Ein Spiderman-Gesicht, zwei schnäbelnde Täubchen oder einfach eine Farbexplosion aus Früchten und Biskuit: Die Motivtorten von „Shokofehs Tortenschneiderei“ aus Niefern sind nicht nur online auf Facebook und Instagram ein Phänomen. Über ihren verschlungenen Weg zur eigenen Tortenmanufaktur und ihr persönliches Erfolgsrezept hat Inhaberin Shokofeh Schneider (35) aus Niefern mit Redakteurin Britta Baier gesprochen.
Viele Ihrer Tortenkreationen sehen unglaublich filigran aus – welcher Teil verlangt Ihnen am meisten Geschick ab?
Schneider: Am leichtesten etwas schiefgehen kann auf jeden Fall bei den Figuren auf den Torten, wie Personen, Tieren oder Blumen. Sie werden aus einer Modelliermasse von Hand gefertigt, das kann mehrere Stunden dauern. Bei Pfingstrosen wird beispielsweise jedes einzelne Blatt modelliert und dann per Draht mit den anderen zusammengesetzt. Besonders schwierig ist der Umgang mit der Masse jetzt im Sommer – denn bei hohen Temperaturen schmelzen einem die Teile einfach weg oder brechen ab.
Die aufwendigste Torte bislang war ...?
Schneider: Das waren zwei Motivtorten, einmal ein Ikea-Standort und einmal ein Auto für Porsche. Dafür haben wir zwischen 14 und 24 Stunden durchgearbeitet.
Was ist Ihr persönliches Lieblingsrezept?
Schneider: Definitiv der Brownie-Cheesecake! Mit dem hat auch alles angefangen. Immer wenn ich den gebacken habe, hieß es im Freundeskreis und in der Familie: „Diesen Geschmack gibt es nicht noch einmal.“ Der Apfelkuchen ist auf einem knappen zweiten Platz ...
Ihr Tipp zum perfekten Genießen?
Schneider: Für das beste Geschmackserlebnis müssen ein Kuchen oder eine Torte durchziehen können. Ich sage meinen Kunden immer, wenn etwas übrig ist: Eine Torte ist am besten drei oder vier Tage, nachdem sie gebacken wurde. Wenn schon Kalorien, dann doch richtig leckere ...
Ursprünglich kommen Sie aus einem ganz anderen beruflichen Metier. Wie kam es eigentlich, dass Sie sich mit der „Tortenschneiderei“ selbstständig gemacht haben?
Schneider: Ich habe davor für Amazon gearbeitet, als Abteilungsleiterin. Doch da ich 2013 bereits zwei Kinder hatte – heute sind es drei – und mein Mann selbstständig ist, ließ sich das mit einem Drei-Schichten-Betrieb nicht mehr vereinbaren. Und da ich für meine eigene Hochzeit vor zehn Jahren nach Fondant-Torten gesucht hatte und mit der Auswahl nicht zufrieden war, wusste ich: Das ist eine Marktlücke.
Wie lässt sich das Geschäftsmodell in einem Satz oder weniger zusammenfassen?
Schneider: Natürliche Zutaten. Wenn ich sehe, wie Lkws tonnenweise Backwaren an irgendwelche Ketten ausliefern, dann weiß ich: Das schmeckt nach Nichts. Nehmen wir zum Beispiel Pistazienaroma: Das hat mit einer Pistazie nichts zu tun, es ist grün eingefärbte Chemie-Paste. Ich mörsere meine Pistazien zwar nicht selbst – dafür hätte ich nicht die Zeit – aber ich verwende eben Pistazienmark. Mein Credo lautet: Keine Convenience-Produkte, keine Aromastoffe und ausschließlich Dinkelmehl, weil das einfach verträglicher ist. Im Ergebnis sagen viele meiner Kunden, dass sie im Gegensatz zu anderen Anbietern bei meinen Produkten keine Bauchschmerzen bekommen.
