„Ich bin das Gesicht der Grünen im Enzkreis“: Stefanie Seemann gab sich in ihrer Nominierungsrede für die Landtagskandidatur selbstbewusst und kämpferisch. Das zahlte sich aus: Sie erhielt viel Applaus und am Ende die meisten Stimmen der versammelten 52 Mitglieder des Grünen-Kreisverbands. Ihr nächstes Ziel es ist nun, das Direktmandat bei der Landtagswahl am 14. März 2021 zu verteidigen.
Dass außer Seemann weitere vier Mitglieder des Kreisverbands Landtagskandidat werden wollten – das sei schon eine außergewöhnlich hohe Zahl, sagte Vorstandsmitglied Klaus Fingerhut im Vorfeld der mehr als vierstündigen Nominierungsveranstaltung in der Remchinger Kulturhalle.
Als versteckte Kritik an Seemann wollte er das wie berichtet nicht verstanden wissen, sondern eher als Zeichen dafür, wie viel Engagement und Potenzial es bei den Grünen im Enzkreis gibt. Seemann, der oft rhetorische Mängel vorgeworfen wurden, hielt eine mitreißende Rede, in der sie Persönliches mit den Erfahrungen und Erfolgen ihrer bisherigen vierjährigen Amtszeit mixte.
Am Donnerstagmorgen sei sie mit dem Fahrrad gestürzt – „es war nicht ganz klar, ob ich heute dabei sein kann“, erzählte sie und gestand, dass die Arbeit im Garten ihre große Passion sei: „Das ist eine Chance für grüne Politik, denn im Garten kann man die Folgen des Klimawandels verfolgen.“
Klimawandel im heimischen Garten
Erreicht habe sie, dass der Enzkreis zur ersten Biomusterregion im Nordschwarzwald aufgestiegen sei, der Schutz von Böden und Klima müsse aber weiter vorangebracht werden, forderte die 61-jährige gelernte Landschaftsgärtnerin.
Auch das kulturelle Erbe habe sie im Auge: Das Modellprojekt, das kleine Museen unterstützt, habe sie ebenfalls in den Enzkreis geholt, so die Mühlackerin, die sich auch für Flüchtlinge, Gleichstellung und Frauenrechte stark macht. Sie kämpfe für mehr Plätze in Frauenhäusern und dass Fachberatungsstellen gestärkt werden, allerdings seien durch Corona Rückschritte in der Frauenpolitik zu beobachten und auch der Klimaschutz werde dadurch an den Rand gedrängt betonte Seemann, die auch Sprecherin für Angewandte Wissenschaft ist.
Man kann Corona auch als Chance sehen.Stefanie Seemann, Landtagsmitglied
Man könne Corona aber auch als Chance sehen, um Themen wie Pflegeberufe, Ausbau von Radwegen und ÖPNV-Angebote mehr in den Fokus zu rücken. „Die Energie- und Mobilitätswende bleibt wichtig – da bleibe ich dran“, versprach die Landtagsabgeordnete, die 2016 der CDU im Wahlkreis Enz das Direktmandat abgeluchst hat. „Das zu verteidigen wird nicht einfach. Aber ich habe viele Kontakte geknüpft, bin in allen Enzkreis-Kommunen bekannt und ich brenne für grüne Themen.“
Ex-OB sorgt für Misstöne
Für die einzigen Misstöne bei der Kandidatenkür sorgte der ehemalige Oberbürgermeister von Mühlacker, Arno Schütterle, den gestört hat, dass sich Seemann als „Gesicht der Grünen im Enzkreis“ bezeichnete und fragte nach ihren „eigenständigen Leistungen“ in den vergangenen Jahren.
Seemann verwies auf ihren Einsatz für das neue Zentrum für Präzisionstechnik und die Förderung der Pforzheimer Hochschule.
Bernd Kauffmann ist Zweitkandidat
Seemann setzte sich im zweiten Wahlgang mit 27 Stimmen gegen Christina Fischer aus Ersingen (15 Stimmen), Pina Stähle aus Tiefenbronn (5), Jane Brosch aus Friolzheim (3) und Marcel Wlawatsch (2) durch.
Als Zweitkandidat geht Gärtner und Berufsschullehrer Bernd Kauffmann aus Heimsheim bei der Landtagswahl ins Rennen. Sein Ziel sei, die Arbeit von Kreistag und Landtag zu verzahnen. Der soziale Wohnungsbau sei außerdem sein Steckenpferd, sagte er in seiner Bewerbungsrede.
Kauffmann erhielt im zweiten Wahlgang 25 Stimmen. Christine Fischer und Jane Brosch, die auch bei der Kür des Zweitkandidaten angetreten waren, erhielten 17 bzw. sieben Stimmen.