Mit einem Déjà-vu nahm der in Pforzheim während der Bäderdiskussion kalt ausgebremste Gestaltungsbeirat am Freitag seine Arbeit wieder auf. Das Gremium unter Vorsitz von Professor Ludwig Wappner wirbt bei einem Bauherrn für eine intensivere Grundstücksausnutzung. Außerdem lag ein Entwurf für einen Handwerker- und Dienstleistungspark an der Autobahnauffahrt West vor.
Anregungen für eine Gewerbezentrum
Die konzeptionell vielleicht spannendste Frage bei der Video-Sitzung rührte an einem Pforzheimer Grundproblem: dem Mangel an Gewerbefläche. Wappner und seine Kollegen regten deshalb an, aus dem geplanten eingeschossigen Industriebau direkt an der Schleife der Schwenninger Straße ein bis zu 20 Meter hohes Gewerbezentrum zu machen.
„Wir vergolden gerade ihr Grundstück“, sagte Wappner dem Bauherrn zu der in Aussicht gestellten Befreiung von den im Bebauungsplan vorgegeben 14 Metern Höhe. Neben gestalterischen Argumenten wie bessere Sichtbarkeit von der Autobahnabfahrt aus anstelle einer riesigen begrünten Dachfläche, ging es dabei um die Chance, das Angebot an Gewerbeflächen zu vergrößern. Auf ziemlich viele Firmenanfragen verwies hier Bürgermeisterin Sibylle Schüssler. Außerdem bot sie die Unterstützung der Stadt an und sagte: „Das kann durchaus rentierlich sein.“
Zweifel daran äußerte Bauherr Frank Müller. Er nutze die Möglichkeiten, die ein Grundstück biete, normalerweise voll aus. „Das Nadelöhr heißt Lastenaufzug“, erläuterte er, weshalb er im konkreten Falle eine angedachte Mehrgeschossigkeit verworfen habe. Er will die Idee nochmal prüfen, angesichts der von Wappner skizzierten Aussicht darauf, was auf Münchner Gewerbehöfen möglich ist, sowie dessen Appell, er möge sich „die Chance doch nicht entgehen lassen und ein kleines Weihnachtsgeschenk bei der Stadt abholen“. Den Entscheidern bei der Stadt gab er dazu mit, dass es dabei auch um eine Lösung für zusätzliche Stellplätze gehen werde.
Dass immer mehr geht, wenn der Anspruch stimmt, machte der Gestaltungsbeirat am Beispiel der Durlacher Straße deutlich. Die städtebauliche Qualität des Entwurfs für eine Wohnbebauung sei nochmals einen großen Schritt besser als der für das seit 2016 erwartete Holiday Inn Express an der Stelle, für das es bereits eine Baugenehmigung gab. Mitte dieses Jahres sei klargeworden, dass das Vorhaben „unter Corona-Bedingungen weder finanzierbar noch verkaufbar ist“, erläuterte Frank Biehl von der Pheroh Unternehmergruppe in Neuss.
Bebauung soll 2021 starten
Die mit dem Schwenk vollzogene Umplanung bezieht sich im Wesentlichen auf die Südseite des Gebäudekomplexes. Dort war bereits in der Hotelphase ein Sockelgeschoss mit Gewerbeflächen entlang der Durlacher Straße angedacht. Darüber sollen nun Wohnungen mit Loggien entstehen. Zusammen mit den ohnehin geplanten Wohnungen auf der Nordseite sollen es 109 Einheiten werden.
Aus dem Pforzheimer Gestaltungsbeirat nahmen die Grimbacher Nogales Architekten dazu mit, sie sollten großzügigere Eingangssituationen schaffen. Weitere Punkte waren das Staffelgeschoss mit großem Technikblock für die Belüftung der Gewerbeeinheiten, das farblich angeglichen werden soll, eine noch weiter ausgestaltete horizontale Fassadengestaltung sowie dass das Gebäude entlang der Belfortstraße „nicht einfach absaufen“ sollte.
Für die Aussicht auf eine laut Wappner „prägende Vitalisierung des öffentlichen Raums“ an der markanten Kreuzung der Durlacher Straße soll es noch in diesem Jahr einen Bauantrag geben. Pheroh kündigt weiter an, das rund 3.300 Quadratmeter große Grundstück ab Mitte des kommenden Jahres zu bebauen.
Zum neuen Konzept gehört auch ein begrünter Innenhof mit Spielplatz und Sitzmöglichkeiten.