Die Corona-Krise droht, die alten Grabenkämpfe in der Pforzheimer Sportlandschaft wieder aufzubrechen. Zwar hatten sich die Vereine trotz ausbleibender Einnahmen während der Pandemie mit Forderungen gegenüber der Stadt eher zurückgehalten. Doch die Forderungen nach mehr Geld werden lauter – wie auch die der Politik nach wesentlichen Reformen.
Das bringt Jörg Augenstein auf den Punkt, der in seiner Dreifachrolle als CDU-Stadtrat, stellvertretender Vorsitzender des Sportkreises Pforzheim/Enzkreis sowie als Kreisschiedsrichterobmann gleich aus drei Perspektiven die Zukunft des Pforzheimer Sports im Blick hat. „Wir können uns über eine höhere Sportförderung unterhalten – gegen innovative Konzepte der Vereine.“ Was damit gemeint ist? Vereinsfusionen oder zumindest Kooperationen, führt Augenstein aus.
Höheres Budget reicht vielen nicht
Die Idee eines Super-Vereins in Pforzheim ist dabei nicht neu. So könnte man sich den Unterhalt diverser Geschäftsstellen sparen, außerdem könnten Hauptamtliche viel gezielter Fördergelder auf Landes- und Bundesebene abgreifen. „Im Moment stehen sich die Vereine auf den Füßen“, sagt Augenstein. Doch durch Corona müssen sie an ihre Reserven gehen – eine Chance, die Debatte voranzubringen?
Um 200.000 Euro soll der Haushalt 2021 für die Sportförderung erhöht werden. „Es ist ein bisschen mehr als das, was wir wegen der Haushaltssperre abgeben mussten“, ordnet Wolfgang Hohl ein, wie Augenstein stellvertretender Vorsitzender des Sportkreises. „Wenn die Stadt einen starken Verein haben will, dann muss sie auch in Vorleistung gehen.“ Sprich: Es ist nicht genug. Und die Corona-Hilfen, ein Einmal-Kredit über 5.000 Euro oder die Stundung von Hallenmieten? „Das hilft dem Gros der Vereine nicht“, bestätigt Hohl. „Man kann solches Geld nur annehmen, wenn man von einem starken Jahr 2021 ausgeht.“
Stadtrat Reinhard Klein (Bürgerliste) kritisierte Oberbürgermeister Peter Boch (CDU) jüngst in einem offenen Brief. „Die Stadt hat zwar ein Hilfsangebot für Vereine aufgelegt, diese sind jedoch keine echte Hilfe.“ Sein Vorschlag: Reduzierung der Miete und Unterstützung derjenigen, die eigene Räumlichkeiten haben.
Roland Hiller, stellvertretender Vorsitzender des TV Pforzheim, sieht es ähnlich. „Die Einnahmen, die uns jetzt fehlen, werden wir ja nach Corona nicht doppelt haben“, sagt er. Dabei fehle bereits Geld, etwa, um Heizungen im Bohrain-Sportpark auszutauschen. Zwar wolle er nicht zu hart mit einer Stadt ins Gericht gehen, die an vielen Fronten zu kämpfen habe. Aber „eigentlich müsste eine viel stärkere Unterstützung kommen, unabhängig von Corona“. Man stemme sich gar nicht einmal gegen Kooperationen. Nur ist man eben auch der älteste Verein der Stadt, habe zahlreiche Ehrenamtliche engagiert. Andere Vereine sehe man da eher in der Pflicht. Und natürlich die Stadt, einfach den Sport stärker zu fördern.
Footballer sehen sich mit Finanzamt konfrontiert
„Pforzheim ist da am unteren Rand“, ergänzt Kai Höpfinger, Vorsitzender des Footballvereins Wilddogs Pforzheim. Der Verein boomt, ist allerdings sportlich monothematisch. Die Corona-Hilfen nennt er „Augenwischerei“. Dabei war es Höpfinger selbst, der beim ersten Lockdown noch die Stadt aufgefordert hatte, sich erst einmal „um die wirklich Bedürftigen zu kümmern“.
Doch die Lage habe sich mittlerweile geändert. „Wir haben plötzlich Post vom Finanzamt bekommen, weil unser Umsatz zu groß ist und wir jetzt Steuern zahlen müssen. Nur, dass wir davon keine Geschäftswagen bezahlen. Allein für den Trikotsatz zahlen wir gut und gerne 10.000 Euro.“ Immerhin besteht die erste Mannschaft aus 50 Spielern. Und dann gibt es Spieler aus Übersee, die während Corona in Deutschland gestrandet waren und finanziell unterstützt wurden. Nun müsse sich der Verein für die kommende Saison aufstellen. „Ohne diese Qualität bekommen wir in jedem Spiel die Hucke voll.“ Und das wäre dann auch das Ende der Pforzheimer Football-Euphorie.
Großes Loch in der Kasse des 1.CfR Pforzheim
Das größte Loch in der Vereinskasse weist allerdings der 1. CfR Pforzheim auf, der mit knapp 800.000 Euro auch den größten Etat der Pforzheimer Vereine hat. „Uns fehlen zehn Heimspiele“, klagt der CfR-Vorsitzende Markus Geiser. Gerade als Oberligist, wo man ohnehin schon zwischen Amateur und Profi hänge, wirke sich Corona besonders schwer aus. Er kritisiert, die Stadt spare mit Anerkennung gerade auch für das soziale Engagement der Clubs, möchte der Stadt in der Corona-Lage aber keine schlechten Noten ausstellen.
„Die Stadt tut im Moment, was sie kann. Das ist halt nicht viel.“ Beim Fusionsverein aus FCP und VfR wolle man sich nicht vor weiteren möglichen Kooperationen verschließen. Doch auch hier wundert man sich über den Sinn von Krediten vor dem Hintergrund eines unplanbaren Sportjahres 2021.