Marktplatz weg für die Traditionsbranche im Nordschwarzwald. Außerdem drängen sich die von Januar auf 12. bis 16. März verschobene Vicenza Oro sowie die vorläufig auf 8. bis 12. April terminierte Houruniverse – die bisherige Baselworld – und die Inhorgenta auf zeitlich sehr engem Raum.
„Das erste Quartal wird haarig“, sagt Marc Bülling. Dabei hatte der Pforzheimer Kettenfabrikant mehr Messegeschäft als die meisten seiner Kollegen. Seine Firma und Rauschmayer waren im September als einzige in Vicenza präsent, wo sonst um die 40 Hersteller aus Pforzheim und dem Enzkreis auf ein gutes Jahresendgeschäft setzen. Es wäre möglich gewesen nach der Bilanz von Bülling: „Die Messe war wirklich gut.“ Er will daran im März anknüpfen, wenn er kann. Messen sind Büllings Hauptvertriebsbasis. Auch Hongkong hat er gerade gebucht fürs Frühjahr, glaubt aber nicht, dass er dort sein wird. Vieles im Rest der Welt „ist für Deutsche wegen der Quarantänevorschriften unerreichbar“.
Einer, der sich nicht vorstellen kann, dass es im März die Vicenza-Messe gibt, ist Falk Dettinger. Er besuchte Pforzheims Partnerstadt, wo er Ketten der Marke Clioro produziert, in der vergangenen Woche. „Die Stimmung ist tausendmal schlechter als im Juni nach dem Lockdown“, berichtet er. Die Region stehe mit dem Rücken an der Wand, auch weil Staatsmittel nicht ausgezahlt würden, – „viele stehen schon gar nicht mehr“.
Deutlich besser ist Lage in der Schmuckwelt des Nordschwarzwalds. Gute, inhabergeführte Juweliere mit Stammkundschaft verkaufen gut, heißt es übereinstimmend. Entsprechend laufen die Geschäfte „erfreulich“, wie Dettinger sagt. Er und seine Kollegen profitieren in gewisser Weise sogar von Corona. Wo kein Geld ausgegeben werden kann für Freizeitaktivitäten und Urlaubsreisen, bleibt viel übrig für hochwertigen Schmuck. Hinzu kommt, dass mancher auch reale Werte gegen instabil wirkende Verhältnisse setzt.
Keine Kundenpflege und keine neuen Kontakte
Ein Jahr ohne Messe – und so sieht es bis Februar für viele Firmen aus, die im Nordschwarzwald Uhren und Schmuck produzieren – ist dennoch eine Zäsur. Die meisten hatten im Februar die letzte große Gelegenheit, Neuheiten zu präsentieren, Kunden zu pflegen und neue Kontakte zu machen. Das gilt auch für die eher krisenresistenten Trauringhersteller. Ihnen nützt es noch weniger als anderen, wenn das von Messen getragene Europageschäft statt im Januar und Februar im März und April so richtig anläuft.
„Juweliere wollen schon im Januar wissen, was es Neues gibt“, sagt Eberhard Auerbach-Fröhling. Das hänge mit den Hochzeitsmessen zusammen, die es 2021 aber wohl eher nicht geben wird, wie er einräumt. Es hänge aber auch damit zusammen, „dass gekauft wird, sobald es wärmer wird“. Insofern ist der Chef von A. Gerstner skeptisch, „ob das eine tolle Messe wird, wenn wir im April hinterher schießen, wo der Markt dann schon verlaufen ist“. Bis dahin sind auch alle Kunden besucht, schiebt der Trauringspezialist nach, dass eine späte Messe selbst auf der Kontaktebene nicht viel bringt für seine Branche.
Pessimistisch in die Zukunft blickt Auerbach-Fröhling deshalb nicht. „Uns läuft keine Braut davon.“ Das berührt auch die zarten Kettchen, die Marc Bülling verkauft. Unabhängig davon ist er generell überzeugt, dass die Umsätze nur verschoben werden, aber nicht weg sind, wenn im ersten Quartal so gut wie nichts geht. Die Inhorgenta versucht dies mit der Aussicht auf fünf statt bislang vier Messetage sowie einem neuen Ausstellungsbereich für Edelsteine wett zu machen.