Musste sich die „Tortenschneiderei“ erst ein wenig herumsprechen oder war die Nachfrage direkt da?
Schneider: Die „Tortenschneiderei“ gibt es seit 2013 und in den Anfangsjahren war ich auf vielen Messen, wie etwa in Ludwigsburg auf der „Traumhochzeit“ oder in Stuttgart auf „wir heiraten!“. Danach stieg die Anfrage rasant an. Dieses und vergangenes Jahr habe ich schon nicht mehr an Messen teilgenommen, weil wir in Sachen Hochzeiten bereits Anfragen bis 2020 laufen haben.
Das klingt ein bisschen verrückt ...
Schneider: Dazu gehört ja nicht nur, die Torte zu backen. Mit vielen Kunden schreibe ich zig Mails hin und her, es gibt Beratungsgespräche und die Anlieferung ist auch aufwendig. Da will logistisch einiges bedacht sein, zum Beispiel: Ist genug Platz, um die Torte vor Ort noch einmal geruchsneutral zu kühlen? Wo wird sie am besten aufgestellt?
Online sind Sie auf zahlreichen Plattformen wie Facebook oder Instagram sehr aktiv – ist die Kundschaft trotzdem überwiegend regional?
Schneider: Sie wird es zunehmend. Unter anderem auch dadurch, dass wir auf Messen nicht mehr so stark vertreten sind. Vorher kamen viele Anfragen aus dem Stuttgarter Raum oder sogar aus München. Dieser Wandel ist sehr angenehm, weil die Lieferung mit der schwierigste Teil des Auftrages ist – auf der Straße muss alles gut gehen und die Kühlung muss ausreichend sein. Außerdem beliefern ich und meine Mitarbeiterinnen inzwischen ja auch das ein oder andere Café in der Gegend.
Preislich sind Ihre Produkte eher im gehobenen Segment – sorgt das öfter mal für Diskussionen mit Kunden?
Schneider: Anfangs noch relativ häufig. Aber ganz ehrlich: Die meisten Kunden, die Anbieter von optisch vergleichbaren Torten ausprobieren, weil sie etwas günstiger sind, waren geschmacklich letztlich nicht zufrieden und kommen beim nächsten Event wieder auf mich zu.
Was ist Ihre Vision für die „Tortenschneiderei“ in fünf bis zehn Jahren?
Schneider: Zusätzliches Equipment, dass einem die Arbeit erleichtert, ist toll. Gerade habe ich mir für mehrere tausend Euro eine Maschine aus Hongkong liefern lassen, die Torten und Macarons beschriften kann, zum Beispiel als Werbegeschenke oder für Firmenfeiern. Davon kann es gerne noch mehr geben. Insgesamt würde ich auch gerne den Kundenstamm an Unternehmen noch erweitern.
Das klingt dann aber doch nach großer Produktionshalle?
Schneider: Nein, ich will nach wie vor bei uns im Haus backen. Mein Mann ist Sanitär- und Heizungsbaumeister und hat dieses Haus in mühevoller Kleinarbeit saniert. Auch mein Team hat für mich die perfekte Größe: Insgesamt fünf Frauen, zwei Assistentinnen in der Küche und drei, die mit mir die Lieferung übernehmen. Viele von ihnen sind Mütter wie ich, die aber trotzdem beruflich halbtags aktiv sein wollen. Diese Chance will ich ihnen geben – Frauen haben ein Recht auf Arbeit, finde ich. Auch wenn sie Kinder haben.
Abschließend noch eine Frage, die Sie sicher öfter hören: Ist „Shokofeh“ tatsächlich Ihr Vorname?
Schneider: Ja (lacht). Das ist ein gängiger persischer Vorname, er bedeutet „Frühlingsblüte“, hat also mit Schokolade überhaupt nichts zu tun. Meine Eltern haben ihn mir vermutlich gegeben, weil ich im April geboren wurde. Heute gefällt mir der Name, aber als Kind in Deutschland war das schon nicht immer ganz einfach.