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Reaktionen

Stimmen zum Lockdown: Pforzheimer sehen Schließungen kritisch

Alle Vorgaben erfüllt und trotzdem müssen sie dicht machen: Die vom Lockdown Betroffenen in Pforzheim und Enzkreis sehen die Schließungen ab Montag kritisch.

Schauspieler am Theater
Ein mächtiger Schlag. Dass sie wieder schließen müssen, trifft Kulturbetriebe schwer. Das Pforzheimer Theater bringt vor dem Shutdown noch an diesem Freitag „Nipple Jesus“ mit Timon Schleheck als Dave auf die Bühne. Foto: Sabine Haymann

„Wir werden uns die ausstehende Verordnung des Landes sehr genau ansehen und mit den Gastronomen und mit der Kultur ins Gespräch gehen“, erklärt der Pforzheimer Stadtsprecher Michael Strohmayer. Obgleich der eingeschlagene Weg nachvollziehbar sei, dürfe Corona nicht zu einem Niedergang bisher gesunder Einrichtungen führen.

Es sei abzusehen gewesen, dass noch was kommt, sagt Enzkreis-Landrat Bastian Rosenau. „Richtig und gut“ findet er das einheitliche Vorgehen. Allerdings hätte er sich für die Betroffenen, vor allem Restaurantbetreiber und den Kulturbereich, mildere Maßnahmen vorstellen können. Dass sich im Enzkreis die Corona-Zahlen in kurzer Zeit so dramatisch entwickeln konnten, habe wohl an Aktivitäten im Freizeitbereich gelegen, so Rosenau.

Hier sei der Infekttreiber zu suchen. Der Landrat hofft, dass die Leute gemeinsam die Verantwortung annehmen, um den Trend zu stoppen. Staatshilfen hält er für wichtig, sie müssten allerdings schnell und unbürokratisch kommen. Die Folgen seien sonst „einschneidend und existenzbedrohend“.

Die Besucher würden auch Maske tragen.
Andreas Herrmann, Südwestdeutsches Kammerorchester

Neben Restaurant-und Museumsbesuchen fällt bis Ende November auch Schulschwimmen flach. Eine gute Nachricht im Kontext von Enttäuschung und Frust über einen für viele Vertreter der Kulturszene nicht nachvollziehbaren zweiten Lockdown hat Uwe Dürigen für Theaterbesucher: Das Nick Hornby-Stück „Nipple Jesus“ hat wie geplant an diesem Freitag Premiere. Gespielt werde „auch im Bewusstsein, dass wir ein herausragendes Hygienekonzept haben“. Das Theater habe seit März akribisch an der Entwicklung und Umsetzung von Sicherheitskonzepten gearbeitet, erklärt Dürigen.

Bislang keine Infektionen in Theater und Konzerthallen

Alle Mitarbeiter hätten die politischen Vorgaben in besonderer Weise mitgetragen. Dass keinerlei Infektionsgeschehen von Theatervorstellungen ausgegangen sei, werde mit der „Rasenmähermethode ad absurdum geführt“.

Andreas Herrmann, Geschäftsführer des Südwestdeutschen Kammerorchesters, sieht es ähnlich. „Theater und Konzerthallen sind im Moment die sichersten Orte.“ Die Konzerte im Großen Saal Congresscentrum haben nach allen erforderlichen Hygienevorgaben stattgefunden. „Die Besucher waren dankbar, sie haben sich mit Abständen auf ihre Plätze gesetzt und nicht gesprochen.

Sie würden auch die ganze Zeit Maske tragen.“ Im Supermarkt, in dem er am Donnerstag einkaufte, habe er ein anderes, distanzloses Bild erlebt, berichtet Herrmann. Nun hoffen er und Dirigent Douglas Bostock, „dass wir im Dezember wieder spielen dürfen, in welcher Größenordnung auch immer“.

Der Kahlschlag ist nicht die richtige Strategie.
Jeff Klotz, Museumsleiter und Verleger

Jeff Klotz, Leiter des Remchinger Römermuseums und des Museums im Schloss Bauschlott, sieht die Maßnahmen ebenfalls kritisch: „Gaststätten und Kultur zu schließen ist in dieser Weise nicht zielführend und der Kahlschlag ist nicht die richtige Strategie.“ Klotz, der auch das gleichnamige Verlagshaus und das Cafe im Schloss Bauschlott betreibt, stört, dass der Staat in den Sommermonaten zu lasch gehandelt und kein Konzept erarbeitet habe. Der 30-Jährige befürchtet, dass Corona in Zukunft immer wieder aufflammt und es zu neuen Lockdowns kommen könnte.

Schließungen flächendeckend auch im Enzkreis

Im Kulturbereich des Enzkreises kommt es ab Montag ebenfalls flächendeckend zu Schließung. Sämtliche Veranstaltungen im Neuenbürger Schloss seien bis 1. Dezember geschlossen teilt, Museumsleitung Jacqueline Maltzahn-Redling mit. Die Winterpause auf dem Katharinenthaler Hof beginne schon jetzt, schreibt Norbert Jüdt Vorstandsmitglied der Künstlergilde Buslat, per E-Mail. „Das Virus wird uns sicher noch für längere Zeit einiges an Frustrationstoleranz abverlangen“, befürchtet Jüdt.

„Traurig“ findet Alexander Endreß, Trainer im Fitness- und Gesundheitsforum in Neuenbürg, die Schließung ab Montag. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die Einrichtung die Hygienevorschriften übererfüllt hätte und unter anderem eine Virusplasmafilteranlage installiert haben. Wie es nach dem 30. November weitergehen wird und ob Hilfsmittel fließen, sei derzeit nicht zu sagen, so Endreß.

Als „Katastrophe“ bezeichnet Salvatore Tarallo, Leiter des „Remchinger Hofs“, die Entscheidung, dass Gaststätten vier Wochen lang schließen müssen. Erfahrung hat das italienische Restaurant in Wilferdingen damit: Beim ersten Lockdown hat das Lokal Essen zum Mitnehmen verkauft. Das will Tarallo in den nächsten vier Wochen wieder anbieten.

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